Gelsenkirchen. . Zum Start ins neue Schuljahr arbeiten vor allem Grundschulen am Limit. Die Grundversorgung ist sicher, aber es gibt keine Krankheitsvertretungen.

Wenn es heute in den Grundschulen zum ersten Mal schellt, werden voraussichtlich alle Klassen an den 39 Grundschulen in der Stadt einen eigenen Klassenlehrer haben. „Die Grundversorgung ist gesichert“, verspricht der zuständige Schulamtsdirektor, Bernhard Südholt. Soweit die gute Nachricht. Allerdings darf niemand krank werden. Es reicht nämlich nur gerade so. Reserven, Vertretungslehrer – Fehlanzeige. Und das, obwohl die Schülerzahlen weiter gestiegen sind. 2550 Erstklässler starten morgen, 35 mehr als im Vorjahr.

Keine einzige Bewerbung auf die 13 Vertretungsstellen

Die 17 Vertretungslehrer, die es gibt, sind alle schon verteilt. Und von den 13 Stellen für den Vertretungspool, die Gelsenkirchen ausgeschrieben hatte, konnte keine besetzt werden. Der Markt ist leergefegt. Dabei sind Grundschulen vom Stellenplan her so knapp konzipiert, dass sie auf Vertretungspools angewiesen sind. Auch wenn nur vier der sieben ausgeschriebenen schulscharfen Stellen unbesetzt sind, ist die Situation extrem angespannt. Ein weiteres Damoklesschwert: 23 der 570 Grundschullehrer sind abgeordnet aus dem Münsterland mit dem Versprechen, nach zwei Jahren an ihre Wunschschule im Münsterland wechseln zu dürfen. Im November werden die nächsten Referendare fertig; drei von ihnen kommen an Gelsenkirchener Grundschulen.

Keine neue Sonderpädagogenstelle besetzt

Gelsenkirchener Grundschulen – hier ein Bild aus einer Theateraufführung in der Sternschule – leiden besonders unter dem Lehrermangel.
Gelsenkirchener Grundschulen – hier ein Bild aus einer Theateraufführung in der Sternschule – leiden besonders unter dem Lehrermangel. © Joachim Kleine-Büning

Auch 28 Seiteneinsteiger lindern die Personalnot an Schulen vor Ort. Die meisten unterrichten an Kolleg- und Realschulen. Leergefegt ist der Markt jedoch bei Sonderpädagogen. Die 18 ausgeschriebenen Stellen für Grundschulen, die helfen sollen, das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne besonderen Förderbedarf umzusetzen, blieben unbesetzt. Für die Betreuung von Kindern in der Schuleingangsphase gab es immerhin für 23 von 24 ausgeschriebenen Stellen passende Bewerber.

Gemeinsames Lernen, aber ohne Extra-Unterstützung

Renate Jurgawka leitet die Grundschule am Schloss Horst. Sie ist froh, dass sie es geschafft hat, ihre Klassen mit im Schnitt nur 25 Kindern relativ klein zu halten. Unterstützung durch einen Sonderpädagogen bei der Inklusion hat sie allerdings nicht. „Bis jetzt läuft es bei uns recht gut. Viele Kinder verlassen uns nach Klasse 4 mit einer Gymnasialempfehlung, auch wenn sie dann doch zur benachbarten Gesamtschule wechseln.“ Ob es auch künftig gut weitergeht, da ist sie weniger optimistisch. Wenn sie im Januar 2019 in den Ruhestand wechselt, dürfte es schwer sein, einen Nachfolger zu finden.

Bessere Bezahlung könnte als Ansporn wirken

Schuldezernentin Annette Berg übergab kurz vor den Ferien Viertklässlern an der Glückauf-Schule ein Übergangskit für die weiterführende Schule.
Schuldezernentin Annette Berg übergab kurz vor den Ferien Viertklässlern an der Glückauf-Schule ein Übergangskit für die weiterführende Schule. © Olaf Ziegler

Seiteneinsteiger sind in ihren Augen für Grundschulen keine Lösung. „Die müssen wir ja noch selbst einarbeiten. Dafür haben wir gar keine Zeit.“ Eine bessere Bezahlung, wie sie Gymnasiallehrern gewährt wird, könnte Ansporn für junge Menschen – dann vielleicht auch Männer – sein, sich für den Beruf des Grundschullehrers zu entscheiden, glaubt sie. Aber bisher liegen die Tarife trotz gleicher Ausbildung weit auseinander.

Auch bei Petra Hupperts an der Nordsternschule darf jetzt niemand mehr krank werden. „Wir starten schon mit einem Vertretungsplan ins neue Schuljahr!“, klagt sie. Ein Vertretungslehrer hat in den Sommerferien gekündigt, weil er anderswo eine Festanstellung bekommen hat. Eine Kollegin kommt immerhin Mitte September aus der Elternzeit zurück: Bis dahin allerdings macht die Sonderpädogin Überstunden, müssen Vertretungspläne helfen.

>>> 91 Stellen sind noch nicht besetzt

2980 Lehrer unterrichten an den 78 öffentlichen Schulen in diesem Schuljahr 38 880 Schüler. Grund-, Berufs-, Förder- und Gesamtschulen sind in Gelsenkirchen besonders vom Lehrermangel betroffen.

  • Zudem fehlen vor allem Sozialarbeiter und Sonderpädagogen für alle Schulformen. In 91 Fällen sind ausgeschriebene Stellen laut Bezirksregierung noch unbesetzt. Noch laufen aber Bewerbungsverfahren.