Gelsenkirchen. . Der neue Lithotripter am Marienhospital Ückendorf erreicht nicht nur bisher unzugängliche Stellen. Die Nierensteine sind auch besser sichtbar.

  • Marienhospital setzt hochpräzisen Lithotripter der neuen Generation gegen Nieren- und Harnsteine ein
  • Für die Hälfte aller Fälle reicht eine halbstündige Behandlung mit dem 500 000 Euro teuren Gerät
  • Via Ultraschall kann der Einsatz des Nierensteinzertrümmerers lückenlos beobachtet werden

Sie sind winzig, extrem schmerzhaft und vier von Hundert Menschen leiden mittlerweile unter ihnen: Nieren- und Harnsteine. Am Marienhospital Ückendorf gibt es jetzt ein neues Gerät, das den Plagegeistern hocheffektiv und nebenwirkungsarm den Garaus bereiten kann: einen ESWL der neuesten Generation. ESWL steht für Extrakorporale-Stoßwellen-Lithotripsie.

Die Technik an sich ist nicht neu: Ein deutscher Medizingerätehersteller hat sie erfunden, schon seit den 1980er-Jahren wird sie eingesetzt. Anfangs allerdings musste unter Vollnarkose gearbeitet werden. Heute reicht ein Beruhigungsmittel und in einer halben Stunde ist es überstanden. Und während bei den älteren Geräten meist eine zweite Behandlung notwendig ist, bis die Steine auch wirklich zertrümmert sind, ist das nun nur in der Hälfte der Fälle nötig.

High Tech-Gerät ermöglicht sehr genaues Arbeiten

Die  endoskopische Aufnahme eines Harnsteines. Ob er sich zertrümmern lässt, hängt auch von der Dichte ab.
Die endoskopische Aufnahme eines Harnsteines. Ob er sich zertrümmern lässt, hängt auch von der Dichte ab. © Martin Möller

Das Besondere am Gerät an der Virchowstraße in der Urologie von Chefarzt Dr. Ulrich Rabs ist unter anderem der digitale Flachbilddetektor, der sehr genaues Arbeiten ermöglicht. Ein Silikonballon hilft, störende Luft zwischen Haut und Behandlungsgerät zu vermeiden, der Therapiekopf ist schwenkbar, ständige Ultraschallüberwachung möglich. Das Gerät ist zudem auch zulässig für Menschen mit bis zu 270 kg Gewicht.

Das ist auch nötig. Denn zwischen der Zunahme von Harn- und Nierensteinen und dem steigenden Gewicht der Menschen in Deutschland besteht ein direkter Zusammenhang, weiß Rabs. „Hoher Fleischkonsum fördert die Entstehung besonders“, warnt er. Insgesamt seien aber vor allem die Zusammensetzung der Ernährung und ausreichendes, über den Tag verteiltes Trinken entscheidend.

Alternativbehandlung mit Mini-Laserfasern

Der ESWL, im Volksmund Nierensteinzertrümmerer, ist allerdings bei Menschen, die Gerinnungshemmer nehmen, nicht einsetzbar. Zu groß ist die Gefahr starker Blutergüsse. Alternativen sind die Zerstörung durch Mini-Laserfasern mit einem Durchmesser unter 0,3 Millimetern oder die operative Entfernung, die heute eher durch Anbohren der Niere denn durch Schneiden praktiziert wird. Generell gilt: Steine ab zwei Zentimetern Durchmesser sind ESWL-ungeeignet.

Der Patient entscheidet, ob er abwarten will

Dr. Ulrich Rabs, Chefarzt der Klinik für Urologie, Kinderurologie und Urologische Onkologie am Marienhospital Gelsenkirchen, ist begeistert von dem neuen Gerät, lässt dennoch jedem die Wahl, zunächst zu versuchen, Nierensteine auf natürlichem Weg abgehen zu lassen.
Dr. Ulrich Rabs, Chefarzt der Klinik für Urologie, Kinderurologie und Urologische Onkologie am Marienhospital Gelsenkirchen, ist begeistert von dem neuen Gerät, lässt dennoch jedem die Wahl, zunächst zu versuchen, Nierensteine auf natürlichem Weg abgehen zu lassen. © Martin Möller

„Aber auch wenn wir die modernste Stoßwellen-Technik haben: Wir bieten jedem Patienten, bei dem es noch nicht zu Nierenstauungen gekommen ist, an, erst zu versuchen, den Stein auf natürlichem Weg abgehen zu lassen. Sie bekommen Schmerzmittel und harnwegserweiternde Medikamente und müssen viel trinken. Erst wenn nach zwei Wochen der Stein noch da ist, greifen wir ein. Der Patient entscheidet, ob er das versucht“, verspricht Ulrich Rabs. In Zeiten von Digitalmedizin keine Selbstverständlichkeit: Moderne Technik ist teuer und medikamentöse Behandlung bringt dem Krankenhaus deutlich weniger ein.

Schon 50 Patienten mit neuem Gerät behandelt

Rund 500 000 Euro kostet das neue Gerät, das vom Hersteller auf Wunsch des Hauses nachträglich noch mit Flachbilddetektoren aufgerüstet wurde. 50 Patienten wurden im Marienhospital Ückendorf bislang damit behandelt worden. Mit ihm sind auch Steine im unteren Harnleiterbereich erreichbar, was mit den alten Geräten häufig nicht möglich war. Zudem arbeite es schonender. Für Patienten, die Gerinnungshemmer brauchen, ist es trotzdem nicht geeignet.