Gelsenkirchen. . Bundespolizei verzeichnete im Vorjahr 48 Fälle von Trick- und Taschendiebstahl in und am Hauptbahnhof Gelsenkirchen. Aber: Revier ist nicht ständig besetzt.
- Bundespolizei registriert im Vorjahr 48 Fälle von Diebstähle am und im Hauptbahnhof Gelsenkirchen
- Bis Ende August sind jetzt 13 Fälle aufgelaufen, dazu kommen jeweils dreimal Raub und illegales Graffiti
- Dunkelziffer an Straftaten ist womöglich höher. Revier ist durch „Fremdverwendung“ oftmals unbesetzt
Zahlen sind trügerisch. Während der bundesweit starke Anstieg von Taschen- und Trickdiebstählen in Bahnhöfen und Zügen um 25 Prozent auf 44 800 für ein weit hörbares Medienecho sorgt und der Debatte um die innere Sicherheit neuen Zündstoff verleiht, zeichnen die Fälle in Gelsenkirchen ein vermeintlich friedvolleres Bild.
„Wir haben im Vorjahr 48 Taschen- und Trickdiebstähle registriert“, sagte Volker Stall, Sprecher der Bundespolizei. Bis Ende August 2016 seien 13 Fälle aufgelaufen, „im gleichen Zeitraum 2015 waren es da schon 35“. Dazu kommen 2015 dreimal Raub (2016 bis Juli: drei) und bis Ende August 2016 noch drei Fälle von Graffiti (2015: drei). Also alles halbwegs schiedlich friedlich?
„Nein“, sagt Stall. Für ihn signalisieren die Zahlen, dass die Bundespolizei nicht präsent genug ist. Denn nach wie vor ist das Revier „zu gewissen Zeiten nicht besetzt“, weil die Beamten Streife laufen, in Zügen mitfahren und — eher die Regel als die Ausnahme – an anderen Einsatzorten aushelfen.
Mehrere Faktoren verwässern die Statistik
Das können der Bahnhof in Haltern am See sein, aber auch die Flughäfen München und Frankfurt oder gar die deutsche Grenze in Rosenheim. Hört man sich bei Bundespolizisten um und fragt die Gewerkschaft der Polizei (GdP), so ist das Bild der Personallage eines, das Ängsten eher mehr Nahrung gibt als dass es sie beseitigt: „14 Kräfte müssen an Wochenenden oft das Ruhrgebiet abdecken“, heißt es aus kundiger Quelle. Jürgen Lipke, Sprecher der GdP Westfalen-Ruhr, bestätigt dies: „Die Zahlen stimmen, wir sind personalgeschwächt.“ Heißt: Straftäter haben Zeit, bis die Bundespolizei auf den Plan tritt.
Es gibt noch andere Faktoren, die die Statistik verwässern. Eine unbesetzte Gelsenkirchener Wache (Bochumer Straße 4) führt im besten Fall dazu, dass die Straftat telefonisch in Dortmund aufläuft und in die dortige Statistik einfließt. Oder, falls die Polizei Gelsenkirchen zur Hilfe eilt, der Fall in ihren Unterlagen geführt wird. Im schlechtesten Fall bleibt mangels direktem Ansprechpartner eine Anzeige aus.
Unbesetzte Reviere
Das bedeutet, dass die Dunkelziffer hoch sein könnte. Zum Vergleich: Die Rückkehr der Bundespolizei in den Essener Hauptbahnhof führte in 2015 zu 2500 gemeldeten Straftaten (Gros: Diebstahl, Schwarzfahren), 2016 waren es bisher 1432 – die Hochsaison für Diebstähle kommt aber erst noch. Stall sagt: „Präsenz führt dazu, dass das Anzeigeverhalten zunimmt.“
An Wochenenden werden die zwei größeren Reviere der Bundespolizei – Essen und Dortmund, besetzt, kleinere Einheiten wie Gelsenkirchen, Hagen, Bochum und Recklinghausen bleiben nach WAZ-Informationen geschlossen. Die GdP rechnet damit, dass zusätzliche Kräfte, wenn überhaupt, erst an Flughäfen eingesetzet werden, nicht an Bahnhöfen. Ihren Angaben nach wird jeder zweite Beamte im Dienst innerhalb eines Jahres einmal verletzt. Eine Anfrage dieser Redaktion beim Bundesinnenministerium in Berlin und bei der Bundespolizeizentrale in Potsdam blieb unbeantwortet.