Gelsenkirchen. . Am Anfang stand die Frage: Ist Golf Sport? WAZ-Redakteur Friedhelm Pothoff ging der Frage in Gelsenkirchen in einem Selbstversuch nach.
- Oft wird darüber gelästert, ob Golf wirklich Sport ist
- Die WAZ-Redaktion ging im Golfclub Haus Leythe dieser Frage nach
- Den schweißtreibenden Selbstversuch absolvierte Friedhelm Pothoff
Kennen Sie den? Sagt der Golfer zu seinem Caddy: „Warum sehen Sie, nachdem ich geschlagen habe, immer auf die Uhr?“ Meint der Caddy: „Das ist keine Uhr, das ist ein Kompass!“
Hochmut kommt ja bekanntlich immer vor dem Fall. Und der kann sehr tief sein. Gerade für blutige Anfänger, die erstmals ein Eisen schwingen. So wie ich. Klar kenne ich einige, die Golf enthusiastisch betreiben. Aber wenn sie davon erzählen, von der 18-Loch-Runde und den Anstrengungen auf diesen Wanderschaften, acht bis zehn Kilometer, durch Mutter Natur, dann begleitete stets mein sanftes Lächeln die Ausführungen. Golf und Sport? Na, erzählt ihr mal ruhig. Da scheiden sich die Geister, wohl weiterhin für viele. Ich aber habe die Seiten gewechselt. Und das kam so:
Beleibte Männer schwingen Schläger
Für die Sommeraktion „WAZ öffnet Pforten“ stand ein Gespräch in der Golfschule Haus Leythe in Resse an. Horst Büttner, einer der Trainer am Middelicher Weg, half bei der Organisation. Freundlich, zuvorkommend, kompetent. So war auch seine Reaktion auf meine humoristischen Kommentare. Bis der Satz fiel: „Machen Sie doch mal bei einem Anfängerkurs mit. Da geht es um das Erreichen der Platzreife.“ Wer spottet, muss auch mal ran. Gesagt, überlegt, getan. Büttner wusste genau, was er mir da aufhalste...
Vor dem geistigen Auge des sportinteressierten Fernsehgolfers laufen diese Bilder ab: Harry Valérien, im Jahr 2012 verstorbener Gottvater der deutschen Golfmoderatoren, berichtet über die US-Open. Beleibte Männer, überwiegend jedenfalls, schwingen die Schläger und treiben den kleinen Ball über Spielbahnen und Grüns – und lassen sich frenetisch feiern, wenn diese kleine Kugel eingelocht ist.
Tag eins
Und das soll Sport sein? Oh ja, glauben Sie mir. Ist es. Der Trainer in Teil eins des Martyriums ist Julien Podlech. Zum Auftakt stehen sechs Stunden Golf auf dem Programm und nach freundlichen einweisenden Worten ist schnell klar, wo hier der Hase im Pfeffer liegt: Dieses winzige Mistding von Kugel nicht nur einfach mal zu treffen. Was schon eine Aufgabe an und für sich ist. Es mit diesem Eisen sieben, dem Sandwich und dem Putter, das Schläger-Sortiment begleitet mich von nun an, so zu schlagen, dass sich das von Minigolf unterscheidet. Jedenfalls bei mir! – Und liebe Minigolfer, nicht böse sein. Auch das ist nicht leicht, ich weiß...
Was soll ich groß erzählen!? Die Zahl der geschlagenen Luftlöcher war exorbitant. Beim Abschlag. Beim Chippen, das ist ein Annäherungsschlag zum Grün, ist enormes Gefühl und Technik gefragt. Beim Putten eine sichere, eine ruhige Hand und ein gutes Auge für Richtung und Gelände. Das muss man eigentlich immer haben. Erinnern Sie sich an den Golferwitz...
Besser auch mal nichts sagen
Der Mann, der mich Greenhorn auf der Driving Range bei der Stange hält, ist Julien. Tipps und genaue Beobachtungen der Körper- und der Schlägerhaltung sind sein tägliches Geschäft. Loben. Besser mal gar nichts sagen auch. Oder Sätze, wie dieser: „Größere Talente habe ich schon lange nicht mehr gesehen hier. Heute Morgen, zwischen 10 und 12.“ Der Blick auf die Uhr zeigt 11.39 Uhr. Dankeschön, Trainer.
