Gelsenkirchen. Jury lädt solche Produktionen ein, bei denen sich das Thema Kommunikation wie ein roter Faden durchs Projekt zieht. Dritte Auflage läuft vom 16. bis zum 19. Juni. Kentrup: Ältere entdecken Neuland

Sie reiten auf klapprigen Gäulen, rasten unter freiem Himmel und erzählen sich Abenteuer am Lagerfeuer. Denn sie sind reif für die Bühne. Der Wilde Westen liegt im Süden. Genauer: in Bismarck. Hier zeigen jung gebliebene Senioren vom 16. bis zum 19. Juni, was alles Wildes, Verrücktes, Unbekanntes in ihnen steckt.

„WildWest“, das nunmehr 3. Seniorentheatertreffen NRW, präsentiert im Consol Theater an vier Tagen die ganze Bandbreite leidenschaftlichen und innovativen Seniorentheaters. Fünf Produktionen, ausgewählt von einer Jury, schaffen an diesen Tagen jede Menge „Begegnungen“.

Bewerbungen von 18 Bühnen

Die Teilnahme am Festival – bereits eine Auszeichnung für jede beteiligte Gruppe. 18 Bühnen aus ganz NRW haben sich beworben, um ihr Können auf den Brettern zeigen zu können. Alle 18 Theater wurden von einer dreiköpfigen Jury besucht. Ein gutes Jahr kostete die Vorbereitung fürs Theaterfest.

Festivalleiterin Ulrike Czermak sichtete die Produktionen mit dem freien Theatermacher Erpho Bell und dem Erzähler und Schauspieler André Wülfing: „Das ist manchmal wie eine Wundertüte.“ Aber es steckte genug Wunderbares drin.

„In keinem anderen Bundesland“, weiß Ulrike Czermak, „gibt es so viele Schauspieler, die sich im Ruhestand in Lampenfieber versetzen lassen.“ So hatte die Jury durchaus die Qual der Wahl. Am Ende wurden solche Produktionen eingeladen, bei denen sich das Thema Kommunikation wie ein roter Faden durchs Projekt zieht.

Gleich die Eröffnungsproduktion am Donnerstag, 16. Juni, 17.30 Uhr, schafft die Begegnung zwischen Jung und Alt. Das Bonner Theater „Marabu“ zeigt „Die glorreichen Sechs“, ein biografisches Theater rund um Mut und Angst, ein Western, der angeboten wird für Menschen ab zwölf Jahren.

Was interessiert die Jugend, was die Senioren?

„Zu Hause ist’s doch am schönsten“, verheißen die „Demenzionen“ aus Köln am Freitag um 16 Uhr bei ihrem Gastspiel im Evangelischen Seniorenstift an der Husemannstraße. Diese Vorstellung ist weitgehend ausverkauft.

In ein „Unbekanntes Land“ entführt die Seniorencompany Bonn das Publikum am Freitag, 17. Juni, 19.30 Uhr. Eine ganz besondere Produktion, denn sie drückt sich mit den Mitteln des Tanztheaters aus, ein eher seltenes Genre im Bereich des Seniorentheaters. Es setzt sich, unterstützt von Musik und Bewegung, mit den körperlichen und geistigen Veränderungen auseinander, die das Alter mit sich bringt.

In den „Proberaum Leben“ lädt am Samstag, 18. Juni, um 19.30 Uhr das Gastspiel des Intergenerationellen Clubs des Jungen Schauspielhauses Bochum ein. Hier treffen junge und alte Menschen in einem Probenraum aufeinander und fragen sich: Welche Themen interessieren die Jugend, welche die Senioren?

Wuppertaler Ensemble Rauhreif ist mit von der Partie

Das Düsseldorfer Seta-Theater schließlich präsentiert am Sonntag, 19. Juni, um 17 Uhr das Stück „Katzelmacher“ nach Rainer Werner Fassbinder, eine eindringliche Auseinandersetzung mit dem Thema Fremdenhass. Diese Inszenierung ist im Übrigen nominiert für den Deutschen Amateurtheaterpreis 2016.

Aber auch eine Eigenproduktion der Gastgeber-Bühne wird zu sehen sein. Die Senioren der Volxbühne des Consol Theaters zeigen am 17. Juni um 10.30 Uhr ihr erst kürzlich zur Uraufführung gebrachtes Spiel „Es bleibt genug Leben“. Eine außergewöhnliche Inszenierung, bei der die Zuschauer nicht auf ihren Stühlen sitzen, sondern von Szene zu Szene über die Bühne laufen.

Das Festival macht nicht nur Theater. Es bietet auch ein umfassendes Rahmenprogramm an. Ein „Pottpourri“ an Kleinkunst serviert am Freitag, 17. Juni, um 16 Uhr in der Kellerbar Häppchen aus der Seniorentheaterküche. Mit von der Partie ist unter anderem das Wuppertaler Ensemble Rauhreif. Am Samstag, 18. Juni, darf ab 16 Uhr getanzt werden, und zwar unter Anleitung von Kama Frankl.

Das pralle Programm spiegelt das aktuelle Interesse am Seniorentheater wider. Georg Kentrup vom Consol Theater registriert: „Der Zulauf ist ungebrochen. Vielen geht es heute mit 60 noch sehr gut, sie sind neugierig und offen dafür, für sich noch einmal Neuland zu entdecken.“