Gelsenkirchen/Düsseldorf. Gelsenkirchen bekommt eine neue Polizeipräsidentin. Aus Düsseldorf wechselt Staatsanwältin Britta Zur auf den Spitzenposten.
Die Entscheidung ist gefallen, auf eine Richterin folgt eine Staatsanwältin – Britta Zur wird neue Polizeipräsidentin in Gelsenkirchen.
Ein gutes halbes Jahr, seit Mai, war der Chefposten im Gelsenkirchener Polizeipräsidium verwaist. Am Dienstag hat das NRW-Landeskabinett unter Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dem Vorschlag von Innenminister Herbert Reul zu dieser hochkarätigen Stellenbesetzung zugestimmt. Zur galt als ausgemachte Favoritin des Ministers.
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Für die heute 39-jährige Staatsanwältin ist das ein Karrieresprung – die Juristin mit Prädikatsexamen leitete zuvor etwas mehr als ein Jahr das neue Dezernat 82 der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Es befasst sich mit Übergriffen auf Polizisten, Rettungs- und Ordnungskräfte und hat Modellcharakter fürs Land. Zurs Motto bei Gewalt gegen Amtsträger: „Wir klagen an, wann immer es geht.“
Dazu passt eine Einstellungsquote von Verfahren weit unter Landesdurchschnitt. Ohne den Umweg der Ernennung zur Oberstaatsanwältin leitet Britta Zur nun ab Anfang Januar eine das Polizeipräsidium Gelsenkirchen. Bislang hat in Stellvertretung die Leitende Gelsenkirchener Polizeidirektorin Heidi Fahrenholz die Amtsgeschäfte geführt.polizeipräsidium gelsenkirchen- spitzenjob ohne nachfolge
Ruf als durchsetzungsstark und medienaffin
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Die junge Staatsanwältin gilt als durchsetzungsstark und als Medien-Profi. Zur ist durch zweierlei in den Blick der Öffentlichkeit geraten. Zum einen gehörten spektakuläre Kapitalverbrechen wie Mord und Totschlag als Dezernentin zu ihrem Aufgabenbereich, zum anderen gab sie Journalisten seit 2018 als Pressereferentin der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft fernab von der üblichen verquasten Behördensprache Auskunft. Klartext, der offenbar auch im Innenministerium Eindruck machte. Einer ihrer spektakulärsten Fälle ereignete sich, als sie gerade 32 Jahre alt war – ein Mord im Jobcenter Neuss. Ein Arbeitsloser rammte damals einer Sachbearbeiterin ein Messer in den Brustkorb und tötete sie. Sie hat auch einen Mann vor Gericht gebracht, der sein Kind in 84 Teile gehackt hatte.
Die Ernennung Zurs passt in den Paradigmenwechsel, den Innenminister Herbert Reul eingeleitet hat, wonach die Staatsmacht mehr Gesicht und „Klare Kante“ zeigen soll. Kölns Polizeibehörde beispielsweise wird seit 2017 vom früheren Chef des Landeskriminalamtes Uwe Jacob geführt, nachdem das Vertrauen in die Polizei dort nach den Übergriffen in der Silvesternacht 2015/2016 arg gelitten hatte.
Clan-Kriminalität weiter eindämmen
Gelsenkirchens ehemalige Polizeipräsidentin Anne Heselhaus bedeutete für die Stadt Gelsenkirchen schon eine Zäsur. Die frühere Richterin und heutige Ministerialrätin im Innenministerium (Verwaltung der Polizei) war 2014 auf Rüdiger von Schoenfeld gefolgt. Die politische Beamtin galt als bienenfleißig, als eine, der jedes noch so kleine aber dafür falsch gesetzte Komma in den Akten nicht entgeht, eben eine ausgesprochene Verwaltungsexpertin, aber deren Außenwirkung zusammen mit den Einsatzkräften in der Bevölkerung noch als durchaus steigerungswürdig empfunden wurde. Vorgänger von Schoenfeld hatte mehr den Ruf eines auf Ausgleich bedachten Mannes, er tauchte oft bei Ehrungen auf.
Insbesondere das Thema Clan-Kriminalität dürfte Britta Zur hier beschäftigen. Nach Essen ist auch das viel kleinere Gelsenkirchen eine Hochburg. 1096 Straftaten listet die Statistik für den Zeitraum 2016 bis 2018 hier auf, deutlich übertroffen nur von Essen (2439). Auch das Thema Respekt vor Amtsträgern ist in dieser Stadt kein unbekanntes mit über 100 Übergriffen auf Polizisten pro Jahr in der jüngeren Vergangenheit. Und die Polizei ist nicht allein mit diesem gesellschaftlichen Problem: Feuerwehr, Lehrer, Richter und Sanitäter können davon zu Genüge berichten.