„Ich weiss, dass mein Spiel besser wird, ich treffe weniger Zuschauer.“ Gerald Ford, früherer US-Präsident
Der Tag ist harte körperliche Arbeit. Immer wieder werden die Körbe mit Bällen gefüllt. Auf der Driving-Range sammelt sie ein Auto von der Wiese ein, das sogar seine schlechtesten Zeiten längst hinter sich hat. Die jungen Leute, heißt es, versuchen es beim Abschlagtraining gerne mal als Zielscheibe zu missbrauchen. Ich wäre froh, bis dahin zu kommen. Aber: Hier, auf der Range, trainieren alle. Die Top-Leute schlagen sich ein. Und Gurken, wie ich, hoffen auf bessere Zeiten. Um den Frust nicht zu groß werden zu lassen, geht es noch zum Putten und auf die Bahn. Nur um mal zu zeigen, wie es auch aussehen kann. Geschickt gemacht vom Trainer. Der Lehrling hat ein Ziel vor Augen.
Tag zwei
Aber gemach. Vor dem Jubel kommt der Muskelkater. Und wie. Der Morgen von Tag zwei ist die Hölle. Alles tut weh, sang schon Grönemeyer. Ich weiß nun, was er meinte. Die Hände sind steif. Schmerzen machen sich an Stellen breit, die ich noch gar nicht kannte. Und erst der Rücken. Sie machen sich kein Bild!
Das soll kein Sport sein? Die Vorurteile schmelzen dahin, wie ich in der Sonne gare. Der Sinneswandel macht sich breit. Und der Erfolg stellt sich ein. So langsam jedenfalls. Julien bleibt mein Golf-Guru im Platzerlaubniskurs. Zwischenzeitlich gibt es ein paar Schaufotos mit dem WAZ-Fotografen.
Schwitzte ich schon am Samstag zwei Hemden durch, ist dieser Sonntag mit über 30 Grad und ohne jede Spur von Schatten völlig gnadenlos. Der Schweiß rinnt in Strömen, doch der Spaß nimmt zu. Warum? Der Trainer ist ein guter. Er hat die nötige Ruhe und Geduld. Lässt einen viel machen und greift ein, wenn es nötig ist. „Wer will, darf noch Bälle schlagen“, sagt er am Ende der 90 Minuten. Ein paar Dutzend fliegen noch durch die Gegend, aber dann ist es gut. Diese Affenhitze. Und mein Rücken erst!
Wo bitte geht’s zum Entmüdungsbecken?
„Wenn Du denkst, es ist schwierig neue Leute kennenzulernen, versuch mal den falschen Golfball aufzuheben.“ Jack Lemmon, Ex-Schauspieler
Tag drei
Eine Woche Pause. Es ist wieder Samstag. Es „droht“ der Golfplatz. Tag drei im Crashkurs. Zwischenzeitlich daheim die Regeln gebüffelt. „Hallo, ich bin Andreas“, heißt es. Andreas Kampkötter gehört wie Büttner und Podlech zu den geschäftsführenden Lehrern und ist wie sie das, was man einen Pro nennt. Einer, der vom Golfen lebt. Als Spieler oder als Trainer. Er ist so eloquent wie seine Kollegen, berichtet fundiert über seinen Sport und kann ebenfalls zur hellen Freude seiner Anfänger-Runde jeden Schlag aus der kalten Hose lehrbuchreif spielen.
Abschläge, Chippen und Pitchen (ebenfalls ein Annäherungsschlag zum Grün) lockern an diesem Morgen meine verkrampfte Haltung. „Calm and easy“, schrieb mit ein Freund aus dem Urlaub. Er meinte damit das Schwungverhalten. Ruhig im Oberkörper, frei von Hektik und Kraftmeierei, und mit einer im wahrsten Sinne des Wortes beschwingten Leichtheit. Ich glaube, ich habe ihn lachen hören, als er das abschickte...
