Gelsenkirchen-Schalke-Nord. . Fünf Jahre dauert der Umbauprozess des Gelsenkirchener ZF-Werks. Der Autozulieferer verkleinert die Produktion und setzt auf Technologiezuwachs.
Vor Jahresfrist am 9. Mai sorgte die Nachricht für Schockwellen im ZF-Werk in Schalke-Nord. Der internationale Konzern kündigte die Schließung der Produktion beim Automobilzulieferer zum Jahresende 2018 an. Die Pläne sind Geschichte, im vergangenen November kam die Wende. Das Werk soll eine Zukunftsperspektive bekommen, steht vor einem komplexen Transformationsprozess. Vorgesehen ist, dass der Produktionsstandort erhalten und um ein Technologiezentrum ergänzt wird. Mittelfristig sollen am Standort rund 400 Mitarbeiter beschäftigt sein. Industriearbeitsplätze werden dabei Ingenieurstellen weichen. Der Standort-Betriebsrat und die IG Metall haben zusammen mit ZF die Weichen neu gestellt.
Informationen auf der Betriebsversammlung
Über den aktuellen Stand wurde die Belegschaft nun Dienstag bei einer Betriebsversammlung informiert:
„Das ZF-Werk in Gelsenkirchen wird ein Produktionsstandort bleiben“, sagt Robert Omagbemi, der die Verhandlungen seitens des Unternehmens führt. „Allerdings ist die Produktion von Pkw-Lenkungen dort langfristig nicht zu wettbewerbsfähigen Preisen und damit nicht profitabel aufrecht zu erhalten. Daher wird die Produktion auf ein neues Produkt umgestellt und auch verkleinert.“
Überführung in eine Transfergesellschaft
Welches Produkt künftig am Standort Gelsenkirchen gefertigt wird, ist noch nicht final entschieden. Vorübergehend wird Pkw-Lenkungsgeschäft aus dem Ausland an den Standort Gelsenkirchen verlagert, um den Betrieb auszulasten. Trotzdem, heißt es, bestehe „in den kommenden Jahren im Werk ein signifikanter Personalüberhang, der auch über flächenhafte Anwendung von Kurzarbeit nicht auszugleichen ist“.
ZF werde daher nicht alle Mitarbeiter weiterbeschäftigen können,so die Konzernführung. Unterbreitet werden alternative Jobangebote an anderen ZF-Standorten, Qualifizierungsangebote, die Überführung in einer Transfergesellschaft wie auch Abfindungsangebote, deren Höhe sich an der Dauer der Betriebszugehörigkeit, der Zahl der unterhaltsberechtigten Familienmitglieder und mehreren weiteren Kriterien bemisst. Bei den Abfindungslösungen, so IG Metall-Sekretär Jörn Meiners sei „herausgeholt worden, was möglich war. Damit liegen wir unter den Top-3 in Gelsenkirchen.“
Zahl der Produktionsmitarbeiter wird reduziert
Über diese Angebote haben ZF und die Arbeitnehmervertretung die Belegschaft in Schalke Dienstag informiert – Personalabteilung und Betriebsrat beraten die Mitarbeiter in den kommenden Wochen in persönlichen Gesprächen. Ziel ist, die Zahl der Produktionsmitarbeiter zu reduzieren und parallel dazu ein Technologiezentrum an der Freiligrathstraße aufzubauen, das nahezu in gleicher Anzahl Arbeitsplätze bietet. So soll sich die Belegschaftsstärke am Standort mittelfristig bei rund 400 Mitarbeitern einpendeln.
„Mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ sieht der Standort-Betriebsratsvorsitzende Ugur Coskun die Entwicklung. „Das tut weh für die Betroffenen. Negativ ist natürlich, dass wir nicht für alle in der Produktion beschäftigten Kollegen Beschäftigung haben werden.“ Andererseits sei es gelungen, mit ZF echte Zukunftsperspektiven für das Werk zu schaffen.
Eurobetrag in zweistelliger Millionenhöhe
In den Aufbau des Technologiezentrums zur Entwicklung von Lenkungssystemen für Pkw und Nutzfahrzeuge sowie automatisierte Fahrfunktionen investiert ZF einen Eurobetrag in zweistelliger Millionenhöhe.Gemeinsam wollen Unternehmen und Betriebsrat am Standort Gelsenkirchen möglichst viele Produktionsmitarbeiter für neue Tätigkeiten im Technologiezentrum gewinnen und qualifizieren. Dabei sei der Schritt vom Facharbeiter zum Techniker oder vom Techniker zum Ingenieur durchaus möglich.
„Das ZF-Werk in Gelsenkirchen ist ein Beispiel dafür, einen Transformationsprozess gemeinsam positiv zu gestalten“, sagt Meiners. „Hier ist mit Betriebsrat, IG Metall und Unternehmensleitung eine intelligente Lösung zur Fortführung eines bereits so gut wie geschlossenen Werks gefunden worden.“ Der Transformationsprozess mitsamt dem Aufbau des Technologiezentrums erstreckt sich insgesamt über einen Zeitraum von etwa vier bis fünf Jahren.