Gelsenkirchen. ThyssenKrupp sieht die Stahlindustrie massiv unter Druck und will den Konzern konsolidieren. In Schalke bangen 630 Beschäftigte um ihren Standort.
„Die Konsolidierung der europäischen Stahlindustrie wird kommen. Und sie wird tiefgreifende Veränderungen bringen“ – die Botschaft seitens der Konzernspitze von Thyssen-Krupp Steel Europe hat man auch im Gelsenkirchen vernommen. Und man nimmt sie ernst. „Es geht darum, dass wir zeitig Informationen bekommen, wie dieser Konsolidierungsprozess aussehen soll“, sagt Barbara Kremser-Bruttel, die Betriebsratsvorsitzende von Thyssen-Krupp Electrical Steel (TKES).
Anfang 2017, so der bisherige Fahrplan, solle ein tragfähiges Konzept für den Konzern stehen. Die große Frage vor Ort lautet: Trifft es auch automatisch das Werk an der Kurt-Schumacher-Straße? Gründe für einschneidende Maßnahmen sieht zumindest die Betriebsratsvorsitzende aktuell nicht. „Wir sind ja hier relativ gut aufgestellt und noch in der Restrukturierung. Nach fast zwei Jahren sehen wir, dass es vernünftig und richtig läuft. Wir schreiben wieder schwarze Zahlen.“
Vorsprung des "Made in Gelsenkirchen"
Vor der Gefährdung von Arbeitsplätzen am Schalker Standort durch Billigimporte nach der drohenden Verschärfung des Emissionshandels hatten Kremser-Bruttel und Robert Sadowsky, 1. Bevollmächtigter der IG Metall, bereits zum Jahreswechsel gewarnt. Sollten die Vorschläge umgesetzt werden, rechnet die Stahlindustrie in Deutschland, müsse sie von 2021 bis 2030 zusätzliche Belastungen in Höhe von insgesamt zehn Milliarden Euro verkraften.
In Gelsenkirchen investierte der Konzern Millionen in die Qualitätssteigerungen „Wir stellen hier hocheffiziente Bleche für Transformatoren her.“ Nur sehr wenige Hersteller weltweit produzierten ein vergleichbares Spitzenprodukt. „Um diesen Vorsprung des ,Made in Gelsenkirchen‘ halten zu können, darf man uns durch überteuerte CO2-Zertifikate nicht ,die Luft zum Atmen nehmen‘“, betonten die Betriebsrätin und der Gewerkschafter damals.
Produktion liegt bei 80.000 Jahrestonnen
Klasse statt Masse bedeutet auch: Die Produktion wurde auf 80.000 Jahrestonnen heruntergefahren. Das Werk läuft dennoch rund um die Uhr voll ausgelastet, mehr, so die Betriebsrätin, sei so hochqualitativ nicht zu produzieren. 630 Mitarbeiter hat der Standort, die Belegschaft ist im letzten Jahr wieder leicht gewachsen, die Ausbildung wurde ausgeweitet. Die Mitarbeiter leisten noch bis zum 1. Oktober 2017 ihren Beitrag – durch Mehrarbeit. Erst dann werden sie zum Flächentarifvertrag der Stahlindustrie und damit zur 35-Stunden-Woche zurückkehren können. Aktuell arbeitet die Belegschaft 39 Stunden, ab 1. Oktober werden es 37 Wochenarbeitsstunden sein.
Vor wenigen Jahren stand die Elektrostahl-Sparte noch zum Verkauf. Zumindest das ist aktuell bei TKES kein Thema.