Gelsenkirchen. Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Gelsenkirchen fordert die Einrichtung eines Ausschusses für Sicherheit, Ordnung, Anregungen und Beschwerden.
- Die politische Forderung der CDU resultiert aus vielen Gesprächen mit Bürgern
- Die Ratsfraktion glaubt, dass der neue Ausschuss ein Teil der Lösung ist
- Großes Interview mit dem Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Heinberg
Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Gelsenkirchen fordert die Einrichtung eines neuen Ausschusses. Im Interview mit der WAZ vor dem Beginn der ersten Haushaltslesung am Donnerstag sagte ihr Vorsitzender Wolfgang Heinberg (55): „Wir glauben, dass dieser Themenbereich ein entsprechendes Gewicht hat. Wir arbeiten an Lösungen und glauben, dass dieser Ausschuss für Sicherheit, Ordnung, Anregungen und Beschwerden ein Teil der Lösung ist.“
Heinberg vermisst im Grunde einen „institutionalisierten Platz“ für derlei Themen und Anliegen, um sie auf der Ebene der Politik mit der entsprechenden Aufmerksamkeit behandeln zu können. Dazu gehören für den Unionspolitiker inhaltliche Bereiche wie beispielsweise die formale Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes in Gelsenkirchen, die öffentliche Sicherheit oder auch der Katastrophenschutz.
Stadtteil nicht wiederzuerkennen
Die Erkenntnis, einen neuen Ausschuss für genau diese Themen einzurichten, ziehen die Christdemokraten aus den „vielen, vielen Gesprächen auch mit Senioren“ über diese Themen. Wolfgang Heinberg: „Sie erzählten uns zum Teil mit Tränen in den Augen, dass sie ihren Stadtteil, in dem sie leben, nicht wiedererkennen würden.“ Außerdem würden sie berichten, dass sie sich kaum noch oder gar nicht mehr trauen würden, ihre Wohnungen zu verlassen.
Um diesen neuen Ausschuss mit der notwendigen Kenntnis und Kompetenz zu versehen, soll er zusätzlich mit einem Beirat ausgestattet werden. „Wir als CDU stellen uns vor, an dieser Stelle die Präventionsräte aufzuwerten“, nannte Wolfgang Heinberg der WAZ einen Lösungsansatz. Die Sprecher und ihre Stellvertreter sollten diesen Beirat bilden, weil so auch konkrete Informationen aus den einzelnen Gelsenkirchener Ortsteilen in die Ausschussarbeit einfließen könnten.
Einen weiteren Vorteil für den Ausschuss für Sicherheit, Ordnung, Anregungen und Beschwerden erkennt der Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten darin, dass „so auch die Inhalte der anderen Ausschüsse abgespeckt und an dieser Stelle gebündelt werden können“. Als Beispiel nannte Heinberg etwa den Bereich der Städtischen Feuerwehr. „Der taucht inhaltlich immer im Haupt-, Finanz-, Beteiligungs- und Personalausschuss auf. Die Wichtigkeit der Feuerwehr steht auch gar nicht zur Debatte. Aber über die Anschaffung neuer Spritzenwagen und Gerätschaften kann die Politik auch an anderer Stelle entscheiden.“
CDU sieht ihr Drängen bestätigt
Herr Heinberg, wenn Sie als CDU-Fraktionsvorsitzender in der WAZ verfolgen, dass die Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit zwischen der Stadt und dem Polizeipräsidium deutlich ausgebaut werden, was denken Sie darüber?
Wolfgang Heinberg: Dann denke, ich dass das Drängen der CDU-Ratsfraktion in den letzten 12 bis 14 Monaten Früchte getragen hat. Ich denke auch, dass diese Zusammenarbeit gut und wichtig ist.
Finden Sie an der Stelle konkrete CDU-Positionen wieder?
Ja. Denn wir hätten mit Blick auf die Stadtplanung für den Bereich der Kriminalprävention genau das in den Haushaltsberatungen gefordert: die Einrichtung einer solchen Stelle, wie sie jetzt von einer Kriminalkommissarin, die auch Architektin ist, ausgefüllt wird.
Damit sehen Sie und die CDU einer sicheren Zukunft in Gelsenkirchen entgegen?
Nein, das ist ein wichtiger Schritt, ein Einstieg, wie gesagt, aber es geht ja noch weiter. Was, beispielsweise, ist mit den real existierenden Situationen?
Damit sprechen Sie konkret was an?
Die Angsträume, subjektiver oder objektiver Art, die es bereits gibt. Wenn Senioren uns sagen, dass sie sich an bestimmten Stellen in der Stadt nicht mehr auf die Straße trauen, dann ist das kein gutes Signal. Außerdem fordern wir an dieser Stelle auch eine stärkere Beteiligung der Politik über den Rat.
Die wie aussehen soll?
