Gelsenkirchen. . Beim Brand in der Maritim Residenz sägte sich die Feuerwehr mühsam durch eine Sicherheitstür. Dabei kam jede Hilfe zu spät - eine Ramme fehlte.
- Der Tote nach dem Brand in der Maritim Residenz ist sehr wahrscheinlich der 63-jährige Mieter
- Die Rettungskräfte brauchten eine große Spezialsäge, um in die brennende Wohnung zu gelangen
- Eine Ramme, Hebel- und Brechwerkzeug hatten versagt, der Durchbruch gelang nach 15 Minuten
Nach dem tödlichen Brand in der Maritim Residenz am Samstag, bei dem ein Mann Opfer der Flammen wurde, sind viele Fragen noch offen. Etwa, woran es gelegen hat, dass die Rettungskräfte so lange gebraucht haben, in die Unglückswohnung im 18. Stockwerk hinein zu kommen. Anwohnerin Petra Rennicke, Leserin und zugleich auch in dem Wohnturm zuhause, wunderte sich darüber, „dass die Polizei, die zuerst eintraf, keine Ramme dabei hatte“, um die Wohnungstür ihres Nachbarn aufzubrechen“. Vielleicht, so ihre Vermutung, hätte man den Mann noch retten können.
Auf Nachfrage bei Polizei und Feuerwehr kommt heraus, dass es die Retter am Samstag gegen 14 Uhr mit einem massiven Hindernis zu tun hatten: Den Zugang zu Apartment 1853 versperrte eine hochwertige Sicherheitstür. „Weder eine Ramme, noch Hebel- und Brechwerkzeuge haben da anfangs etwas ausrichten können“, sagt Feuerwehrsprecher Simon Heußen. Erst eine schwere Rettungssäge, die selbst vor Metall nicht Halt macht, zerfraß schließlich Schloss und Riegel. „Das hat gut eine Viertelstunde gedauert“, so Heußen.
Brennbare Gase haben sich entzündet
Eine Ramme gehört nicht zur Grundausstattung der Polizei, wie Polizeisprecher Christian Zander erklärt. SEK-, also die Spezialeinheiten der Polizei, verfügten über dieses Hilfsmittel. Daher mussten die Beamten auf die kurz darauf eintreffende Feuerwehr warten.
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Ob der direkte Angriff mit schwerem Gerät das Leben des Mannes gerettet hätte, darf bezweifelt werden. Laut Feuerwehr hat es in den Räumen eine „Durchzündung“ gegeben. Dabei steigt durch Feuer in einem Raum die Temperatur rapide an, Holz und Kunststoffe gasen brennbare Stoffe aus. Einströmender Sauerstoff durch berstende Fenster führte dann zu einer Explosion des Gasgemisches und zu einer Feuerwand mit bis zu 1000 Grad Celsius, die selbst mit Schutzkleidung kaum zu überwinden ist.
Ein Brandsachverständiger und ein Spürhund haben am Montag die verkohlte Wohnung des Opfers erneut untersucht. Ein klares Ergebnis zum Hergang und zur Ursache gebe es aber nicht, hieß es. Wohl aber können die Experten jetzt ausschließen, dass „Brandbeschleuniger benutzt worden sind“.
Opfer ist ein 63-jähriger, früherer Architekt
Die Identifizierung des Toten ist noch nicht komplett abgeschlossen, die Polizei geht aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass es sich „um den 63-jährigen Mieter“ des Apartments handelt. Petra Rennicke beschreibt ihren Nachbarn, Reinhard S., einen früheren Architekten, als belesenen Ruheständler, mit dem sie oft „Magazine wie Stern, Fokus und Spiegel austauschte“.
Rennicke, auf ein Sauerstoffgerät angewiesen und damit schlecht mobil, ist nach eigenen Angaben während des Brandes „von zwei Ärzten, zwei Sanitätern und einer sehr netten Polizistin“ in ihrer Wohnung im 18. Stock betreut worden. Als einzige, so die Gelsenkirchenerin weiter, habe sie bislang „ein Abschiedskärtchen hier oben für den Verstorbenen abgelegt. Blumen als letzter Gruß fehlten gänzlich – in dem Turm haben rund 350 Menschen ihr Zuhause. Allerdings: Der Brandbereich ist noch weiträumig abgesperrt.
>>Große Hitze lässt organische Stoffe ausgasen
Bei einem Brand bilden sich häufig Pyrolysegase. Pyrolyse bedeutet (griech.) Zersetzung durch Hitze. Beim starken Erhitzen zersetzen sich viele organische Stoffe zu brennbaren Gasen und Rauch (solange keine Zündung erfolgt). Methanol ist beispielsweise ein solches Pyrolysegas (Holzvergaser). In einer Wohnung gast etwa das Mobiliar aus, wenn die Temperatur durch ein Feuer steigt.
Wesentlicher Bestandteil von Pyrolysegasen ist Kohlenstoffmonoxyd (CO). Die Zündtemperatur liegt bei etwa 600 Grad Celsius.