Gelsenkirchen. . Hitze, Trockenheit und Stürme haben vielen Bäumen in Gelsenkirchen den Garaus bereitet. Gelsengrün testet nun Baumsorten, die dem gewachsen sind.
Lange, warme Sommer mit wenig Regen, dazu ein trockener Herbst wie in diesem Jahr: Das setzt nicht nur Landwirten im ländlichen Raum zu, sondern auch dem Grün in dicht besiedelten Städten. Wie zum Beispiel in Gelsenkirchen, wo Gelsengrün längst auch anpassungsfähige Pflanzalternativen testet.
28.000 Straßenbäume
Denn während im privaten Garten Schlauch und Rasensprenger bei dürstenden Bäumen und Pflanzen für (nicht ganz billige) Nothilfe sorgen können, funktioniert das bei Straßenbäumen und in großen Parks nur bedingt. Rund 28.000 Straßenbäume gibt es allein im Stadtgebiet, schätzt Werner Rümping, Diplom-Ingenieur für Gartenbau und Landespflege und als solcher Bereichsleiter für die Stadtbildpflege im Gelsenkirchener Süden. Wie viele Bäume in Gelsenkirchen dem trockenen Sommer unterm Strich zum Opfer gefallen sind, wie viele überleben, das wird sich erst nach dem Winter zeigen. Durch Trockenheit geschwächten Bäume sind für Frost und Krankheiten besonders anfällig..
Die städtischen Grünpfleger gehen das Problem Klimawandel wissenschaftlich und gemeinsam mit anderen Kommunen an. Seit zehn Jahren bereits hat man in Gelsenkirchen die steigenden Temperaturen, neuen Krankheiten, Stürme und Trockenheit im Blick. Die Bayrische Landesanstalt für Garten- und Weinbau sowie die „Galk“, die Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz, die einen Arbeitskreis Straßenbäumen gewidmet hat, sind Kooperationspartner. Verschiedene Städte in der ganzen Republik testen systematisch neue Baumsorten und teilen die Erfahrungen damit.
Versuchsreihe an der Schultestraße
Wer als Bürger so eine städtische Pflanz-Versuchsreihe studieren möchte, hat am ausführlichsten an der Schultestraße in der Altstadt Gelegenheit dazu. Hier stehen vor der Grundschule aufgereiht im Abstand von 7,5 Metern 15 verschiedene junge Bäume, alle unterschiedlicher Herkunft und alle hoffentlich robuster als etwa die heimischen Eschen, die zunehmend hingerafft werden, die Ulmen oder die sturmgezausten und von der Pilzkrankheit Massaria bedrohten Platanen.
An der Schultestraße steht die robuste Esskastanie – übrigens der Baum des Jahres 2018 – neben dem Zürgelbaum, einem in West-Asien, Nordafrika und Südeuropa heimischen Baum, der als besonders zäh und strahlungsfest gilt. „Wir hoffen, dass er mittelfristig unsere kränkelnden Platanen ersetzen kann“, erklärt Rümping. Zwar hatte man eigentlich die Massaria, die Platanen speziell zusetzen, durch gezielte Rückschnitte im Griff.
Ersatz-Bäume sind nicht frostsicher
Durch die Hitzeschäden werden die verbliebenen Platanen jedoch wieder anfälliger. Einziger Nachteil des möglichen Platanenersatzes Zürgelbaum: Der bis zu 20 Meter hoch wachsende Baum ist nicht allzu frostsicher. An der Schultestraße ist übrigens auch ein in Südafrika weit verbreiteter und besonders schön blühender Baum zu finden: Paulownia Tomentosa, ein Blauglockenbaum. Noch sieht er allerdings sehr unspektakulär aus, die Blüten werden noch einige Jahre auf sich warten lassen.
„Bei der Pflanzung von Straßenbäumen sind besonders viele Faktoren zu beachten“, gibt Rümping zu bedenken. Sicherheit vor Windbruch, Wuchsform, Trockenstress-Resistenz, Anfälligkeit für (Spät-)Frost, Krankheits- und Schädlingsanfälligkeit und die Standortsansprüche, Bodenbeschaffenheit.
Purpurerlen statt Platanen
An der Theodorstraße in Bismarck hatte Ela besonders gewütet. Hier hat man den Kahlschlag als Chance genutzt. „Man muss auch mal den Mut haben, einen ganzen Straßenzug neu zu gestalten. Das haben wir hier getan, bei der Gelegenheit Baumscheiben sinnvoller gesetzt. Hier stehen jetzt 20 Purpurerlen. Damit hat man in den Niederlanden schon lange gute Erfahrungen gemacht“, so Werner Rümping.
>> Straßenbäume werden regelmäßig kontrolliert
- Rund 100.000 Solitärbäume, also alleinstehende Bäume in Parks und an Straßen, gibt es im Stadtgebiet. Hinzu kommen die Wälder.
- Kontrolliert werden Straßenbäume von fünf städtischen Baumkolonnen mit je drei bis vier Mitarbeitern. Jungbäume (sieben bis 20 Jahre) bekommen jährlich Erziehungs- und Aufbauschnitte, 20- bis 40-jährige Bäume werden alle zwei Jahre, ältere mindestens einmal im Jahr kontrolliert.