Für Anfänger reichen 90 Minuten
Ganz nebenbei: Wir nähern uns meinem persönlichen Fiasko. Der ersten Spielbahn. Frank übergab am Nachmittag an Markus Schmitz. Markus ist auf dem Weg Golflehrer zu werden. Pro in Ausbildung also. Ich konnte mich damit blendend identifizieren. Das war ich ja auch. Golfspieler in Ausbildung. Das aber, weiß ich heute, ist man immer. Gerade nach längeren Pausen. Für Anfänger reichen die 90 Minuten am Mittag schon aus.
Ja, gibt’s das? Der Ball ist im Vergleich zum Vormittag derart geschrumpft, dass er kaum noch zu treffen ist. Der Arm schmerzt. Und überhaupt: Wieso schwinge ich dieses Eisen ständig daneben oder drüber? „Calm and easy“ rauscht es mir durch den Kopf. Und es war die kleine Rettung. Locker bleiben. Nicht verkrampfen und einfach mal machen. Sagen wir es mit James Bond, also mit Sean Connery: „An einem Loch spiele ich wie Arnold Palmer und am nächsten wie Lili Palmer.“
Wie viel Weisheit doch in diesem Satz liegt. Sorry, Lili.
Tag vier
Wir kommen zum letzten Tag des Experimentes: Einschlagen und dann auf die Bahn. Irgendwie ist vieles anders. Markus begleitet die Gruppe wieder und verfährt nach dem in der Golfschule üblichen Prinzip. Das Fiasko nicht vertiefen, sondern das Gute verstärken. Motivieren und exzellent Golfspielen, das können die Jungs. Und sie haben eine Mordsgeduld mit ihren Kunden.
Sean Connery, mein Philosoph
Ich denke an Sean Connery, in meinen Augen durch Lili zum Philosophen gereift. Und dieser Sonntag ist der Beleg. Bahn 1: eine einzige Anfänger-Katastrophe. Doch die Menschen, die hier unterwegs sind, uns überholen, weil sie es besser können, sind so freundlich und winken und ziehen zügig ihrer Wege. Was sie wohl denken? Bahn zwei: Es wird besser. Ein Freund überholt uns und schaut zu. Meine Güte, was für ein Druck. Bahn drei klemmen wir uns, zu schwierig. Ich sag’ nur: Wasserhindernisse...
Bahn vier aber bleibt auf ewig in meinem Gedächtnis als „der“ Verdränger aller Schmerzen: Ein Par-4-Loch. Das heißt: Gute schaffen es in vier Schlägen vom Abschlag bis der Ball ins Loch fällt. Ich brauche fünf – und ziehe zufrieden meiner Wege, um die theoretische Prüfung zu absolvieren. Aber das ist eine ganz andere Geschichte...
„Golf ist wie eine Droge: Wer sich auf dieses Spiel einmal eingelassen hat, kommt kaum noch davon los.“ Harry Valérien, Ex-Sportmoderator
Das Fitting vor dem ersten Schlägerkauf ist wichtig
Golf ist eine Individualsportart. Und zwar nicht nur, weil die Spielerinnen und Spieler beim Schlagen auf sich allein gestellt sind. Auch die Wahl des richtigen Schlägersets ist sehr persönlich.
Empfohlen wird in den Golfschulen vor dem Kauf des ersten Schlägersets, sich vermessen zu lassen. Der Fachbegriff, der dafür steht, heißt „Fitting“.
Das oberste Ziel des Fittings ist es, den Schläger auf den jeweiligen Golfer so anzupassen, dass seine Genauigkeit, Beständigkeit und seine Distanz optimiert wird. Hier gibt es in der Regel viele Parameter, die beachtet werden müssen. Dazu gehören etwa die Schlägerlänge, der Schaft-Flex, der Ballflug oder die Griffstärke.
Dies sei für jeden Golfer sinnvoll, auch für den Anfänger, damit er den Spaß am Sport nicht wieder verliert, sagen die Pro’s von Haus Leythe. Das Vermessen wird in der Regel in entsprechenden Pro Shops und anderen guten Golfgeschäften durchgeführt.
