Gelsenkirchen. Die Seniorentheatergruppe SETA hat sich vor der großen Flüchtlingsbewegung für das Stück entschieden und steht heute geschlossen hinter dessen Aussage.

Deutschland in den 1960er-Jahren: Südeuropäische Fremdarbeiter treffen auf abgeschottete Provinzgesellschaften, auf Ablehnung, Neid, ein wenig Neugier und viel gruppendynamische Entwicklungen hat Rainer Maria Fassbinder in seinem „Katzelmacher“ thematisiert – die Seniorentheatergruppe SETA aus Düsseldorf traute sich an das, mit anderen Vorzeichen, brandaktuelle Thema und bescherte am Sonntag mit ihrer Vorführung dem „Wild West“-Festival einen gelungenen Abschluss.

„Mich hat vor allem gereizt, zu sehen, ob diese extreme Kunstsprache des Stückes mit älteren Laienschauspielern funktionieren kann“, erklärte Marlin de Haan. Die Regisseurin forderte bei ihrer zehnten (und letzten) Produktion mit SETA den älteren Akteuren Höchstleistungen ab.

Das Lebensalter der Darsteller sorgt für stärkeren Nachdruck

52 Kurzszenen mit den zugehörigen Stellungswechseln auf der Bühne, aus dem off durch die Ansage „black-light“ surrealistisch unterbrochen, eine faktische Sprache ohne jegliche Dramatik – dies alles verlangte äußerste Präzision und Textsicherheit.

Fabelhaft gemeistert, eine professionelle Darbietung, die von den rund 60 Zuschauern gewürdigt und vor allem: bewundert wurde. „Katzelmacher“ bekommt durch das offensichtliche Lebensalter der Spieler einen stärkeren Nachdruck als in Originalbesetzung, eine Note der bedrohlichen Unausweichlichkeit der Situation. Die Angst vor dem Fremden aus dem Mund eines „Alten“ scheint so unauslöschbar, so in Stein gemeißelt, dass die Hoffnung auf eine Weisheit der Lebensneige schwindet. Fassbinders minutiöse Aufzeichnung wie aus einem Gerücht ein Fakt wird, verbale Aggression in tätlichen Angriff mündet, hat auch nach 43 Jahren Bestand, entlarvt heute noch existierenden Kleingeist, setzt eine Mahnung, dem entgegen zu wirken.

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„Geplant hatten wir die Produktion schon vor der großen Flüchtlingswelle im vergangenen Jahr“, so Kaan. „Wir sind von der Aktualität eingeholt worden, aber genau deshalb stehen wir geschlossen hinter der Aussage, haben während der Proben viel diskutiert“, sagt Ensemble-Sprecher Bodo von Borries im anschließenden Gespräch mit dem Publikum. Festivalleiterin Ulrike Czermak moderierte die Nachfragen zum Stück. Im Vordergrund stand die Honorierung der exzellenten Leistungen der 60- bis 91-jährigen Schauspieler. „Das Seniorentheater hat mittlerweile eine ganz andere Dimension bekommen“, stellte Czermak mit Freude fest.

Theater-Labor schafft Installation

Dies war am Nachmittag schon bei der festivaleigenen Produktion des „Theater-Labors“ ersichtlich geworden. Eine 40-minütige Installation von Klängen, Bildern und Worten hatten die elf Teilnehmer in den vier Tagen erarbeitet. „Skepsis über die Arbeit mit den neuen Medien gab es anfangs schon. Aber die Berührungsängste sind schnell geschmolzen“, berichtete Czermak.