Gelsenkirchen. Was hat sich 2018 in der Gelsenkirchener Wirtschaft getan? Stölting hat seinen neuen Sitz bezogen und bei ZF gab es eine spektakuläre Wende.
Es ist die Volte des Jahres, ein Trauerspiel, das offenbar doch ein Happy End bekommt und auch erzählt von Solidarität und Konzernführungen, die bereit sind, strategische Ziele neu zu definieren. Der ZF-Standort in Gelsenkirchen, im Mai noch zum Auslaufmodell erklärt, bleibt nicht nur erhalten, sondern wird wohl auch noch aufgewertet. Das war die Botschaft, die Ende November die Runde machte.
Ursprünglich sollte die auf Lenkungssysteme spezialisierte Produktion an der Freiligrathstraße Ende des Jahres stillgelegt werden. Der Grund: drohende Verluste und wenig Zukunftsperspektiven. Am 9.Mai machte die Hiobsbotschaft die Runde, nach einer ersten Betriebsversammlung formieret sich der Protest. Rund 500 Beschäftigte hatte der Standort Anfang 2018, davon 350 in der Produktion. Laut ZF könnte nun ein neues Zentrum für Zukunftstechnologien in Schalke-Nord entstehen. Zusammen mit der Produktion von Autoteilen sei so eine sichere Basis für die Zukunft gegeben, offenbar mit 400 Beschäftigten. Aktuell arbeiten noch 465 Menschen am Standort. Details zu den Modalitäten wird es erst in nächster Zeit geben. Der Zeitrahmen für die Neuaufstellung wird mit 2020/-21 angegeben.
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OB Baranowski zur Wende bei ZF: "Engagement hat sich gelohnt"
„Das ist eine gute Entwicklung, die mich besonders freut, weil wir in Gelsenkirchen gemeinsam für den Erhalt gekämpft haben und durch Interventionen auf vielen Ebenen daran gearbeitet haben, die Verantwortlichen ihre Entscheidung überdenken zu lassen. Ich danke allen Beteiligten, die sich für dieses Ziel eingesetzt haben. Das Engagement hat sich gelohnt“, betont Oberbürgermeister Frank Baranowski und schickt einen besonderen Dank an seinen Amtskollegen und den Gesamtbetriebsrat am ZF-Konzernsitz in Friedrichshafen. Auch der Rat der Stadt Gelsenkirchen hatte in einer Resolution das Unternehmen und die Gremien der ZF Friedrichshafen AG aufgefordert, von den Planungen zur Schließung des Standortes Gelsenkirchen Abstand zu nehmen
Die neuen Pläne werteten den Standort auf und machten ihn zukunftssicher, steht für den Betriebsratsvorsitzenden Ugur Coskun bereits fest. „Eine Entwicklungsabteilung haben wir bislang nie gehabt.“ Zudem wird das Werk einen Brückenauftrag bekommen, um die Übergangszeit abzufedern."
Auswirkung auf andere ZF-Standorte
„Aus einer Schließung ist ein Technologiestandort geworden. Das ist eine sehr positive Nachricht“, betont auch IG Metall-Sekretär Jörn Meiners und erinnert: „Man darf ja nicht vergessen wo wir herkommen.“
Die Entscheidung wird allerdings Auswirkungen auf andere ZF-Standorte haben, offen ist ebenfalls noch, wie das Kräfte-Verhältnis zwischen Produktion und Technologiezentrum personell ausfallen wird.
Automobilzulieferer Bleistahl baut neues Werk an Vaillant-Standort
Vaillant ist in Gelsenkirchen Werksgeschichte. Der Automobilzulieferer Bleistahl richtet den Firmenkomplex nun auf seine Produktionsbedürfnisse ein. Ekkehard und Carola Köhler arbeiten seit April im freigezogenen Werksstandort an der automobilen Zukunft. Im September haben sie in einem Teil des 300 mal 90 Meter großen Hallentrakts die ersten Maschinen für die Ventilring-Produktion aufgebaut.
