Gelsenkirchen-Beckhausen. Die Gelsenkirchener Gemeinde nutzt den 2018 geschlossenen Kindergarten für Versammlungen. Ein Denkmalschutz für Teile des Ensembles ist vom Tisch.
Totgesagte leben länger: Nach der Schließung in 2018 wird das Kita-Gebäude auf dem Gelände der katholischen Liebfrauen-Gemeinde an der Horster Straße seit Herbst 2019 als Treffpunkt für kirchliche Gruppen genutzt. Was auf den ersten Blick wie eine Wiederbelebung wirkt und bei einigen Gläubigen vor Ort für Irritation sorgt, sei der aktuellen Raumnot geschuldet und nur eine Übergangslösung, betont die Pfarrei St. Hippolytus. Unterdessen steht die Entscheidung über eine Nachnutzung des Areals kurz bevor.
„Nach der Aufgabe des Gemeindezentrums Ende 2018 haben wir uns bemüht, alternative Versammlungsräume zu finden. In einigen Fällen hat das geklappt. Kolpingsfamilie und Kfd etwa haben im evangelischen Bodelschwingh-Haus eine neue Heimat gefunden. Für andere Gruppierungen war es nicht so leicht. Deshalb sind wir auf die Idee gekommen, das leerstehende Kita-Gebäude zu nutzen“, erläutert Berthold Hiegemann vom Projektteam Pfarrei-Entwicklungsprozess (PEP) auf Anfrage.
Kita-Gebäude soll nur vorübergehend genutzt werden
„Mit ein paar Töpfen Farbe für kleines Geld“ habe man für einen neuen Innenanstrich der Räume gesorgt und sie so wieder nutzbar gemacht, „schließlich wollten wir denjenigen Gläubigen, die sich über den Gottesdienst-Besuch hinaus in Beckhausen engagieren wollen, eine Anlaufstelle vor Ort anbieten“. So solle das Gemeindeleben aufrechterhalten werden.
Um was es dabei ausdrücklich nicht gehe, sei eine Rolle rückwärts in Sachen PEP. Das Votum der Pfarrei von 2015, wonach Gemeindezentrum und Kita aufgegeben werden und für eine (Wohn-)Bebauung genutzt werden sollen, bleibe bestehen, stellte Hiegemann klar. „Dass der Kindergarten geschlossen wurde, war dabei keine Entscheidung von uns, sondern des Trägers Kita-Zweckverband“, der die Räume der Gemeinde nutzte. Die Nutzung des Kita-Gebäudes für Versammlungen soll laut derzeitigen Planungen etwa vier bis fünf Jahre beibehalten werden.
Pfarrei wünscht sich Erhaltung der Kirche und des Baumbestandes
Schon vor Monaten hat die Pfarrei St. Hippolytus das Bistum Essen mit einer „stellvertretenden Projektentwicklung“ für Liebfrauen beauftragt, um das Gelände zu vermarkten. Parallel wurde ein Wertgutachten für alle Grundstücke und Gebäude am Standort Liebfrauen in Auftrag gegeben. Nach WAZ-Informationen haben mehrere Investoren mit unterschiedlichen Nutzungskonzepten ihr Interesse bekundet, eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen. „Wir rechnen damit in den nächsten drei, vier Monaten“, so Hiegemann.
Konkrete Vorgaben zur Erhaltung einzelner Gebäude habe die Pfarrei nicht gemacht, „aber deutlich formuliert, dass etwa die Erhaltung der Kirche und des alten Baumbestandes wünschenswert wären“. Überdies soll ein „Gasthaus“ als Treffpunkt und für Gottesdienste vorgehalten werden.
Bürger-Protest gegen Abriss der Liebfrauen-Kirche
Wie berichtet, hatte sich bei der Präsentation des Projekts 2018 zur Überplanung des Gesamtgeländes mit einer Senioren-Wohnanlage Protest bei Bürgern, Ortspolitik und Verwaltung formiert. Der Stadt etwa geht es darum, die Bäume und den Vorplatz als Ortsmitte zu erhalten. Nicht unproblematisch ist offenbar auch die Nähe der geplanten neuen Wohnbebauung zur BP-Raffinerie in Horst.
Bürger kritisierten derweil, durch den Abriss von Gemeindezentrum und womöglich auch der Kirche gehe ein wesentlicher, stadtbildprägender Anblick in Beckhausen verloren. Der frühere Stadtplaner und Kunsthistoriker Lutz Heidemann argumentierte etwa mit dem „außergewöhnlichen Architekturwert“ des Gemeindezentrums, das 1928 vom Büro Weber und Heide entworfen wurde, anfangs als Kindergarten und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als Notkirche diente.
Denkmalschutz für Gebäude ist vom Tisch
Die unterschiedlichen Vorstellungen mündeten schließlich in einen Runden Tisch, an dem Vertreter von Pfarrei, Stadt, Denkmalbehörde, RAG Montan Immobilien als Projektentwickler, Bistum und Politik teilnahmen. Was Pfarrer Wolfgang Pingel damals sagte, gilt freilich noch heute: „Wir streben eine Lösung mit weitestgehendem Konsens an“, die allerdings wirtschaftlich realisierbar sein müsse.
Das Thema Denkmalschutz ist derweil vom Tisch, wie Pastor Bernd Steinrötter auf Anfrage bestätigte: „Die obere und untere Denkmalbehörde halten die einzelnen Gebäude weder in Bezug auf die Fassade noch auf das Innere für denkmalwürdig.“