Gelsenkirchen-Buer. . Bäume wurden durch tiefe Einschnitte massiv beschädigt. Im Gelsenkirchener Neubaugebiet sorgt man sich – Unbekannte schlugen schon mehrfach zu.
Die Sägeschnitte gehen tief ins Holz. Stämme sind auf gesamter Breite eingeschnitten, teilweise 15, 20 Zentimeter tief. Eschen hat es getroffen, Weiden, einen Ahorn – allesamt alte, stolze Bäume, gut und gerne 20 Meter hoch. Wer macht so was? Und warum? Das sind die Fragen, die aktuell Gelsendienste, NRW.urban, nun auch die Polizei, die Stadterneuerungsgesellschaft SEG, vor allem aber die Nachbarn der schwer verletzten Baumriesen im Buerschen Waldbogen umtreiben.
Rund 230 Wohneinheiten auf 22 Hektar Grund
Hier haben sie neu gebaut, sich bewusst für Grundstücke am Waldrand entschieden. „Willkommen in Ihrer Wohlfühlinsel“ wird das hochpreisige Baugebiet auf dem früheren Gelände der Kinderklinik an der Westerholter Straße beworben. Auf 22 Hektar Grund sollen rund 230 Wohneinheiten entstehen. Die Nachfrage ist groß. „Wir haben ein Grundstück am Waldbogen gekauft. Und nicht am Baumfriedhof. Es ist nicht zu fassen, wer kann daran Interesse haben?“ fragt Angela Dieler und ärgert sich massiv über die Nacht- und Nebel-Aktionen von Unbekannten.
Feuerwehr und Polizei wurden alarmiert
Ihre künftigen Nachbarn und die Dielers haben die Schäden am Wochenende in dem kleinen Grüngürtel zwischen den Baugrundstücken, Feldern und dem Gelände der Gelsendienste-Baumschule entdeckt. Neun Bäume wurden angesägt – mindestens. Feuerwehr und Polizei wurden alarmiert. Immerhin: Akute Sturzgefahr, stellten Fachkräfte unmittelbar fest, besteht nicht, auch wenn die Einschnitte teils sehr tief sind. Ob die Bäume allerdings überleben können, ist eine andere Frage.
Sechs Familien haben umgehend Warnschilder aufgehängt: „Diese Bäume dürfen nicht gefällt oder beschädigt werden. Helft uns, den Waldbogen zu schützen“ steht dort. Und auch: „Wer diese Bäume nicht will, soll gar nicht erst hier her ziehen“, verbunden ist der Hinweis mit der Warnung, der Bereich werde videoüberwacht, zudem würden Strafanzeigen erstattet.
Im März 2017 wurde bereits eine große Buche gefällt
Die Baumattacken haben eine Vorgeschichte. Im März 2017 wurde bereits eine große Buche von Unbekannten gefällt, im laufenden Jahr schlugen Unbekannte erneut zu. Auf dem Baugrund der Dielers fiel eine Esche, auf einem Nachbargrundstück waren es drei weitere. Insgesamt, glaubt Dieler, „sind 2018 sieben Bäume gefallen“. Sie hatte nach dem Baumfrevel auf eigenem Grund Anzeige erstattet. Die Ermittlungen wurden im August eingestellt. Ergebnislos. „Das sind 80, 100 Jahre alte Bäume, die kann man nicht ersetzen. Die sind unwiederbringbar weg“, sagt sie.
Eine Art Korsett aus Blech für den Stamm
Die Stadt Gelsenkirchen, kündigt Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne an, werde im aktuellen Fall Strafantrag stellen. Auch Baumkontrolleure von Gelsendienste haben sich die Schäden angesehen. „Es gibt eine Möglichkeit, die Stämme zu stabilisieren. Sie bekommen dann eine Art Korsett“, erklärt Heyne. Die Schnittflächen würden dann langfristig überwuchern, allerdings dauere der Prozess Jahre, offen bliebe, ob sich der Baum tatsächlich erholt. Ob Neider, ein irrlichternder Baum-Ripper oder schlichter Vandalismus die Schäden verursachten, könne nur „spekuliert werden. Aber eigentlich fehlt mir die Fantasie, wer so etwas macht“, sagt Dirk Ebeling, Projektleiter für die Entwicklungsgesellschaft NRW.urban. „Alle Rodungsarbeiten im öffentlichen Raum sind in den letzten Jahren durchgeführt worden“, stellt er fest, dass es nicht etwa neue Fällaufträge gegeben habe. Solch eine Beschädigung, findet er, „kann man nicht einfach hinnehmen.“
>> Verkaufserlös finanziert Teil der Stadterneuerung
Die soziale Kontrolle im Neubaugebiet, hofft SEG-Geschäftsführerin Helga Sander, wachse mit jedem bezogenen Eigenheim. Aktuell sind bereits über 25 Einfamilienhäuser im Bau oder fertiggestellt. Mit den Verkaufserlösen am Buerschen Waldbogen finanziert Gelsenkirchen Stadterneuerungsprojekte und den Umbau von Schrottimmobilien.