Gelsenkirchen. Bis zu 700 Menschen sind täglich im Gerichtszentrum. Der Kantinenpächter wollte 150 Essen ausgeben. „Geschafft haben wir 80“, sagt er – und gibt auf.

  • Primus Service GmbH hatte voller Optimismus den Kantinenbetrieb im neuen Gerichtsgebäude übernommen
  • Kalkuliert hatte der Pächter täglich 150 Essen, tatsächlich verkauft wurden aber lediglich 80
  • Vier Mitarbeiter erhielten die Kündigung und hoffen nun auf Übernahme durch einen Nachfolger

Mit vitaler, frischer und delikater Kost wollte der Kantinenpächter die Mitarbeiter im neuen Justizzentrum verwöhnen. Jetzt hat der Betreiber, die Primus Service GmbH, nach fünfeinhalb Monaten das Handtuch geworfen.

Ab Montag bleibt die Küche kalt. Die Justizbeamten waren froh, endlich warmes Essen angeboten zu bekommen. Nur über Automaten konnten sie sich vor dem Umzug der beiden Amtsgerichte, des Sozial- und Arbeitsgerichts mit Snacks und Getränken versorgen.

Von prognostizierten 150 Essen nur 80 am Tag verkauft

Offensichtlich waren die Vorstellungen des Pächters über den Appetitdrang der Justiz-Mitarbeiter und Besucher zu optimistisch. Primus-Bereichsleiter Hartmut Schreiber: „Wir sind davon ausgegangen, bei einem Aufenthalt von bis zu 700 Personen täglich 150 Essen auszugeben. Geschafft haben wir 80.“ Bei etwa 320 Mitarbeitern hätte nach der Kalkulation des Anbieters fast die Hälfte täglich in der Kantine speisen müssen. „Mit 80 Essen“, so Schreiber, „konnte unsere Rechnung nicht aufgehen. Uns haben täglich 400 Euro an Umsatz gefehlt.“ Auch sind die Betreiber davon ausgegangen, mehr Essen bei Tagungen und Konferenzen im Justizzentrum anbieten zu können. Doch die finden im Justizzentrum so gut wie gar nicht statt.

Das Unternehmen wollte Gelsenkirchen als Referenzobjekt führen. „Eine schwarze Null“, meint Schreiber, hätte als erstes Ergebnis gereicht. Eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses wäre aus seiner Sicht nur bei einer Kostenbeteiligung durch das Gericht möglich gewesen. Dabei zahlen Kantinenpächter in öffentlichen Dienstgebäuden ohnehin weder Pacht noch Energiekosten.

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Die meisten Mitarbeiter bedauern die Schließung der Kantine, die bereits ab 7.30 Uhr Frühstück und zwischen 11.30 und 14 Uhr Mittagessen anbot. Die Auswahl, so hört man von Gästen, sei ausreichend gewesen, die Qualität hätte auch gestimmt. Täglich konnte zwischen drei Gerichten gewählt werden. Für das Angebot des Tages - mal Hühnerfrikassee, mal Krustenbraten oder Linseneintopf – zahlten Mitarbeiter 4,25, Besucher 5,75 Euro. Außerdem standen Salate, Yoghurt, Pudding und vegetarische Kost auf dem Speiseplan. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen, die von der Küche mehr Flexibilität bei den Wünschen der Benutzer erwartet hätten.

Kantinen-Nachfolger zum 1. Oktober 2016 gesucht

Den vier Mitarbeitern wurde gekündigt. Sie hatten, wie auch der Pächter, eine Probezeit vereinbart. Ob sie demnächst wieder in der Küche stehen werden, hängt vom Ergebnis der Ausschreibung ab. Brigitte Waab, stellvertretende Amtsgerichts-Direktorin, ist überzeugt, unter den Bewerbern den Richtigen zu finden. Man hoffe, spätestens am 1. Oktober einen Nachfolger gefunden zu haben. Bei schneller Einigung könnten die ersten Schnitzel schon ab 15. August wieder in der Pfanne brutzeln. Brigitte Waab glaubt, dass auch die mangelnde Erfahrung des jetzigen Pächters mit öffentlichen Behörden eine Rolle bei seiner optimistischen Kalkulation gespielt habe. Er hätte professioneller arbeiten und intensiver werben können.

So wird am heutigen Freitag zum vorläufig letzten Mal aufgetischt. Freunde der spanischen Küche können sich auf „Paella mit Garnelenspieß“ freuen.