Gelsenkirchen. Eine Türkische Delegation aus Büyükçekmece besuchte die Partnerstadt Gelsenkirchen. Bürgermeister Dr. Hasan Akgün hofft auf einen intensiven Austausch Jugendlicher.

  • Die Städtepartnerschaft mit Büyükçekmece wird auch von den Bürgern in Gelsenkirchen gelebt
  • Bürgermeister will Schwerpunkte auf den Jugendaustausch setzen
  • Sekretärin beeindruckt die Offenheit der Menschen in Gelsenkirchen

Bunte Blumensträuße stehen auf jedem Tisch im Ratssaal, türkische und deutsche Fahnen dokumentieren die Freundschaft zwischen beiden Städten. 30 Gäste aus Büyükcekmece sind zu Besuch in ihrer Partnerstadt. OB Frank Baranowski zeigt sich bei seiner Begrüßung von Freunden besonders erfreut, vor allem aber erleichtert. Denn so ganz selbstverständlich wie bei vorherigen Besuchen war die Visite der türkischen Delegation diesmal nicht.

Besuch in schwierigen Zeiten

Auch der OB hatte sich erschrocken gezeigt über die Nachrichten aus der Türkei und sich gefragt, ob die politische Situation Auswirkungen auf die seit 13 Jahren bestehende Partnerschaft haben könnte. Frank Baranowski sieht den Besuch in dieser schwierigen Zeit in der Türkei als Beweis, wie verwurzelt die Partnerschaft sei, die so viele Menschen bereichert und zum beruflichen wie auch persönlichen Austausch geführt habe. Die enge Verbindung hätte Menschen zueinander geführt, die sich wohl nie begegnet wären. Der OB ließ keinen Zweifel an der Stabilität der Partnerschaft, die eben nicht nur von offiziellem Charakter geprägt sei, sondern von Bürgern gelebt werde, die neue Freunde gefunden hätten. Zum Wohle der Stadt und im Interesse vieler junger Menschen sieht er eine lange Zukunft und einen lebhaften Austausch zwischen Bosporus und Emscher. Er verglich den Bau der neuen Brücke am Bosporus mit dem stabilen Bauwerk Partnerschaft. Diese habe längst als Brücke bei den freundschaftlichen Begegnungen von Menschen beider Städte bestanden. Er gibt Dr. Hasan Akgün, dem Bürgermeister von Büyükcekmece, Wünsche der Partner mit auf den Weg nach Hause: dass sich die politische Lage stabilisiere, die Menschen im demokratische Staat in Frieden und Versöhnung leben könnten.

Im Ratssaal des Hans-Sachs-Hauses empfing die Stadt Gelsenkirchen eine Delegation aus der türkischen Partnerstadt Büyükcekmece.
Im Ratssaal des Hans-Sachs-Hauses empfing die Stadt Gelsenkirchen eine Delegation aus der türkischen Partnerstadt Büyükcekmece. © Foto: Martin Möller / Funke Fot

Dr. Akgün sieht die Partnerschaft ähnlich stabil, geht in seiner Rede auch auf die jüngsten Ereignisse in der Türkei ein. Gefestigt wie die Städtepartnerschaft habe sich auch seine Regierung gezeigt, der es gelungen sei, in nur acht Stunden einen Putschversuch von Terroristen niedergeschlagen zu haben. „Danach war die Sache erledigt.“ Er sieht im politischen Handeln seines Landes weitere Parallelen zur Partnerschaft. Das wichtigste sei es, zusammenzustehen und Stärke zu zeigen. Eine Übereinstimmung mit deutschen Prinzipien erkennt der Bürgermeister auch in der Trennung von Staat und Religion. Bei dem Putschversuch habe es sich um eine religiöse Terrorgruppe gehandelt, die man schnell zur Seite drängen werde. Auch die PKK sieht der Politiker als terroristische Partei, die selbst in Deutschland operiere. Er bat die Stadtvertreter, auch diese Gruppe zu beobachten. In der Partnerschaft möchte Dr. Akgün weitere Schwerpunkte auf die Jugend setzen, den Austausch und persönliche Begegnungen fördern. Das Verhältnis beider Städte zueinander habe auch in der Bevölkerung an Bedeutung zugenommen. „Mittlerweile“, ist der erste Bürger der Stadt sicher, „kennt ganz Büyükcekmece die Stadt Gelsenkirchen.“ Dem Rathauschef liegt der weitere gegenseitige Besuch möglichst Tausender von Kindern besonders am Herzen. Der Austausch zwischen Schulen und Clubs zeige, wie stark die Verbindung beider Städte ist. Er wünschte den Partnern eine lange Freundschaft.

Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (li.) erhält von seinem türkischen Amtskollegen Dr. Hasan Akgün, Bürgermeister von Büyükcekmece, einen handgefertigten Samowar.
Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (li.) erhält von seinem türkischen Amtskollegen Dr. Hasan Akgün, Bürgermeister von Büyükcekmece, einen handgefertigten Samowar. © Foto: Martin Möller / Funke Fot

An ständiger Erinnerung an den jeweiligen Städtepartner sollte es bei beiden Stadtoberhäuptern dank gegenseitiger Gastgeschenke nicht mangeln. OB Frank Baranowski kann sich im Büro demnächst den Tee aus einem reich verzierten Samowar servieren lassen, sein Amtskollege Dr. Hasan Akgün den Anblick des Gelsenkirchener Blaus im Kunstdruck Werner Ruhnaus genießen.

Saubere Stadt mit viel Grün

Eine bessere Stütze bei der Verständigung mit dem deutschen Partner hätte sich Bürgermeister Dr. Hasan Akgün gar nicht aussuchen können. Zum dritten Mal reiste seine Sekretärin Esin Mevsim Kiroglu mit nach Gelsenkirchen. Die 48-Jährige spricht fließend Deutsch, kam mit vier Jahren nach Bad Soden im Taunus. „Dort bin ich direkt nach unserem Umzug nach Deutschland in den Kindergarten gegangen.“ Zu Hause türkisch gelernt und bei den Erziehern deutsch gesprochen, das habe wunderbar funktioniert. Nach dem Realschulabschluss ist Esin Mevsim Kiroglu in die Türkei zurückgekehrt, obwohl sie zunächst lieber in Deutschland bleiben wollte. Sie hat als Stewardess gearbeitet, ist mittlerweile seit 22 Jahren bei der Stadtverwaltung beschäftigt. In Gelsenkirchen schätzt sie die Offenheit der Menschen, ist erstaunt über das viele Grün und die Sauberkeit. Und was hat sie besonders beeindruckt? „Am besten haben mir Schloss Horst und die Zoom- Erlebniswelt gefallen. Ich finde es gut, dass die Tiere in den schönen Anlagen viel Bewegungsfreiheit genießen.“ Sie freut sich schon auf den nächsten Besuch und neue Entdeckungen in der Stadt. Manchmal vermisst sie ihre zweite Heimat in Hessen. „Vielleicht“, so räumt sie ein, „kommt bald auch die Sehnsucht nach Gelsenkirchen dazu.“

Als Dolmetscher im Einsatz

Auch Fatih Yolcu ist ein wichtiger Begleiter der türkischen Delegation. Der 25-Jährige arbeitet im städtischen Amt für internationale Beziehungen. Er spricht beide Sprachen perfekt, hat 15 Jahre in Mühlheim am Main gelebt. „Als wir nach Deutschland kamen, war ich erst drei Monate alt. Ich besuchte den Kindergarten und die Schule bis zur 7. Klasse, spielte acht Jahre im Fußballverein. Dann zogen wir wieder zurück in die Türkei.“ Der 25-Jährige räumt ein, dass er in den ersten beiden Jahren in seiner türkischen Heimat Schwierigkeiten hatte, sich zu akklimatisieren. Doch sein schulischer Weg war schnell von Erfolg geprägt. Er machte sein Abi, wurde an der pädagogischen Fakultät der Uni in Istanbul zum Deutschlehrer ausgebildet. Ein Jahr übte er den Beruf in der Stadtverwaltung aus, ehe er ins Amt für internationale Besuche wechselte. Dort ist er seit 18 Monaten als Dolmetscher im Einsatz, begleitet die Delegation auf Reisen in die Partnerstadt. In Gelsenkirchen ist er zum ersten Mal, hat die Stadt bei einer Rundfahrt kennengelernt, war beim Einkaufsbummel und hat die künstliche Schneepiste in Bottrop bestaunt. Es wird nicht sein letzter Besuch gewesen sein. „Beim nächsten Mal“, so hofft er, „bin ich sicher wieder dabei. Ich möchte noch mehr von der Stadt sehen.“