Gelsenkirchen. In der SPD Gelsenkirchen herrscht Unzufriedenheit. Es geht um die Bewerbungen für die Landtags- und Bundestagswahlen im Jahr 2017.

Es gibt Inhalte, mit denen geht niemand gerne von Tür zu Tür und erzählt sie bereitwillig. Auch die Mitglieder einer politischen Partei nicht. Die Rede gilt an dieser Stelle der SPD Gelsenkirchen. In ihren Reihen herrscht eine gewisse Unzufriedenzeit in diesen Tagen. Es geht um die Bewerbungen für die Landtags- und Bundestagswahlen im Jahr 2017. Im Kreuzfeuer der Kritik steht die Unterbezirksvorsitzende Heike Gebhard (62, MdL).

Außen vor sind in dieser Auseinandersetzung mit dem Landtagsabgeordneten Markus Töns (52) und dem Stadtverordneten Manfred Leichtweis (54) die beiden Aspiranten, die den aktuellen MdB Joachim Poß (67) zunächst einmal in der Kandidatenfolge für den Deutschen Bundestag beerben wollen.

Der innerparteiliche Ärger besteht um die Bewerbersituation für den NRW-Landtag.

Andere Situation im Wahlkreis GE II

In Gelsenkirchen gibt es zwei Wahlkreise. Gebhard vertritt den Stadtnorden seit dem Jahr 2005 in Düsseldorf, Töns seither bekanntlich den Süden. Beide erreichten in allen Wahlen souveräne Resultate von bis zu deutlich über 50 Prozent bei den Erststimmen. Dass die Parteivorsitzende im nächsten Jahr gerne erneut kandidieren möchte, daraus hat sie nie einen Hehl gemacht. Geradezu erwartungsgemäß gab es daher keine weitere Bewerbung für den Wahlkreis GE I.

Anders stellt sich die Situation im Wahlkreis GE II dar. Weil es Markus Töns in die Bundeshauptstadt zieht, wird sein Platz frei. Dafür meldeten sich innerhalb einer entsprechenden Frist fünf Kandidatinnen und Kandidaten: Silke Ossowski (55), Nina Schadt (41), Yasemin Rosenau (48), David Peters (29) und Sebastian Watermeier (31).

Im Vorfeld nicht klar kommuniziert

So weit, so gut – und spannend? Irgendwie schon. Denn diese Kandidatenschar erfuhr auch aus der WAZ, dass es eine erhebliche Einschränkung gibt, eine Quotenregelung in Form eines SPD-Satzungsbeschlusses aus dem Jahr 1998. Der besagt: Kandidiert im Stadnorden eine Frau, darf im Süden Gelsenkirchens nur ein Mann antreten (oder umgekehrt).

Dies im Vorfeld nicht klar kommuniziert zu haben, das wird Heike Gebhard von Teilen der Gelsenkirchener Sozialdemokraten nun vorgeworfen. „Den Schuh aber ziehe ich mir nicht an“, sagte sie im Gespräch mit der WAZ. „Noch aus dem Kommunalwahlkampf 2014 heraus müsste allen klar gewesen sein, dass es die Quote gibt. Denn auch da war sie schon ein Thema bei der Besetzung.“

Eine kleine Palastrevolution

Trotzdem regt sich in den Ortsvereinen, nicht in allen, der Widerstand. Es ist die Rede davon, beispielsweise, angesichts der Zahl der Bewerber, doch erst einmal die Nominierung für den Süden durchzuführen. Und sollte das Ergebnis eine der drei Frauen sein, müsste für den Norden eben ein Genosse als Kandidat gefunden werden. Ein Gedanke, der angesichts der Situation einer Palastrevolution gleichkommt.

Klaus Haertel nimmt aktuell die Rolle eines Mediators ein.
Klaus Haertel nimmt aktuell die Rolle eines Mediators ein. © Funke Foto Services

Eine Aufhebung der Quotierung, auch das Thema kam zeitweilig auf, ist aus diesem Grunde vom Tisch: Sie ist in der SPD-Landessatzung verankert. Es führt kein Weg an ihr vorbei.

Dass der Unterbezirksvorstand regulierend eingreifen muss, liegt auf der Hand. Aber: Heike Gebhards Rolle als Angeklagte schließt sie als Vermittlerin aus – und Markus Töns als ein Kandidat für die Wahl 2017 ebenfalls. Das rückt Klaus Haertel (65) in den Mittelpunkt. Der Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion gehört dem Parteivorstand ebenfalls an; er schlüpft in die Rolle eines Mediators, um die Wogen zu glätten. Die erste Gelegenheit im direkten Austausch hatte er am Montagabend, als er im Awo-Begegnungszentrum an der Grenzstraße auf die Schar der Ortsvereinsvorsitzenden und der fünf Süd-Kandidaten traf.

Heike Gebhard sagte dazu: „Es herrscht Klarheit und Transparenz an dieser Stelle. Es wurde über die Situation gesprochen.“ Sie hofft, dass sich die Wogen bis zum Parteitag am 28. Juni nun entscheidend glätten.

Kommentar: Die Quote ist das Problem 

Das Problem der SPD ist die Quotenregelung. Kandidiert Heike Gebhard im Stadtnorden, sie ist einstimmig vom Unterbezirksvorstand vorgeschlagen worden, kann im Gelsenkirchener Süden am Ende nur ein Mann zur Landtagswahl 2017 antreten. Der Parteitag der Sozialdemokraten wird sich an dieser Stelle zwischen David Peters und Sebastian Watermeier entscheiden müssen.

Was aber machen nun Silke Ossowski, Yasemin Rosenau und Nina Schadt? Hängen sie ihre Kandidaturwünsche an den Nagel oder tingeln sie weiter durch die Ortsvereine, bis am 28. Juni die Delegierten entscheiden?

Überaus interessant und spannend wäre es, wenn die drei Frauen sich dem Verfahren stellen, um angesichts einer Süd-Rangliste klar zu machen, dass die Quote zwar bindet, aber womöglich nicht immer den Interessen dient. Warum, darf man fragen, kann die SPD nicht zwei Frauen in den Wahlkampf entsenden, wenn die Qualität stimmt? Oder zwei Männer? Dahinter steckt die Forderung: Kippt die Quote!

Zu Ende gedacht, gibt es noch einen weiteren Ansatz. Warum überhaupt muss das Verfahren nach Wahlkreisen getrennt verlaufen? Eine moderne Partei kann über eine Gesamtliste abstimmen. Mit Quote bliebe da nur die Option, zwei Aufstellungen zur Abstimmung zu bringen. Eine für Frauen und eine für Männer, egal woher aus der Stadt sie kommen.