Gelsenkirchen. . Stadt richtet Fokus auf Schrottimmobilie in Bismarck: Es ist das erste Gebäude, das mit Mitteln aus einem NRW-Modellprojekt niedergelegt wird.
- Großer Auflauf vor einem Eckhaus an der Bismarckstaße, das in den nächsten Tagen abgerissen werden soll
- Es ist die erste Schrottimmobilie in der Stadt, die mit Fördermitteln aus einem NRW-Projekt niedergelegt wird
- Das Gebäude wurde 2015 für Bewohner geschlossen. Früher lebten hier sechs bulgarische Familien
Das Eckhaus Bismarckstraße 300 war sicher einmal repräsentativ zu nennen. Ziergiebel, Erker, Ladenlokal im Erdgeschoss und bröckelnder Zierrat an der Fassade zeugen noch davon. Sechs Familien aus Bulgarien mit zahlreichen Kindern haben hier bis vor wenigen Jahren gewohnt. Als Internet-Treff und Wettanbieter versuchte sich zuletzt das „Cafe Kristal“ im Erdgeschoss. Den Vorbau über dem Eingang stützt längst ein Stahlgerüst, bannt akute Einsturzgefahr. Die Jägerstraße ist seit Wochenbeginn über den Gehwegbereich hinaus gesperrt. Zur Sicherheit.
Möbel und Schutt aus dem zugemüllten Gebäude
Das Haus, Baujahr 1900 und seit 2015 von der Stadt für unbewohnbar erklärt, kommt nun zu spätem Ruhm und Medieninteresse – und ein Gelsenkirchener Quartett zu einem besonderen Auftritt vor Foto- und Filmkameras: Oberbürgermeister Frank Baranowski, Stadtbaurat Martin Harter, Helga Sander, die Geschäftsführerin der SEG, der Gelsenkirchener Stadterneuerungsgesellschaft, und Harald Förster als Chef der Gelsenkirchener Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GGW) schleppen alte Möbel und Schutt aus dem zugemüllten Gebäude und werfen die Stücke demonstrativ in Riesencontainer. Die sind schon gefüllt. Hier wird auch professionell entrümpelt. Denn in Kürze soll der Abrissbagger anrollen.
Ankauf, Abriss oder auch Sanierung
Es ist die erste Schrottimmobilie in Gelsenkirchen, die mit Landesmitteln gekauft und abgerissen werden kann. Gelsenkirchen hat mit Städten wie Duisburg und Dortmund dafür die Initiative ergriffen und die Förderkulisse auf Landesebene angeschoben. Die Kommunen wurden besonders gebeutelt durch die Probleme, die die massive Zuwanderung aus Südost-Europa in den vorigen Jahren mit sich brachte. Gebeutelt wie die Menschen, die oft menschenunwürdig für überteuerte Mieten in abgewirtschafteten Häusern Unterkunft fanden. Auch diesen Teufelskreis, an dem oft skrupellose Vermieter verdienen, will die Stadt unterbrechen.
Die Überzeugungsarbeit, sagt Baranowski, habe „einige Zeit gedauert“. Doch sei schließlich klar geworden, dass die Städte die Last nicht alleine schultern können. Harter freut sich, dass „wir jetzt in der Lage sind, auch wirklich aktiv zu werden und Signale setzen können.“ Ankauf, Abriss, eventuell Durchsanierung – das sind die Alternativen, die sich mit der kürzlich zugegangenen Förderzusage über zunächst 5,7 Millionen Euro eröffnen. Bei einer Zwangsversteigerung hat die Verwaltung im konkreten Fall zugeschlagen. Für das Haus war zunächst ein Verkehrswert von 1 Euro angegeben worden. Es fanden sich durchaus weitere Biet-Interessenten.
150 Häuser hat die Verwaltung stadtweit im Blick, die zu immobilen Problemfällen geworden sind. Darunter, sagt Helga Sander, seien einige, die in einem desolaten Zustand wie das Gebäude in Bismarck sind, „aber in Teilen noch bewohnt sind“. Längst nicht alle wird sie kaufen können.
Lenkungskreis steuert die Aktivitäten
„Als wir vor fünf Jahren mit der Stadterneuerungsgesellschaft angefangen haben, war das in der Region ohne Vorbild“, sagt ggw-Chef Harald Förster und betont: „Ohne dieses Engagement wäre der Entscheidungsprozess im Land wesentlich später in Gang gekommen.“
Mit dem Geldzufluss sieht sich die Verwaltung jetzt handlungsfähiger als zuvor. 150 Häuser stehen auf der Agenda. „Es ist alles organisiert und funktioniert“, meint OB Frank Baranowski. Ein Lenkungskreis, in dem die Fachverwaltung, die ggw und die Stadterneuerungsgesellschaft vertreten sind, tagte Donnerstag erstmals und wird künftig über „Objekte beraten, die strategisch bedeutsam sein könnten“, so Stadtbaurat Martin Harter.
Gefördert zum jeweils festgestellten Verkehrswert
Gefördert wird der Kauf von Schrottimmobilien übrigens zum jeweils festgestellten Verkehrswert. Für Förster ist das städtische Handeln alternativlos: „Da kommt kein vernünftiger Investor und macht das schon. Da kommen nur noch die Geschäftemacher.“