Gelsenkirchen-Bismarck. Das Eckhaus Bismarckstraße 300 droht einzustürzen. 30 Bewohner haben die Nachbargebäude geräumt. Die Straße bleibt bis zu fünf Wochen gesperrt.

Die Hiobsbotschaft erreichte die GGW, die Gelsenkirchener Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH, am späten Nachmittag, ein Gutachter schlug Alarm: Aus seiner Sicht ist das Gebäude Bismarckstraße 300 einsturzgefährdet. Er sollte es vorige Woche für den anstehenden Abriss untersuchen. Montag dann wurden noch einige Wände geöffnet, um sich die Tragkonstruktionen genauer anzusehen. Danach war klar. Die Schrottimmobilie muss sofort gesichert und abgestützt werden.

Die beiden Nachbarhäuser, die um 1900 – wie damals durchaus üblich – ohne trennende Giebelwand direkt angebaut wurden, sind bei einem möglichen Einsturz ebenfalls in Gefahr. Die Stadt reagierte. Für die Nachbarhäuser Bismarckstraße 302 und Jägerstraße 1 wurde die sofortige Räumung verfügt. Mindestens 30 Bewohner mussten die Häuser verlassen.

Weiträumige Umleitungen werden beschildert

Ab 18.30 Uhr wurde die Bismarckstraße zwischen Braubauerschaft und Bickernstraße für den Fahrzeugverkehr voraussichtlich für die kommenden vier bis fünf Wochen gesperrt. Die weiträumigen Umleitungen sollen am heutigen Dienstag genauer beschildert werden. In Fahrtrichtung Stadtmitte, war gestern schon klar, wird die kleine (Fahrrad)-Straße Auf der Hardt den Verkehr der Bundesstraße aufnehmen müssen. „In vier bis fünf Tagen werden wir sicher nachjustieren müssen und die Strecke anpassen“, sagt ein Stadtmitarbeiter.

Bewohner schleppen ihre Habseligkeiten in schwarzen Säcken aus den beiden Häusern. Für einige werden am frühen Abend noch Quartiere gesucht.
Bewohner schleppen ihre Habseligkeiten in schwarzen Säcken aus den beiden Häusern. Für einige werden am frühen Abend noch Quartiere gesucht. © Jörn Stender

Polizei und Kommunaler Ordnungsdienst sind Montagabend vor Ort, natürlich auch Vertreter der GGW. Bewohner schleppen Plastiksäcke mit ihren Habseligkeiten aus ihren Häusern, stapeln sie auf dem Bürgersteig. Einige, hofft man bei der Stadt, können bei Verwandten und Freunden unterkommen. Für andere werden noch Quartiere gesucht.

Einige Bewohner wurden im Haus Heege untergebracht

„Einige Leute haben wir im Haus Heege untergebracht, zudem haben wird heute vier Wohnungen angemietet“, sagt Harald Förster. Der GGW-Geschäftsführer steht am Eckhaus, dessen Fronterker seit Jahren bereits von Stahlstreben gestützt wird, und organisiert mit Vertretern von Bauaufsicht und Straßenbehörde, was zu organisieren ist. „Die Freude der Betroffenen ist natürlich begrenzt“, sagt Förster. Ein 32-Jähriger, der im Haus Jägerstraße 1 wohnt, weiß noch nicht, wo er die kommenden Wochen bleiben soll. „Ich kam von der Arbeit, da waren Stadt und Polizei schon hier und mir wurde gesagt, ich müsse von jetzt auf gleich raus. Das war völlig spontan. Wie soll ich dann künftig an meine Post kommen“, sorgt er sich.

Anfang 2017 hat die GGW das Haus ersteigert

Schaulustige verfolgen, wie Absperrungen auf die Straße gesetzt werden. Die Spielhalle und eine Bäckerei gegenüber des Eckhauses werden geöffnet bleiben können. „Vorgabe ist, dass wir den Straßenraum in halber Gebäudehöhe sichern“, erklärt Förster, warum gegenüber auch der Bürgersteig samt Radspur geöffnet bleiben können.

Der Erker wird seit Jahren mit Stahlstreben abgestützt. Das Gebäude ist von den Nachbarhäusern nicht durch eigene Giebelwände getrennt. Deshalb, fürchtet der Gutachter, könnten Schäden ungeahnte Ausmaße annehmen. Die Konstruktion macht auch einen Abriss schwierig.
Der Erker wird seit Jahren mit Stahlstreben abgestützt. Das Gebäude ist von den Nachbarhäusern nicht durch eigene Giebelwände getrennt. Deshalb, fürchtet der Gutachter, könnten Schäden ungeahnte Ausmaße annehmen. Die Konstruktion macht auch einen Abriss schwierig. © Jörn Stender

Das Eckhaus Bismarckstraße 300 hat die GGW bereits Anfang 2017 ersteigert. Der Abriss wurde bereits damals im Mai bei einem Pressetermin verkündet. Doch dann wurden Probleme deutlich, eben die Verbindung mit den Nachbarhäusern. Ein Umbau der Schrottimmobilie wurde in der Folge verworfen. Nun hat der Verfall Fakten geschaffen, muss der Abriss vollzogen werden. Wie, muss sich in den nächsten Tagen klären.

>>> B 227: Eine wichtige Nord-Süd-Verbindung

Die Bismarckstraße ist eine Bundesstraße (B 227). Bei der Gelsenkirchener Stadtverwaltung geht man nach aktuellem Stand davon aus, dass die Nord-Süd-Verbindung vier bis fünf Wochen im Bereich zwischen Braubauerschaft und Bickernstraße voll gesperrt bleiben muss.

„Sobald das Stützgerüst für das Gebäude steht“, hieß es Montagabend, könne die Straße einseitig für den Verkehr freigegeben werden.