Gelsenkirchen. Das Vaillant-Werk in Gelsenkirchen wird im März 2018 geschlossen. Jetzt klagen über 70 Beschäftigte vor dem Arbeitsgericht gegen ihre Kündigungen.
- 200 Beschäftigte verlieren bei Vaillant in Erle bis 2018 ihren Arbeitsplatz
- 58-Jährige fühlen sich beim Interessenausgleich benachteiligt
- Der Betriebsrat glaubt: Unsere Mitarbeiter werden in Remscheid benötigt
„Wer zur Vaillant Group kommt, der bleibt“. Diese Firmenphilosophie gilt wohl nicht für Gelsenkirchener Mitarbeiter des renommierten Unternehmens für Heiz- Lüftungs- und Klimatechnik. Etwa 200 Beschäftigte verlieren ihren Arbeitsplatz. Schrittweise endet nach dem Willen des Managements die Produktion in Gelsenkirchen. Im März 2018 ist endgütig Schluss. Für viele Mitarbeiter ist das Kapitel noch nicht abgeschlossen. Über 70 Beschäftigte klagen vor dem Arbeitsgericht gegen ihre Kündigungen.
Kollegen machen Überstunden
Es geht bei der Massenentlassung vor allem darum, ob der Arbeitgeber die richtige Sozialauswahl getroffen hat. Rechtsvertreter der Kläger halten sie für fehlerhaft. Bis zum März 2018 sind die Kündigungen in verschiedenen Etappen ausgesprochen worden. Katharina Kurowski ist eine der zahlreichen Kläger. Die 56-Jährige, die seit über zwei Jahrzehnten bei Vaillant arbeitet, hat Eigentum erworben, sieht für die Zukunft Schwierigkeiten, über die Runden zu kommen.
Sie würde auch täglich zum Hauptsitz nach Remscheid fahren, doch eine Stelle ist ihr nicht angeboten worden. „Das ist unsere Firma, wir fühlen uns als große Familie. Warum sollen wir bezahlen, damit dass Unternehmen noch profitabler wird.“ Benachteiligt fühlen sich vor allem ältere Mitarbeiter ab 58, denen beim Interessenausgleich der Sockelbetrag von 14.000 Euro, den jüngere Jahrgänge erhalten, nicht gezahlt wird.
Seit 28 Jahren bei Vaillant beschäftigt
Mit dem Programm „fit for growth“ will Vaillant die Erfolgszahlen noch weiter verbessern. Der Druck für die Arbeitnehmer in Gelsenkirchen ist derzeit besonders groß. Betriebsratsmitglied Timo Pfender spricht von verzweifelten Kollegen, die zahlreiche Überstunden leisteten und Kollegen aus Remscheid anleiteten, die demnächst ihre Arbeitsplätze einnehmen werden. Der enorme Auftragsdruck führe dazu, dass Kollegen 500 Euro als Motivationsprämie monatlich zusätzlich nur für ihre Anwesenheit erhielten. Mitarbeiter werfen ihrem Arbeitgeber vor, in Remscheid viele Leiharbeitnehmer zu beschäftigen, während in Gelsenkirchen Spezialisten zur Verfügung stehen.
Betriebsratsvorsitzende Yasemin Rosenau ist seit 28 Jahren bei Vaillant beschäftigt. Sie kritisiert, dass ihr Arbeitgeber nur die Maschinen sehe, die nach Remscheid wechseln, aber nicht die Menschen. „Wir gehen davon aus, dass Mitarbeiter aus Gelsenkirchen auch in Remscheid benötigt werden.“
Die streitenden Parteien haben jetzt Zeit, dem Gericht ihre jeweiligen Argumente zu verdeutlichen. So muss der Arbeitgeber darstellen, wann er welche Unternehmensentscheidung über die Standortfrage getroffen hat, weshalb die Beschäftigung wegfällt, warum er keinen Ersatzarbeitsplatz am Standort Remscheid angeboten hat. Auch erwartet das Gericht eine detaillierte Schilderung darüber, nach welchen Kriterien er bei den Kündigungen die Sozialauswahl getroffen hat. Die Kläger müssen erläutern, wie sie sich eine Weiterbeschäftigung vorstellen. Ab Januar werden sukzessive in den jeweiligen Kammern die Entscheidungen verkündet.