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Vaillant, spezialisiert auf Heizungs und Klimatechnik sowie Wärmepumpen, hat im April dicht gemacht, an die 200 Arbeitsplätze gingen verloren. Der Konzern hatte im November 2015 das höchst umstrittene Aus für den Standort angekündigt. In Erle blieb allein ein Service-Bereich mit rund 100 Beschäftigten – als Mieter an der Emscherstraße. Unübersehbar prangt der Name Bleistahl an der Fassade. Das mittelständische, in dritter Generation familiengeführte Unternehmen aus Wetter, hat 2017 die zehn Hektar große Produktionsstätte und weitere Immobilien gekauft. Der Automobilzulieferer, spezialisiert auf Ventilsitzringe und Ventilführungen für Verbrennungsmotoren, baut dort einen zweiten deutschen Standort und ein neues Werk auf.
Mit einem 25-köpfigen Team wird der Start vorbereitet. Mitte 2019 sollen hier zwei Ofenlinien laufen, 50 Mitarbeiter produzieren. Phase zwei des Ausbaus soll bis 2023 realisiert werden. Zunächst investiert Bleistahl 15 Millionen Euro. Auch der Entwicklung neuer Produkte soll das neue Werk dienen.
Stölting bezieht neue Zentrale im Viertel Graf Bismarck
Der größte Pott hat im Viertel Graf Bismarck am Hafenbecken festgemacht: Die Stölting Service Group bezog ihre neue Zentrale und feierte die Eröffnung im August. 25 Millionen Euro investierte Stölting in den Firmensitz mit Büros für rund 300 Beschäftigte.
Eingezogen sind als Mieter vier Gastronomie-Betriebe und die Deutschlandzentrale des Lingerie-Spezialisten Hunkemöller.
Wirtschaft in Gelsenkirchen: Was sonst noch geschah
- Modellstadt: Gelsenkirchen wird „Digitale Modellregion“. das kündigte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart im Januar an. Für die Umsetzung des Projekts in insgesamt fünf Modellkommunen sind bis 2021 Landesmittel in Höhe von insgesamt 91 Millionen Euro vorgesehen. Die Stadt hat ihre Vorarbeiten insbesondere bei der Glasfaserausstattung geleistet: Seit Jahren optimiert sie die technische Infrastruktur und das Konzept der vernetzten Stadt.
- Schülerhilfe: Nach nur sieben Monaten Bauzeit wurde Mitte August mit rund 120 Gästen der Verwaltungsneubau der Schülerhilfe im Büropark Schloss Berge eingeweiht. Aus Gelsenkirchen werden – mit 150 Mitarbeitern – rund 1100 Schülerhilfen in Deutschland und Österreich gesteuert. Das ursprüngliche Gebäude wurde um 1000 auf rund 2700 Quadratmeter Fläche erweitert, eingegliedert wurde das unternehmenseigene Service-Center.
- Familienfreundlich: Die Zoom Erlebniswelt gehört zu den familienfreundlichsten Unternehmen in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt die ServiceValue GmbH zusammen mit der Welt am Sonntag nach einer Umfrage unter knapp 50.000 Kunden mit Kindern. Sie bewerteten 477 Unternehmen aus 64 Branchen. Sieger nicht nur in der Branche Zoo, sondern über alle Kategorien hinweg ist die Zoom Erlebniswelt .
- Umzug: Bang Bang Burgers & Beer liegt jetzt in neuer Ecklage mitten in der City: Das In-Lokal eröffnete nach über sechs Monaten Umbau im August am Neumarkt 1 im Sparkassengebäude.
- 947.000 Euro Verlust weisen die Stadtwerke im Juni für das Geschäftsjahr aus. Zoo und Bäder sind die größten Negativposten, Freude machen der Hafen (7,1 Millionen Euro Umsatz) und die Pachteinkünfte aus den Strom- und Gasnetzen (Umsatz 14,7 Millionen Euro).
- 1,2Milliarden Euro Umsatz verzeichnete Gelsenwasser im 131. Geschäftsjahr der Firmengeschichte. Der Überschuss in Höhe von 92,4 Millionen Euro lag unter Vorjahresniveau