Gelsenkirchen. Die 44-Jährige Preisträgerin, deren Wiege im Norden Marokkos stand, ist „Brückenmutter“ und Integrationshelferin. Einen Ehrenpreis erhielt Venetia Harontzas.
- Zum 9. Mal wurde der Preis für ehrenamtliches Engagement von Migrantinnen für Migranten vergeben
- Die in Marokko geborene Ilham Aissaoui lebt seit Ende der 1990er Jahren in Gelsenkirchen
- NRW-Lantagspräsidentin Carina Gödecke adelte Venetia Harontzas als „Midgradonna h.c.“
Ilham Aissaoui sitzt mitten im festlich gestimmten, von Frauen dominierten Publikum. Sie klatscht, sie lauscht, sie lächelt. Eine Festrede, einen Kulturbeitrag und eine Laudatio später steht sie schließlich selbst auf der Bühne und lächelt wieder herzlich und bescheiden: Ilham Aissaoui (44) ist Migradonna 2016, die neunte Trägerin der Auszeichnung für ehrenamtliches Engagement von Frauen für Frauen mit Migrationshintergrund.
Die Migradonna, das ist nicht irgendein Preis. Die Migradonna, sagt Gleichstellungsbeauftragte Gaby Schäfer eingangs, habe einen einzigartigen Stellenwert. „Es gibt in NRW sicher nichts Vergleichbares. Der Preis für starke Frauen, die sich der Migrationsarbeit widmen, steht Gelsenkirchen mit seiner bunten Stadtgesellschaft gut zu Gesicht.“
Gödecke: „Ehrenamt ist die Seele dieser Gesellschaft“
Wertschätzung erfährt die Preisverleihung am Freitagabend im Kulturraum „die flora“ auch durch die Festrednerin. NRW-Landtagspräsidentin Carina Gödecke ist gekommen, die sich mit Worten vor den leisen Leistungen uneigennützig tätiger Menschen verneigt: „Das Ehrenamt ist die Seele dieser Gesellschaft, ein freiwilliges Geben, ein Geschenk.“
Vor einer Frau und ihrer Lebensleistung – wozu die Erfindung der Migradonna gehört – verneigen sich Gödecke und die Menschen im Saal namentlich: „Wenn es eine starke Frau in Gelsenkirchen gibt, dann ist es Venetia Harontzas.“ Die „Mutter“ des Lalok Libre mit dem Lebensmotto „Du hast keine Chance? Nutze sie!“ wird zur Migradonna h.c. (ehrenhalber) ernannt. Fein gemacht hat sich die Kämpferin für Benachteiligte mit fremden Wurzeln heute. Und sagt ins Mikrofon: „Ich frage mich, bin ich Deutsche, bin ich Griechin? Ich denke, ich bin Europäerin.“ Und als solche zieht sich Harontzas aus dem Veranstalterinnen-Team des Preises zurück und will sich neuen Aufgaben widmen.
Selbsthilfegruppe „E.F.A.“ gegründet
Bürgermeisterin Martina Rudowitz übernimmt dann nach einem filmischen Rückblick über die Preisverleihungen eins bis acht und Musik mit dem Evren-Sel-Chor in ihrer Laudatio die Aufgabe, das bis dahin wohl best gehütete Geheimnis Gelsenkirchens zu lüften.
Das trägt den Namen der 1972 in Marokko geborenen Ilham Aissaoui, die seit der Einschulung ihres Sohnes in die Wiehagen-Schule so richtig durchstartete: Sie wurde „Brückenmutter“, brachte zugewanderte Eltern und deren Kinder mit der Schule ins Gespräch, stellte Verständnis her, organisierte, informierte, begleitete. 2008 kam die heute 44-Jährige erstmals in Kontakt zu Kriegsflüchtlingen aus dem Irak, die ihre Muttersprache sprachen. Aissaoui machte sich ehrenamtlich auf den Weg, um zu helfen. Gleichzeitig nahm sie an Schulungen und Fortbildungen teil, um ihr Engagement mit noch mehr Wissen zu untermauern. 2013 wurde sie Integrationsvermittlerin. 2015 gründete Ilham Aissaoui die Selbsthilfegruppe „Engagierte Frauen für Asylantinnen“ (E.F.A).
Statt einer Figur git es eine Collage von Ahang Nakhaei
Martina Rudowitz sagt über die Preisträgerin: „Wer Ilham Aissaoui kennt, ist überwältigt von ihrem Charme, von ihrer Offenheit und ihrer Freundlichkeit. Sie ist in der Lage, unterschiedlichste Geister an einen Tisch zu bringen und vorurteilsfrei allen zu begegnen.“ Eine echte Migradonna eben. Und für sie gibt es erstmals keine Figur, sondern eine Collage der Künstlerin Ahang Nakhaei, die selbst aus dem Iran stammt und in der „flora“ dabei ist. „Sie weiß, was es bedeutet, sich frei zu strampeln“, meint Bürgermeisterin Rudowitz. Und dann gibt Moderatorin Sümeyye Algan die Bühne frei für Comedian Senay Duzdu.