Gelsenkirchen. Angegriffene Helfer von Gelsenkirchener Rettungsdienst sollen Patientin als “fette Sau“ bezeichnet haben. Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung.
- Angriff auf Rettungswagen-Besatzung ist laut Polizei kein willkürlicher Angriff gewesen
- Rettungskräfte gehören nicht der Gelsenkirchener Feuerwehr sondern eingebundenem Rettungsdienst an
- In Gelsenkirchen gab es bislang noch nie Übergriffe – anders als beispielsweise bei der Polizei
Die Fassungslosigkeit über den Angriff auf zwei Rettungssanitäter in der Nacht zu Sonntag ist noch immer nicht gewichen. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse, wieso es zu diesem bislang einmaligen Vorfall in Gelsenkirchen kommen konnte.
Rettungskräfte arbeiten bei eingebundenen Rettungsdienst
Nach Angaben von Polizeisprecher Olaf Brauweiler hat es sich „nicht um einen willkürlichen Angriff mangels Respekts vor den Einsatzkräften gehandelt“. Die beiden Sanitäter, 25 und 26 Jahre alt und in Diensten eines eingebundenen Rettungsdienstes, sollen sich in einem unbeobachteten Moment „über das Gewicht und die Körperausmaße“ der Patientin despektierlich geäußert haben. Was für eine „ehrverletzende Äußerung“ dabei gefallen ist, gab die Polizei nicht bekannt.
Aus gut informierten Kreisen hieß es dazu, die Patientin sei als „fette Sau“ bezeichnet worden. Das macht die Sache zwar nicht besser, könnte aber zumindest die Motivlage erklären.
Schutzwesten und Pfefferspray hätten im Rettungsdienst nichts zu suchen
Gegen einen Tatverdächtigen, einen gebürtigen Gelsenkirchener (25) mit kosovarischer Staatsangehörigkeit, wird nun wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Er soll mit zwei weiteren Familienangehörigen auf die Rettungssanitäter eingeschlagen und getreten haben. Nach Angaben der Polizei ist ihre Identität noch unklar, man sei aber zuversichtlich, diese Frage schnell klären zu können.
Bei der Feuerwehr hat die Attacke laut Sprecher Simon Heußen „einen Schock“ ausgelöst. Bislang habe es so einen Übergriff noch nie gegeben – anders als beispielsweise bei der Polizei. „Rettungskräfte genießen höchste Anerkennung und höchsten Respekt“. Heußen betonte, dass die Retter der Feuerwehr zwar fassungslos seien, nicht aber verunsichert. Auch von Maßnahmen über das Deeskalationstraining und rudimentäre Selbstverteidigungstechniken hinaus wollte der Sprecher nichts wissen: „Schutzwesten und Pfefferspray haben im Dienst nichts zu suchen.“
Noch keine Angriffe auf Helfer von DRK und Johanniter in Gelsenkirchen
Aufgeschreckt hat der Vorfall auch andere Hilfsorganisationen. Johannes Heinrich (DRK) und Björn Röder (Johanniter) zeigten sich betroffen, konnten „glücklicherweise aber von ähnlichen Attacken nicht berichten“. Verbale Angriffe, insbesondere wenn Alkohol und Drogen im Spiel sind, habe in der Regel jeder Sanitäter schon mal hier erlebt, tätliche Angriffe hingegen nicht. Gleichwohl stellten beide fest: „Das Klima ist rauer geworden, die Hemmschwelle und der Respekt nehmen leider ab, das beginnt schon in der Schule.“
Geringe Aussicht auf Strafe - ein Kommentar von Nikos Kimerlis
Es ist nicht so lange her, da sahen sich Polizeibeamte in Gelsenkirchen in dichter Abfolge tätlichen Attacken ausgesetzt. Folgt nun eine weitere Eskalationsstufe? Wohl nicht, es handelt sich um einen Einzelfall. Feuerwehr wie auch DRK, Malteser und Johanniter, um einige zu nennen, stellen sich in den Dienst am Menschen. Dafür verdienen sie großen Respekt und Dank.
Ein Übergriff wie dieser ist ein absolutes Unding. Das muss geahndet werden. Vermutlich wird das aber schwer. Die Aussicht auf eine Strafe dürfte bei einer Konstellation Aussage-gegen-Aussage eher gering sein.