Gelsenkirchen-Beckhausen. Wegen der Corona-Pandemie ist das Sommersemester an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen digital gestartet. Eine Herausforderung.

Wenn Bernd Kriegesmann in diesen Tagen an seinen Arbeitsplatz kommt, liegt vor ihm ein sehr langer, völlig verlassener Gang. "Das ist schon ein bisschen gruselig", sagt der Präsident der Westfälische Hochschule. Sonst bevölkern Studenten die Tische und Bänke entlang des Flurs, stecken die Köpfe zum Lernen zusammen. Doch wegen der Covid-19-Pandemie dürfen sie zurzeit nicht in die Fachhochschule kommen. Das Sommersemester ist in Gelsenkirchen trotzdem am 20. April gestartet. Komplett digital.

"Wir hatten hinreichend Zeit, uns darauf vorzubereiten, aber es war ein echter Kraftakt", sagt Kriegesmann rückblickend. Rund 100 Professoren mussten ihre Pläne für Vorlesungen, Übungen und Seminare überarbeiten und ganz neue Formate konzipieren. Nun treffen sie Studierende online in Videokonferenzen, versorgen sie über die Plattform Moodle mit Übungsaufgaben oder filmen Tutorials (kurze Erklärvideos) zu einzelnen Inhalten. Ein "irrer Aufwand", so Kriegesmann. Aber so können aktuell trotz Corona alle 30 Studiengänge angeboten werden. Bisher funktioniere das "überwiegend gut".

Praktika sollen nachgeholt werden

Weil der Semesterstart wegen der Pandemie bereits um einige Wochen nach hinten verschoben wurde, müssen trotz aller Bemühungen inhaltliche Abstriche gemacht werden. "Die Studierenden müssen am Ende alle wichtigen Kompetenzen erlangt haben, aber es dürfen durch die Umstände niemandem Nachteile entstehen. Das ist ein Balanceakt", erklärt der Fachhochschulpräsident. Aktuell wird an der WH deshalb verstärkt auf Online-Vorlesungen und Übungen gesetzt. Praktika in den Laboren sollen nachgeholt werden, sobald das wieder erlaubt ist.

Auch die ausgefallenen Prüfungen sollen im Laufe des Semesters nachgeholt werden. Ob Klausuren unter Umständen durch andere Prüfungsformen ersetzt werden können, wird in jedem Fachbereich geprüft. In Härtefällen, etwa wenn Studenten nur noch die Abschlussarbeit fehlt, werden individuelle Lösungen gesucht. Dann dürfen zum Beispiel Laborversuche unter strengen Auflagen durchgeführt oder Bücher aus der Bibliothek abgeholt werden, so Kriegesmann.

Kriegesmann glaubt an Präsenzbetrieb ab Juni

Einen Präsenzbetrieb hält der Präsident ab Juni für realistisch. Dass Studierende und Professoren direkt wieder zum gewohnten Alltag zurückkehren werden, glaubt er jedoch nicht. "Ich gehe nicht von Massenveranstaltungen aus, Übungen und Praktika sollten aber möglich sein." Pläne, unter welchen Voraussetzungen künftig wieder Klausuren stattfinden können, gibt es bereits. Sie setzen vor allem darauf, dass Abstandsregeln eingehalten werden. Listen, wie viele Personen demnach in die Räume dürfen, hat die Verwaltung schon erstellt.

Damit niemand einen Nachteil durch die Umstellung hat, sollen Studenten für Prüfungen aus diesem Sommersemester einen Extra-Versuch bekommen, erklärt Kriegesmann. Wer also eine Prüfung, auf die er sich nur online vorbereiten konnte, nicht besteht, hat noch drei weitere Anläufe statt wie bisher zwei.

Verwaltung arbeitet im Schichtbetrieb

Während die Studenten nicht an die Hochschule kommen dürfen, arbeitet die Verwaltung auf Hochtouren, um das digitale Semester zu organisieren. Aus Infektionsschutzgründen wurde ein Schichtbetrieb eingerichtet.

Bernd Kriegesmann lobt deswegen nicht nur das enorme Engagement der Lehrenden, sondern auch aller anderen Angestellten der WH, die gerade "Außergewöhnliches leisten".

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