Man muss auch die Kosten im Blick haben
Vor dem ersten Schlag taucht die Frage nach den Kosten auf. Will man überhaupt mal die Grundvoraussetzungen und ein Gefühl für Golf bekommen, gibt es zwei Empfehlungen:
Da wäre der Schnupperkurs. Der kostet in der Golfschule Haus Leythe pro Person 25 Euro bei 3 bis 8 Teilnehmern. Dazu gehören Unterricht, Übungsbälle und Leihschläger. Der Kursus dauert zwei Stunden.
Einen Golferlebnistag gibt es an der Middelicher Straße für 89 Euro. Theorie, vier Praxiselemente und ein Abschlussturnier gehören zum Angebot. Inklusive: Unterricht, Übungsbälle und Leihschläger.
Wer in den Sport einsteigen will, für den ist ein DGV-Platzreifekurse unerlässlich. Die Gebühren reichen von 300 bis 500 Euro pro Person. Enthalten sind in der Regel alle Gebühren sowie Bälle und Leihschläger. Was zu empfehlen ist, nach ersten eigenen Blasen an den Händen: ein Golfhandschuh. Der ist für 10 bis 20 Euro zu haben.
Kommen wir zur Kleidung: Die hängt in der Regel im Schrank. Eine Chino (kurze Hose an heißen Tagen geht), ein Polohemd, ein Pullunder. Da fallen vielleicht gar keine Kosten an.
Die Schuhe: Das ist wie im richtigen Leben, meine Damen und Herren. Markenprodukte kann man für 60 Euro bekommen. Es geht auch teurer, keine Frage.
Und die Schläger? Eisen oder Graphit? Das sind Entscheidungen, die einen Anfänger überfordern. Holen Sie sich den Rat ihres Golflehrers, lassen Sie sich vermessen und schauen Sie, wo man Komplettsets bekommen kann, wenn die Köpergröße nichts anderes verlangt. Sets gibt es schon ab 300 Euro. Auch hier gilt: Die Skala ist nach oben offen.
Ach ja, Trainingsbälle gibt’s ab 30 Cent das Stück. Die sind wichtig. Und man brauchen sie.
Zwei Clubs in Gelsenkirchen
Wer das Golfspielen erlernen oder ausüben möchte, der hat in Gelsenkirchen die Wahl zwischen zwei Clubs. Da gibt es zum einen den Golfclub Haus Leythe, eine landschaftlich schön gelegene 18-Loch-Anlage im Bereich Buer/Resse an der Middelicher Straße 72 und zum anderen den Golf Club Schloss Horst an der Johannastraße 37, eine 9-Loch-Anlage im Stadtteil Horst.
Mit seinen rund 750 Mitgliedern zählt Haus Leythe zu den größeren Sportclubs in der Stadt. Die Golfschule Haus Leythe ist mit vier Professionals und einem Golflehrer in Ausbildung aufgestellt. Wer die Platzreife des Deutschen Golf-Verbandes (DGV) erlangen will, macht dieses Programm mit, das 450 Euro kostet:
Sieben Übungseinheiten á 60 bis 90 Minuten. In den Übungseinheiten werden die Teilnehmer in alle wichtigen Schläge des Golfsports eingewiesen. Dazu zählen das Putten, Chippen, Pitchen, Bunkerspiel und die Abschläge. Außerdem gibt es zwei Praxiseinheiten auf der Golfanlage von je 60 bis 90 Minuten sowie zwei Theorieeinheiten (erfolgen während der Übungsrunden). Hier bekommen die Anfänger eine Übersicht über die Regelkunde, Verhaltensregeln und die Etikette auf der Golfanlage. Nach Ende des Kurses legen die Teilnehmer die Prüfung zur DGV-Platzreife in Theorie und Praxis ab.
Diese Inhalte werden auch beim Schwungfabrik-Team, das ist der etwas andere Name der Golfschule des GC Schloss Horst, vermittelt. Das Team betreut neben der Anlage an der Johannastraße auch noch den Golf Club Oberhausen.
Neben anderen Angeboten kann auch hier die DGV-Platzreife abgelegt werden. Ein viertägiger Kurs kostet laut Internet 399 Euro.