Gelsenkirchen. Der Sozialkonzern erwirtschaftet einen Überschuss von rund 1,7 Millionen Euro. Ein Blick in die Umsatzerlöse und die Einflussgrößen.
- Das Gelsenkirchener Sozialwerk St. Georg verzeichnet auch in Geschäftsjahr 2016 ein Wachstum
- Die Umsatzerlöse steigen von 130,9 Millionen Euro um 7,21 Prozent auf 140,3 Millionen Euro
- Die Zahl der Klienten steigt von 4800 auf 5000, die der Mitarbeiter von 2700 auf 2800
Was für ein Kontrast! Auf der einen Seite (Industrie-)Betriebe wie Autowerkstatt und -pflege, Fliesenhändler sowie Teerschotter-Vertrieb, auf der anderen Kaffeehausidylle im Landhausstil im „Lebensart“. Das Café an der Theodor-Otte-Straße in Beckhausen liegt so versteckt zwischen all den Gewerbehallen, dass Laufkundschaft ein Fremdwort ist. Und dennoch trägt es sich seit sieben Jahren. „Einen Tisch“, sagt Birgit Shanker, Fachbereichsleiterin bei der Emscher-Werkstatt, „muss man eigentlich immer reservieren.“
Wer hierhin zum Brunchen kommt, Geburtstag feiert oder nach Accessoires (Kerzen, Kissen, Decken, Marmelade, Likör etc.) für zuhause stöbert, der merkt zumeist erst viel später (oder auch gar nicht), dass die Dienstleistungen und Produkte das tatkräftige Ergebnis von Menschen mit Assistenzbedarf sind – beteiligt und befähigt vom Sozialwerk St. Georg, mit insgesamt 2700 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber der Stadt, darunter etwa 800 in Gelsenkirchen.
Behaupten am Markt durch Qualität
Womit wir bei einem zentralen Motto des Konzerns sind, der am Freitag ins Café Lebensart zur Vorstellung seiner Jahresbilanz einlud: „Wirksam sein für mich und andere.“ Michael Wienands, Servicekraft, und Angelika Wagener, Hauswirtschafterin, beschreiben das so: „Es ist Arbeit zum Wohlfühlen.“ Klingt nach wenig, steckt aber sehr viel mehr dahinter. Denn in erster Linie muss sich die Qualität der Waren und Dienstleistungen der Sozialwerk-Klienten gegen die der üblichen Konkurrenz am Markt behaupten – und anders als andere Sozialunternehmen stellt das Gelsenkirchener Sozialwerk St. Georg die Hilfsbedürftigkeit der von ihm betreuten Menschen mit Handicap nicht in den Vordergrund. Ist „Kauf doch hier etwas und tue damit etwas Gutes“ kein offensichtliches Geschäftsmodell.
Das man damit erfolgreich sein kann, das belegen die Zahlen, die Gitta Bernshausen und Wolfgang Meyer, beide im Vorstand, offenlegen: „Die Umsatzerlöse stiegen von 130,9 Millionen Euro um 7,21 Prozent auf 140,3 Millionen Euro.“ Erneut hat der Konzern mit rund 1,7 Millionen Euro einen Jahresüberschuss erwirtschaftet, im Vergleich zu 2015(1,9 Millionen Euro) fiel er aber etwas kleiner aus. Einflussgrößen dürften dabei unter anderem tarifbedingte Lohn- und Gehaltssteigerungen sowie eine Veränderung im Personalstamm gewesen sein. Die Belegschaft wuchs um 100 Mitarbeiter an, die Personalkosten stiegen von circa 105 Millionen Euro auf rund 109 Millionen Euro.
Die Zeichen stehen auf Wachstum
Insgesamt weist der Konzern eine bereinigte Bilanzsumme von rund 118,3 Millionen Euro (2015: 111,7 Millionen Euro) aus, gleichbedeutend mit einer Steigerung von 0,9 Prozent.
Auffällig in der Statistik: Die Zahl der Assistenzverhältnisse stieg von 4800 auf 5000, die Zahl der Klienten im Bereich ambulantes Wohnen stieg um 7,1 Prozent auf nunmehr 1515 Personen.
Zurück zum Café Lebensart und der Autopflege direkt nebenan. 34 Menschen mit Assistenzbedarf verdingen sich dort. Handwerken, verwöhnen Augen, Gaumen sowie Blechkleid, und erfahren so eine echte Wertschätzung ihrer Fähigkeiten – abgekoppelt von Mitleid. Das ist Inklusion in Reinform, kaum sichtbar, und dennoch alltäglich.
>> 2017 ganz im Zeichen von „Empowerment“
Das Sozialwerk unterstützt landesweit 4400 Menschen in 52 stationären Einrichtungen, in 45 ambulanten Kontaktstellen, in Wohnungen oder im ambulant betreuten Wohnen.
Der Konzern hat jetzt die „Empowerment“-Initiative gestartet. Dahinter stehen Maßnahmen, die den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung im Leben von Menschen mit Assistenzbedarf erhöhen.