Wie ich es gerade skizzierte. Die Ansätze für eine Sicherheitspolitik dürfen nicht auf Fantasien beruhen, sondern auf den Rückmeldungen der Bürgern. Dieses Thema gehört unserer Auffassung nach umfänglich in die Beratung mit der Politik.
Am Donnerstag steht die erste Lesung des Haushaltes auf dem Programm. Welche Kernthemen stellt die CDU in den Mittelpunkt?
An unserer Themensetzung hat sich nichts verändert. Da sind die Bereiche Wirtschaft mit Arbeit und Ausbildung als Dreh- und Angelpunkt sozialer Themen. Das ist die innere Sicherheit, wenn Sie so wollen. Da gehen SPD und Verwaltung in CDU-Richtung. Und da ist das Thema Infrastruktur. Da geht es darum, Voraussetzungen zu schaffen, um gutes Leben und Arbeiten in der Stadt zu ermöglichen.
Wenn sich der Blick auf die wirtschaftliche Situation Gelsenkirchens richtet, welche Vorschläge hat die CDU?
Wir haben Ideen, um die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern, die innerhalb ihrer bestehenden Möglichkeiten einen guten Job machen.
Das müssen Sie näher ausführen.
Gerne. Wir schauen an dieser Stelle vor allem auf die mittleren und kleinen Betriebe und wollen einen Aktionsplan aufstellen. Dabei soll es sich um ein Gründerprogramm für Unternehmen auch mit digitaler Ausrichtung handeln. Wir dürfen nicht nur vom Strukturwandel reden, wir müssen ihn auch aktiv begleiten. Wir müssen die Rote Laterne auf dem Arbeitsmarkt abgeben. Wir müssen weg von 15 Prozent Arbeitslosigkeit und uns an dieser Stelle um zwei Prozent verbessern. Auf das Niveau unserer Nachbarstädte.
Was die CDU wie erreichen möchte?
Indem wir Grundlagen legen. Dazu gehört neben dem Start-up-Programm auch die weiterhin bestehende Forderung nach einem erfolgreichen Übergang von der Schule in den Beruf mit der Einrichtung eines Kompetenzzentrums.
Herr Heinberg, zum großen Komplex Infrastruktur gehört neben den Straßen auch der Bereich Leben in Gelsenkirchen. Da stellte die Union im letzten Jahr die Forderung auf, die Eigentümerquote zu erhöhen. Gibt es die immer noch?
Ja, die gibt es. Die Eigentumsquote liegt bei 22 Prozent und ist damit viel zu niedrig. Wir müssen es schaffen, diese Quote auf Mitte Ende 30 Prozent zu erhöhen.
Das ist ein sehr ambitionierter Wunsch. Wie will die CDU das erreichen vor dem Hintergrund, dass sich das ja auch jemanden leisten können muss?
Wir haben ja nicht unendlich viele Flächen. Aber unsere Nachbarstadt Gladbeck macht uns das gerade vor. Da entsteht preiswertes Wohneigentum für junge Familien, so etwas muss doch auch bei uns in Gelsenkirchen gehen. Das ist übrigens auch eine Form positiver Stadtentwicklung und präventiver Standortpolitik, die wir als Christdemokraten viel stärker berücksichtigt sehen möchten. Wir werden bis zur zweiten Lesung des Haushaltes im November einen entsprechenden Prüfauftrag stellen.
Gespräche mit der SPD
Wie sieht die Grundtendenz der CDU in diesem Jahr aus? Die SPD hat Ihrer Fraktion gerne schon mal den Vorwurf gemacht, eine Fundamentalopposition zu betreiben. Also im Prinzip gegen alles zu sein, was die Genossen vorschlagen.
Dr. Pruin (Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Anm. der Red.) hat zu Gesprächen eingeladen. Diese Einladung werden wir annehmen.
Mit welcher Vorgabe?
Nicht mit der Vorgabe, eigene Positionen aufzugeben. Aber mit der Vorgabe, im Interesse der Stadt zu handeln, wo es geht. Ich träume von möglichst vielen CDU-Positionen im Haushalt der Stadt.
Da gibt es ja den Vorwurf aus Reihen der SPD, dass die Union mit ihren Forderungen in Sachen Sicherheitspolitik den rechten Rand in Gelsenkirchen stärkt.
Wir arbeiten so, dass es rechts von uns keine demokratische Alternative gibt. Die SPD sollte das so machen, dass es links von ihr nichts gibt. Wir vertreten bürgerliche, konservative und christlich-soziale Positionen. Wir müssen die Sorgen und Hoffnungen der Menschen ernst nehmen. Wir müssen uns den Diskussionen stellen, aber wir müssen nicht dem Ruf der Straße und der Stammtische hinterher rennen. Wir haben Prinzipien. Das verändert sich nicht.