Gelsenkirchen. Verein und Institut haben ein gemeinsames Domizil. Vermieter ist Gelsendienste. Jetzt werden Renovierungs- und Umbauarbeiten ausgeschrieben.

Als hätte sich der Prinz soeben den Weg zu Dornröschen im Turmzimmer freigeschnitten ... Der Gedanke drängt sich vor dem alten schmucken Haus an der Günnigfelder Straße 88 förmlich auf. Nur, dass drinnen weder Dornröschen noch der Hofstaat warten, sondern leere Räume auf die Handwerker.

Wenn die dann mit Renovierung und Umbauten fertig sind – bestenfalls Anfang 2017 – ziehen der Förderverein Lavia e.V. und die Chefin des gleichnamigen Instituts für Familientrauerbegleitung, Mechthild Schroeter-Rupieper, in den zweigeschossigen Bau von Gelsendienste unmittelbar am Südfriedhof ein.

1905 als Wohnhaus für die Friedhofsleitung gebaut, zuletzt als Wohnung für Gelsendienste-Mitarbeiter genutzt und seit inzwischen drei Jahren leer stehend, erhält der Bau mit seinen neuen Benutzern ein ganz besonderes Flair.

Platz für das alte Bühnenklavier

„Mit Lavia haben wir einen perfekt passenden Mieter für das Gebäude am Südfriedhof gefunden“, freut sich Gelsendienste-Betriebsleiter Ulrich W. Husemann beim Ortstermin mit den künftigen Nutzern. Mechthild Schroeter-Rupieper gibt das Kompliment zurück: „Wir freuen uns, einen kompetenten Partner an unserer Seite zu haben, mit dem in Gelsenkirchen ein einzigartiges Projekt im deutschsprachigen Raum zur Familientrauerarbeit umgesetzt werden kann.“

Im Erdgeschoss des Hauses mit rund 140 Quadratmetern Nutzfläche wird es künftig einen Gesprächsraum geben, einen großen Gemeinschaftsraum mit Küche. Es wird einen Raum mit Freitreppe geben, in dem dann auch das alte Bühnenklavier, ein Geschenk des Musiktheaters im Revier, einen würdigen Platz findet. Das Dachgeschoss wird saniert und bietet weiteren Raum für Gespräche. „Die Jugendlichen haben schon ihre Pläne. Sie wünschen sich ein Dachgeschoss mit Teppichboden und Sitzkissen“, lacht Schroeter-Rupieper.

Umbaukosten werden über die Miete refinanziert

Aber, das ist ja noch nicht alles. Ein Anbau mit Kamin wird für Trauerstammtische hergerichtet. Und der zum neuen Lavia-Domizil gehörende, momentan zugewachsene Garten wartet – wie Dornröschen auf den erlösenden Kuss – auf die Gelsendienste-Freischneider. Und auch für die grüne Oase haben Mechthild Schroeter-Rupieper und der Förderverein schon so ihre Vorstellungen. Ein Trampolin etwa soll hier einst stehen. Über Preise für die Baumaßnahmen im und am Haus schweigt sich Betriebsleiter Husemann aus. Nur soviel: „Die Kosten werden über die Miete refinanziert.“ Der Zehnjahres-Mietvertrag ist bereits vom Lavia-Förderverein unterschrieben. Jetzt geht’s an die Ausschreibungen.

Trauerarbeit nach der Germanwings-Katastrophe geht weiter

Auch über ein Jahr nach der Germanwings-Katastrophe, bei der auch 16 Schülerinnen und Schüler sowie zwei Lehrerinnen des Joseph-König-Gymnasiums in Haltern am See den Tod fanden, sind die Lavia-Trauerbegleiter in der Stadt am Rande des Münsterlands präsent. „Wir haben in Haltern noch drei Gruppen“, sagt Mechthild Schroeter-Rupieper.

Für das erste Jahr habe die Lufthansa einen angemessenen Betrag für die Trauerarbeit gespendet. Ebenso der Verein "Schalke hilft". Für das zweite Jahr gibt es nur noch private Einzelspenden. Trauer und Trauerverarbeitung nimmt einen immer breiteren Raum bei Hinterbliebenen ein. Schroeter-Rupieper ist sich da sicher. Der alte Spruch „das geht vorbei“ hat ausgedient. Trauer braucht Raum – Lavia bietet ihn. Vielleicht in Zukunft auch für Menschen, die verzweifelt vom Friedhof kommen.