Gelsenkirchen. Viele sehr alte Bäume in Gelsenkirchen sterben zu sehen, bedrückt den Revierförster. Man müsse jetzt anders gegen den Klimawandel aufforsten.
„Es ist schon ein dumpfes, merkwürdiges Gefühl. Es ist wirklich bedrückend.“ Das ist die kurze Zusammenfassung über den Gesundheitszustand der Wälder, die Matthias Klar, Revierförster beim Regionalverband Ruhr, seit Jahrzehnten betreut. Die Trockenheit der vergangenen beiden Jahre und jetzt schon wieder die Fortsetzung der extremen Hitze setzen den Wäldern und der Natur übel zu. Viel schlimmer, als man es erahnen konnte.
„Ökologisch, aber auch ökonomisch ist die Entwicklung ein Schlag ins Kontor“, sagt Klar. Denn durch die vielen Schäden kann das Holz nicht mehr zu dem Preis verkauft werden, den die Stadt eingeplant hatte. Das heißt, dass es auch einen wirtschaftlichen Schaden geben wird. „Mittlerweile reagiert man nur noch“, zieht Klar seine bittere Bilanz. Früher habe er einen richtigen Forstbetrieb gehabt. Das sei natürlich immer noch der Fall. „Aber mehr und mehr wird man zum Aufbaubetrieb, weil die Trockenheit vor allem den sehr alten Bäumen unglaublich zusetzt.“
Mischung neuer Baumsorten
Zu kämpfen hat der Revierförster mit Flächen, die kahl waren, weil Sturm, Trockenheit und Hitze die Bäume zu Boden geworfen hat. Das Problem ist dann, dass sich Brombeere, Adlerfarn und der japanische Staudenknöterich so schnell und weit ausbreiten, dass keine neuen kleinen Bäume mehr dort wachsen können.
Aufgeforstet wird seit längerem in einer anderen Art als in früheren Jahrzehnten. Es sind Bäume, die den neuen Anforderungen durch den Klimawandel stand halten können: Traubeneichen, Hainbuche, Vogelkirsche, Erle und Rotbuche, zum Beispiel.
Alte Bäume kommen mit Veränderungen nicht mehr gut klar
Es sei im Grunde wie bei Menschen. Junge Bäume kämen mit veränderten Bedingungen besser zurecht als alte. Vor allem die Altholzbestände - also Bäume ab 120 Jahren - vertragen die enormen Grundwasserschwankungen nicht. Das betrifft vor allem die sehr alten, prachtvollen Buchen. Das ist auch der Grund, warum häufig viele Bäume, die man direkt von Straßen aus sehen kann, weggenommen werden müssen. Das verändere natürlich das Bild erst einmal deutlich, sehr zum Schrecken vieler Bürger.
„Aber die Verkehrssicherung hat nun einmal Vorrang“, betont Matthias Klar. So ein radikaler Schnitt musste zum Beispiel im Bereich Emscherbruch und Resser Mark gemacht werden. 1500 Bäume hat er kontrolliert, 534 davon mussten gefällt werden. „Man kann nicht nur eine Reihe Bäume wegnehmen. Denn, wenn sie zum Beispiel 30 m hoch sind und dann plötzlich umfallen, dürfen sie ja nicht bis auf die Straße reichen.“
Viele Faktoren schwächen die schönen Riesen
Gleich mehrere Faktoren seien da zusammengekommen. Da waren die riesigen Schäden durch den Sturm Ela im Jahr 2014. Die Bäume, die stehen blieben, hatten zum Teil einsetzende Fäulnis in den Kronen und den Wurzeln. Selbst Buchen und Eschen könnten dadurch ihre Statik ändern und dann bei Windstille plötzlich auf die Straße krachen. „Dazu kam im Januar 2018 das Orkantief Friederike und dazu das Niederschlagsdefizit“, schildert Klar die unterschiedlichen negativen Faktoren.
Jetzt wird der Wald artenreicher aufgeforstet
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Ein Pilz führte zum Eschentriebsterben, Ahorn hat häufig die Rußrindenkrankheit, Eichen leiden unter dem Kahlfraß des Eichenprozessionsspinners. Die Bäume könnten so einen Befall einmal ganz gut verkraften. „Aber, wenn das öfter vorkommt, werden sie doch sehr geschwächt“, erklärt Klar. Alles zusammen - Sturm, Dürre, Schädlinge und Pilzbefall - führten häufig zum Absterben der Bäume. Dazu kämen noch die Probleme durch den Borkenkäfer, der allerdings Nadelhölzer bevorzugt. Man müsse bei dem Klimawandel den Wald anders bewirtschaften als früher. „Man pflanzt jetzt sehr artenreich, ungleichartig und strukturreich, damit die Bäume den Klimawandel überstehen“, erklärt Klar.