Gelsenkirchen. . Zwar gibt es in GE ausreichend Wohnraum – aber nicht den richtigen. Gebaut wird trotzdem nicht – öffentlich geförderte Wohnungen sind zu teuer.

7000 bis 9000 Wohnungen stehen in Gelsenkirchen leer. Doch Wohnraum, der wirklich gebraucht wird, gehört nicht dazu: Seniorengerechte, barrierefreie Wohnungen, öffentlich gefördert, das heißt, für Mieter bezahlbar, sind auch in unserer Stadt rar. 2000 solcher Wohnungen fehlen zurzeit, schätzt Harald Förster, Geschäftsführer der Gelsenkirchener gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GGW). Warum sie dennoch nicht gebaut werden? Förster: „Es lohnt sich für Investoren einfach im Moment einfach nicht.“

Gelsenkirchen herabgestuft, Förderung verringert

Dass in öffentlich geförderten Wohnungsbau trotz voller Fördertöpfe des Landes seit 2018 in Gelsenkirchen praktisch nicht mehr investiert wird, hat mehrere Gründe. Zum einen ist die Stadt Gelsenkirchen mit dem 1.1.2018 von der Mietstufe „M3“ in die niedrigere Stufe „M2“ herabgestuft wurden. Die fünfstufige Klassifizierung dient als Rahmen für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus mit Landeskrediten und wird vom Land alle vier Jahre neu vorgenommen. „M1“ bedeutet: Geringe Miet-Preise pro Quadratmeter, geringer Nachfragedruck, geringe Förderung. „M4+“, in die jetzt Städte wie etwa Düsseldorf oder Münster eingestuft wurden, bedeutet hohe Förderung. Der Gedanke dahinter: Wo die Mieten hoch sind, das Wohnen teuer ist, sollen hohe Landeszuschüsse hinfließen.

Harald Förster (GGW-Geschäftsführer)
Harald Förster (GGW-Geschäftsführer) © Michael Korte

Gelsenkirchen zieht bei dieser Rechnung den Kürzeren, findet auch Stadtsprecher Martin Schulmann. „Wir haben ja einen hohen Leerstand, unsere Mieten sind deswegen nicht hoch, aber das sieht eben auch die Landesregierung so und hat uns deswegen herabgestuft und uns die Mittel gekürzt. Dass aber ein Großteil unserer leeren Wohnungen nicht den Bedürfnissen der Mieter entspricht und wir deswegen natürlich trotzdem bauen müssen, wird nicht berücksichtigt.“

Die Gewinne bleiben aus

Hinzu kämen, erklärt GGW-Chef Harald Förster, die um zehn Prozent gestiegenen Baukosten. „Für uns macht es im Moment wirtschaftlich einfach keinen Sinn, in den sozialen Wohnungsbau zu investieren – wir können unter diesen Bedingungen keine Gewinne erzielen.“

Weil man schon Ende 2017 geahnt habe, dass die Herabstufung drohe, habe man drei Anträge noch im Eilverfahren abgeschickt. „Das war sozusagen in letzter Minute“, sagt Förster. Dazu gehört auch der fünfte Projektabschnitt des Wohnungsbauvorhabens Am Bowengarten in Horst mit einem Gesamtinvestionsvolumen von über 20 Millionen Euro. Förster: „Mit dem letzten Bauabschnitt werden wir im Frühjahr beginnen.“ Gleiches gilt für einen geplanten Neubau an der Bochumer Straße/Ecke Virchowstraße in Ückendorf. „Auch das konnten wir im Jahr 2017 gerade noch beantragen.“ Für die Zukunft geplante Projekte hingegen seien auf Eis gelegt worden. Förster: „Ich sehe dafür im Moment keine Lösung.“

>> Mieterverbände kritisieren Landesförderung

Mieterverbände kritisieren seit Jahren, dass in den Städten vor allem im unteren Preissegment Wohnungen fehlen. Das liege auch daran, dass der soziale Wohnungsbau durch unattraktive Förderkonditionen des Landes ins Hintertreffen geraten sei. Das Problem nach Meinung der Mieterschützer: An die Landesförderung für den sozialen Wohnungsbau, etwa durch günstige Kredite, seien für Investoren Auflagen an die Miethöhe geknüpft – bei einem günstigen Bankkredit sei das nicht der Fall.