Gelsenkirchen. Automobilzulieferer Bleistahl übernimmt Werk der Vaillant Group und baut ab Mitte 2018 neue Produktion auf. Start mit 50 Beschäftigten.

  • 2015 beschloss das Traditionsunternehmen Vaillant trotz aller Proteste das Aus für die Produktion in Erle
  • Nun steht die Nachfolgelösung: Der Automobilzulieferer Bleistahl übernimmt den Standort und baut dort ein Werk auf
  • An den Start will das familiengeführte Unternehmen mit einer rund 50-köpfigen Belegschaft gehen

Vaillant gibt seinen Produktionsstandort 2018 an der Emscherstraße auf, der international aufgestellte Automobilzulieferer Bleistahl kommt: Das ist die Botschaft am Montagmorgen im Hans-Sachs-Haus, wo Firmenvertreter, Stadtspitze und städtische Wirtschaftsförderer einen weiteren Standortwechsel und Ansiedlungserfolg verkünden.

Produktion wird nach Remscheid verlegt

Vaillant, auf Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik sowie – vor Ort in Erle – auf Wärmepumpen und noch die Rohrproduktion spezialisiert, schließt bekanntlich den Standort. Die Produktion wird, wie bereits 2015 angekündigt, an den Stammsitz nach Remscheid verlegt. Das dortige Werk wird derzeit für 54 Millionen Euro ausgebaut. In Erle wird allein der Service-Bereich des Traditionsunternehmens mit rund 100 Beschäftigten bleiben – als Mieter an der Emscherstraße.

 Das werksgelände liegt direkt an der Emscher.  
Das werksgelände liegt direkt an der Emscher.   © WAZ

Die rund zehn Hektar große Produktionsstätte und weitere Immobilien sind an das mittelständische, in dritter Generation familiengeführte Unternehmen aus Wetter an der Ruhr verkauft worden. Dort ist das Entwicklungspotenzial am Firmensitz ausgereizt. Doch Bleistahl ist auf rapidem Wachstumskurs.

Die Produktion ins Ausland zu verlagern, war für Ekkehard Köhler, den geschäftsführenden Vorstand, und seine Frau Carola, keine Alternative: Also haben sie konzentrisch um Wetter herum gesucht und wurden in Erle fündig.

„Das Industriegebiet ist top, die Infrastruktur stimmt, die Mieter wollen bleiben. Das ist sehr vielversprechend“, stand für die Köhlers fest, die nun 2018 ein weiteres Werk aufbauen und zunächst rund zehn Millionen Euro investieren wollen.

Kompetenzcenter für Ventilführungen

Der Automobilzulieferer plant zunächst den Aufbau eines Technikums sowie eines Kompetenzcenters für Ventilführungen. Zum 31. März 2018 wird Vaillant die Produktion beenden und den geräumten Standort übergeben.

Dr. Ekkehard Köhler, Geschäftsführender Vorstand Bleistahl Produktions-GmbH & Co. KG, und Dr. Carola Köhler, Projektleiterin für das  Werk 2, stellten im Hans-Sachs-Haus ihre Pläne vor.
Dr. Ekkehard Köhler, Geschäftsführender Vorstand Bleistahl Produktions-GmbH & Co. KG, und Dr. Carola Köhler, Projektleiterin für das Werk 2, stellten im Hans-Sachs-Haus ihre Pläne vor.

Köhler wird dann ein komplett neues Werk aufbauen – „mit Pressen, Öfen, Industriemaschinen, Prüf- und Entwicklungsabteilung“.

An den Start wollen die Unternehmer mit einer rund 50-köpfigen Belegschaft gehen. Gesucht werden schon Zerspanungs- und Meßtechniker speziell für Buntmetall. Köhler: „Wir fertigen sehr hohe Stückzahlen bei sehr, sehr engen Toleranzen im 1000stel-Millimeterbereich.“

700 Mitarbeiter an fünf internationalen Standorten

Der Automobilzulieferer produziert mit rund 700 Mitarbeitern in Deutschland und an fünf internationalen Standorten in China, Nord- und Süd-Amerika. Bleistahl ist spezialisiert auf Ventilsitzringe und Ventilführungen für Verbrennungsmotoren.

