Gelsenkirchen-Buer. . Das Institut für Stressmedizin am Bergmannsheil in Buer berät Firmen und Personal zum Senken des Stresslevels. Es geht um gesunde Führung.
Stress macht krank. Die Erkenntnis ist nicht neu, dennoch steigt der Stresslevel stetig und damit die Zahl jener, die wegen der Folgen des Stresses arbeitsunfähig werden. Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzinfarkt können die Folgen sein. Haarausfall, Tinnitus, Kopfschmerzen, Schmerzen im unteren Rücken und Schlafstörungen sind typische Stresssymptome.
Strategien gegen den Stress
Dr. Matthias Weniger weiß, was Stress mit Menschen machen kann. Als Leiter der Psychokardiologie am Bergmannsheil Buer und des Instituts für Stressmedizin, das im Medical Center am Ehrenmal angegliedert ist, kennt er aber auch Strategien gegen den Stress.
Über das Institut am Medical Center am Bergmannsheil bieten er und sein Team Unternehmen an, den Stresslevel der Mitarbeiter zu ermitteln und auf verschiedenen Ebenen Strategien zum Abbau beziehungsweise einen besseren Umgang damit zu vermitteln. Schließlich ist das auch im Unternehmsinteresse. Die Zahl der Fehltage wegen Überbelastung ist laut Bundesgesundheitsministerium von 2012 bis 2016 von knapp 20 auf 30 Millionen gestiegen.
Burnout ist keine Diagnose
Das Problem ist: Burnout ist keine Diagnose, sondern ein Prozess. Wer gestresst ist, merkt in der Regel zunächst nicht, wenn er die Grenze seiner Leistungsfähigkeit überschritten hat. „Und dann nimmt die Leistungsfähigkeit ab, Fehler häufen sich,“ weiß Matthias Weniger. Viele versuchen dann, Fehler durch noch mehr Arbeit und noch weniger Pausen zu kompensieren – was überhaupt nicht funktioniert.
„Studien haben gezeigt, dass Raucher, die alle eineinhalb Stunden eine Pause einlegen für das Rauchen, mehr leisten können als Kollegen, die durcharbeiten. Wer sagt schon nach eineinhalb Stunden, ich geh dann mal atmen. Aber das wäre hilfreich“, so Weniger, der damit nicht für das Rauchen plädieren will, sondern für Pausen. Helfen würden Entspannung und Schlaf. „Aber oft läuft im Bett dann das Kopfkino, in dem alle Probleme weiter gewälzt werden. Dabei wäre Schlaf so wichtig zum Regenerieren,“ erklärt Weniger. Die Stressspirale ist tückisch.
In der Zusammenarbeit mit Unternehmen geht das Institut Stress auf drei Ebenen an: auf der persönlichen Ebene, der organisatorischen Ebene und bei den technischen Abläufen.
Es gibt selten einfache Lösungen
„Auf der persönlichen Ebene zeigt sich schnell Wirksamkeit, aber sie wirkt am wenigsten. Wenn ich der Krankenschwester sage, sie soll sich mehr abgrenzen, um sich zu schützen, sie aber aus der Not heraus über ihre Kräfte hinaus dienstverpflichtet wird, kommt schnell Frust. Deshalb muss auch auf der Führungsebene und bei der Organisation angesetzt werden“, erklärt Weniger. Dabei gibt es selten einfache Lösungen.
Auf der persönlichen Ebene wird zunächst mit verschiedenen Diagnoseverfahren gemessen, wie hoch der Stresslevel des Einzelnen ist. Der allgemeine Gesundheitszustand, die psycho-soziale Belastung, Ernährungsgewohnheiten und Gesundheitsbewusstsein – alles kommt auf den Prüfstand. Damit soll auch abgeklärt werden, ob Symptome wie Rückenschmerzen oder Reizdarm wirklich keine organischen Ursachen haben, sondern stressbedingt sind. Dann erst geht es um Strategien zum Gegensteuern gegen den Stress.
Weniger weiß: „Oft haben Betroffene das Gefühl, gar keine Zeit zu haben, um Entspannungstechniken zu lernen oder nach der Arbeit etwas mit Freunden zu unternehmen oder eben einfach Pausen einzulegen.“ Aber durch Arbeit baut sich Stress nicht ab.
Erkennen von Stressanzeichen
Auf der zweiten Ebene wird Führungspersonal geschult im Erkennen von Stressanzeichen bei Mitarbeiten und im Umgang damit beziehungsweise Gegensteuern. „Die Frage ist: Was ist gesunde Führung? Da wollen wir hinkommen. Der Ansatz ist ganzheitlich. Wir wollen Gesundheit miteinander gestalten. Es reicht nicht, wenn Firmen einen Korb mit Äpfeln und Birnen hinstellen, um auf gesunde Ernährung umzustellen. Führungskräfte müssen das auch vorleben“, fordert Weniger.
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Ein wichtiger Stressfaktor seien heute auch Smartphones und der Umgang mit neuen Medien. „Es muss immer alles perfekt sein, bei Facebook dokumentiert. Und es werden immer mehr illegale Drogen konsumiert, die die Leistung steigern. Umfragen haben zudem gezeigt, dass über die Hälfte der Bevölkerung leistungsfördernde Medikamente nehmen würde, um sich zu optimieren.“ Stress senkend würde das wohl kaum wirken.
Gelsenkirchener Jobcenter zählt zu den Kunden
Einer der Gelsenkirchener Kunden des Instituts für Stressmedizin in Gelsenkirchen ist das Integrationscenter für Arbeit (IAG), das Jobcenter, und zwar seit Mitte 2016.
Geschäftsführer Dirk Sußmann erklärt, warum: „Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet uns – und andere Unternehmen übrigens auch – , die psychische Belastung der Mitarbeiter zu ermitteln, eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Die Anforderungen sind bei uns extrem. Und ich wünsche mir ein gesundes Jobcenter. Das ist das Ziel.“
Der erste Schritt war die Schulung aller Mitarbeiter in eintägigen Seminaren zu Stressmanagement. In einem zweiten Schritt wird ein Konzept zum gesundheitlichen Management entwickelt. Beim dritten Schritt geht es um gesunde Führung. „Wir arbeiten noch an der internen Kommunikation. Aber wir sind auf einem sehr guten Weg.“
Rückmeldung seitens der Mitarbeiter ist gut
Sußmann ist sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit mit dem Institut, die auch noch andauern wird. Die Rückmeldung seitens der Mitarbeiter sei gut und man werde auch neue Mitarbeiter schulen. Langfristige Zusammenarbeit sei üblich, spätere Auswertung und Nachjustierung die Regel, um Nachhaltigkeit zu sichern, betont auch Matthias Weniger.
Übrigens: Für die Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz über das Institut gibt es auch Förderung von den Krankenkassen. Schließlich ist das Ziel, Krankheitstage zu vermeiden. Ein vitales Interesse der Krankenkassen.