Gelsenkirchen-Ückendorf. . Vor dem Umbau der Kirche Heilig Kreuz öffnete das Stadtteilbüro das Denkmal zum Info-Besuch. Für viele Besucher war es eine neue Erfahrung.

Für viele Ückendorfer war es am Dienstagabend das erste Mal, dass sie einer großen Unbekannten näher kamen. Das Stadtteilbüro an der Bochumer Straße hatte zum Ortstermin geladen. Auf dem Vorplatz der Kirche Heilig Kreuz drängten sich gegen 18.30 Uhr die Besucher.

Um die zahlreichen (bereits sichtbaren) Veränderungen im Stadtteil, um die Erneuerung des Problemquartiers, das Leben im Viertel, die Integrationsbemühungen, die Sicherheitslage, eben um die Vielzahl von örtlichen Projekten vom Boarding House bis zur Bewegungshalle ging es rundum an Schautafeln und in Gesprächen.

Backstein-Kirche mit gemauertem Jesus am Giebel

Doch eigentlich drängte es alle in das künftige Vorzeigeprojekt, von dem sich die Stadterneuerung Ankerkraft für das gesamte Umfeld verspricht: Heilig Kreuz – diese imposante Backstein-Kirche mit dem gemauerten Jesus am Giebel, soll Veranstaltungsort werden.

Auf dem Vorplatz neben dem Stadtteilbüro wurden die Pläne für die Revitalisierung der Bochumer Straße vorgestellt.
Auf dem Vorplatz neben dem Stadtteilbüro wurden die Pläne für die Revitalisierung der Bochumer Straße vorgestellt. © Joachim Kleine-Büning

Im Herbst 2018 soll der Umbau starten, bis Ende 2020 muss er beendet sein – ansonsten sind die Fördermittel gefährdet. Multifunktionshaus soll Heilig Kreuz dann sein – denkmalgerecht erneuert, mit Bühnentechnik und Lichtanlage ausgestattet, mit neuer Heizung und neuer Lüftung – und vielseitig nutzbar. Kunst, Kabarett, Konzerte, Bankette, Vorträge, Feiern. All das soll möglich werden – in der Spitze für bis zu 800 Besucher.

Zur Probe wurde ein Lüftungsrohr montiert. Der Versuch zeigte:  Vor die Pfeiler gehängt, wäre es ein massiver Fremdkörper. Nun soll eine andere Lösung realisiert werden.
Zur Probe wurde ein Lüftungsrohr montiert. Der Versuch zeigte: Vor die Pfeiler gehängt, wäre es ein massiver Fremdkörper. Nun soll eine andere Lösung realisiert werden. © Joachim Kleine-Büning

„Den Charakter werden wir erhalten. Mit solch einem hochrangigen Bestand zu arbeiten, ist schon eine Herausforderung“, sagt Ugur Ceylan, der für die Stadt die Bauleitung hat. Die Vor-Planungszeit war immens. Aktuell werde die Vergabe vorbereitet, damit es wie erhofft im Herbst losgehen kann, sagt Janine Feldmann. Die Abteilungsleiterin Stadterneuerung möchte in Ückendorf „Anlässe und Begegnungen schaffen“, weil darin die Hoffnung liegt, dass der Stadtteil mit neuem Leben erfüllt wird und wieder an Attraktivität zulegt.

Anwohner aus der Straße Flöz Sonnenschein

Doch noch ist das Kirchenschiff vor allem eins: ein großer, beeindruckender, aber an diesem Abend erstaunlich kalter, leerer Raum. Eben eine werdende Großbaustelle, abgetrennt mit Flatterband. Dahinter stehen Anwohner aus der Straße Flöz Sonnenschein – sozusagen Nachbarn. „Ich gehe hier fast täglich vorbei“, sagt Tassilo Hester, „bin aber nie hier drin gewesen“. In der Siedlung hat er Eigentum erworben. Das Viertel liegt ihm am Herzen. Natürlich, meint er, bliebe „eine gesunde Skepsis. Aber das kann was werden. Auf jeden Fall.“

So denken viele hier. Ein Stück weit ist Aufbruchsstimmung zu spüren. Die Bochumer Straße, stellt Oberbürgermeister Frank Baranowski fest, sei ein „dicker Brocken“ der Stadterneuerung. Dass sie Viertel optimieren kann, habe die Stadt gezeigt: in Bismarck, in Schalke, im Tossehof, der Innenstadt. Nun also Ückendorf. Über die Bochumer Straße, sagt der OB, werde „viel geredet. Doch die Wenigsten waren vor Ort.“

Das „107“ ist „Zuhause“ für eine junge Szene

Baranowski glaubt an das Potenzial, das es hier zu heben gebe. Das sehen auch fünf junge Männer, die sich erstmals den Riesenraum anschauen. „Ich könnte hier sofort Sound machen“, sagt Kolja. Ein Indoor-Skatepark läge auch nahe. Nebenan ist das „107“, jener kleine, kultige Laden, der Treff für eine junge Szene geworden ist.

„Das ist unser Zuhause, das lockert das Gesamtbild auf“, finden Basti und Sven. Insgesamt habe sich das Viertel durch Kultur „entzerrt“, sei wieder vielschichtiger geworden. „Man braucht ja was, wo man in unserem Alter hingehen kann“, sagt Basti. An Heilig Kreuz denkt er dabei derzeit noch weniger: „Die Belebung des Exodus, das könnte was werden.“

>> Fördermillionen für ein Baudenkmal

Heilig Kreuz wurde von 1927 bis 1929 nach Plänen des Architekten Josef Franke errichtet. Die Kirche mit der Parabel als Grundform gilt als sein bedeutendstes Werk. Sie wurde am 2. Oktober 1929 konsekriert und im Zuge der Neuordnung der Pfarreien im Bistum Essen am 19. August 2007 außer Dienst gestellt.

Ende 2016 wurden für den denkmalgerechten Umbau des Kirchenbaus 9,7 Millionen Euro Fördermittel aus dem NRW-Programm „Starke Quartiere – starke Menschen“ bewilligt.