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Eine Technik, auf die Köhler („Totgesagte leben länger“) mit „Sicherheit für die nächsten 25 Jahre“ baut. „Ich glaube, dass der Verbrenner Zukunft hat. Aber nicht ewig.“ Auch für die Zeit danach will man sich bei Bleistahl nun rüsten.

Proteste der Belegschaft und des Betriebsrats 

Gegen den Verlust von rund 200 Stellen im Vaillant-Werk Gelsenkirchen gab es wütende Proteste der Belegschaft, des Betriebsrats, der IG Metall. 2015 wurde die Schließung des Standorts angekündigt – eines profitabel arbeitenden Werks, wie Gewerkschafter stets betonten. Der Widerstand ist Geschichte. Am Firmensitz in Remscheid wurden die Weichen für die dortige Expansion gestellt. Das Unternehmen stellt sich mit einer Millioneninvestition für die Zukunft auf.

Die Fertigung von Wärmepumpen und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in Erle läuft schrittweise aus. 120 Beschäftigte arbeiten aktuell noch vor Ort in der Produktion, 58 werden es zum 31. März 2018 noch sein, wenn Vaillant sich aus Gelsenkirchen zurück zieht und die Hallen an der Emscherstraße, wie Unternehmenssprecher Jens Wichtermann sagt, „ausgeräumt und besenrein übergeben“ wird.

Es gab etliche Bieter für das Gelände

Nur wenige Beschäftigte aus Gelsenkirchen sind bislang nach Remscheid gewechselt. Wichtermann spricht von einer „niedrigen zweistelligen Zahl“. Montag, bei der Vorstellung der Nachfolgelösung für die Werksimmobilie, war die bewegte und bewegende Geschichte kein großes Thema mehr. Oberbürgermeister Frank Baranowski erinnerte kurz „an das Wechselbad der Gefühle“, für das der Standort und die dortige Entwicklung gesorgt hätten. „Aber irgendwann muss man auch zur Kenntnis nehmen, wenn sich ein Unternehmen final zum Rückzug entschieden hat“, so der OB.

Geräuschlos und professionell, das betonen alle Beteiligten, laufe die Abwicklung. „Die Wirtschaftsförderung der Stadt hat uns engagiert, reibungslos und unbürokratisch unterstützt.“ So sieht es auch Ekkehard Köhler, der nun mit seinem Familienunternehmen Bleistahl übernimmt. „Wir freuen uns, dass wir einen Käufer gefunden haben, der in Erle Industrieproduktion aufbauen wird. Es gab etliche Bieter für das Gelände“, betont der Vaillant-Sprecher.

Wachstum in beiden Produktgruppen

Bleistahl-Vorstand Ekkehard Köhler, Ingenieur und promovierter Verfahrenstechniker, zählt die pulvermetallurgisch hergestellte Ventilführung und die Produktion von Ventilsitzringen für Pkw,-, Lkw- und Industriemotoren zu den Kernkompetenzen seines Unternehmens. „Wir wachsen mit beiden Produktgruppen sehr stark. Allen Unkenrufen zum Trotz.“

Die Ansiedlungs-Entscheidung freut auch Christopher Schmitt. Für den Stadtrat und Wirtschaftsförderungsdezernenten ist die Ansiedlung „eine gute und bewegende Nachricht, weil wir gerade auf diesem Feld so große Einschnitte hatten“. Die Bleistahl-Ansiedlung, ist Schmitt sicher, stärke „den industriellen Kern und ist ein gutes Signal für den Wirtschaftsstandort. Sie bringt auch hochqualifizierte Arbeitsplätze.“