Gelsenkirchen/Bochum. . 60 Prozent der Eingänge beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen betreffen das Asylrecht. Die Justiz hat sich auf diesen Ansturm eingestellt.

  • Seit 2014 hat sich die Zahl der Asylverfahren am Verwaltungsgericht mehr als verdreifacht
  • Im vergangenen Jahr landeten 12.759 Verfahren auf den Tischen der Richter
  • Zusätzliche fünfte Kammer beschäftigt sich allein mit Fällen syrischer Flüchtlinge

Je mehr Menschen aus Kriegsgebieten fliehen müssen und hier Zuflucht suchen, je häufiger müssen sich Richterinnen und Richter am Verwaltungsgericht mit den Folgen auseinandersetzen. Seit 2014 hat sich die Zahl der Asylverfahren mehr als verdreifacht.

Auf den Arbeitstischen der Verwaltungsjustiz landeten im vergangenen Jahr 12. 759 Verfahren. Dabei ging es um 7580 asylrechtliche Streitfälle. Im Jahr davor mussten die Kammern 3061 Asylverfahren, im Jahr 2014 nur 2387 Fälle bearbeiten. Die Eingangszahlen aus dem Vorjahr bedeuten, dass 60 Prozent allein das Thema Asylrecht betreffen. In den meisten Fällen muss das Gericht über Klagen von Flüchtlingen aus Syrien entscheiden. Sie haben so stark zugenommen, dass sich in diesem Jahr eine zusätzliche fünfte Kammer allein mit Fällen syrischer Flüchtlinge beschäftigt.

„Wir sind zur Bewältigung der Verfahrenszahlen sehr gut gerüstet“, sagt Präsident Bernhard Fessler. Im abgelaufenen Jahr konnte das Gericht 10. 152 Verfahren als erledigt melden und damit eine Erfolgssteigerung von 10,4 Prozent verzeichnen. Mehr als 40 Prozent der erledigten Fälle (4701) betrafen Asylverfahren. Hier war die Bearbeitungsquote des Gerichts mit einer Steigerung von 43,5 Prozent noch deutlicher.

Richterteam des Gelsenkirchener Verwaltungsgerichts wird aufgestockt

Das Team um Bernhard Fessler fühlt sich personell ausreichend ausgestattet. Sieben neue Proberichter entlasteten die Mannschaft, die in diesem Jahr noch um drei Richter aus der Zivilgerichtsbarkeit verstärkt wird. „Im Laufe des Jahres“, weiß Fessler, „sind weitere Neueinstellungen von Richtern geplant.“ Der Präsident hat sich auf einen Ansturm an Asylverfahren eingerichtet.

Die Verwaltungsrichter hoffen, auch in diesem Jahr strittige Fälle möglichst schnell erledigen zu können. In 2014 benötigten sie durchschnittlich elf Monate, in 2015 zehn und im vergangenen Jahr nur neun Monate. Die Laufzeit von Eilverfahren wollen die Richter nach einem Monat als erledigt melden.

Zunahme bei Dublin-Verfahren prognostiziert

Eine starke Zunahme erwartet Fessler bei den sogenannten Dublin-Verfahren. In denen wird nur entschieden, welches Erstaufnahmeland für die Bearbeitung des Asylverfahrens zuständig ist. „In kürzester Zeit“, so Fessler, „liegen in meiner Kammer bereits 100 Verfahren auf dem Tisch.“

Die Arbeit des Verwaltungsgerichts wird zwar in diesem Jahr zunehmen, dennoch schrumpfen die Aktenberge. Zwischen 60 und 80 Seiten mussten die Richter bisher pro Fall durchblättern. Jetzt werden die Schriftsätze vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge elektronisch übermittelt. Rechner auf den Richtertischen werden demnächst zur Grundausstattung gehören. Anwälte hinken noch hinterher. Sie sind erst ab 2018 verpflichtet, mit dem Gericht elektronisch zu kommunizieren. Hier und da aber nutzen Rechtsvertreter jetzt schon das elektronische Postfach.

Nachwuchsprobleme bei Richtern

Sieben Verwaltungsgerichte gibt es in Nordrhein-Westfalen. 19 Kammern mit 19 Vorsitzenden Richtern und 52 Richtern als Berichterstatter hat das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen. Gute Erfolgschancen bei eingereichten Klagen haben Flüchtlinge, die aus Syrien, Eritrea oder dem Iran stammen.

Die Gerichte in NRW haben Nachwuchsprobleme. In NRW konnten bei 500 Einstellungen nur 250 Richter beschäftigt werden, die auch ein Prädikatsexamen vorwiesen. Beim Oberverwaltungsgericht in Hamm verfügen nur noch 40 Prozent der Richter über den hochqualifizierten juristischen Abschluss.