Gelsenkirchen. . Fitness ist relativ. Die WAZ stellte mit Unterstützung von Gelsensport vier Freizeitsportler auf den Prüfstand. In sehr speziellem Fünfkampf.
Sie sind alle im besten Sportleralter, gestaffelt fast wie die Orgelpfeifen, die vier Probanden, die die WAZ an diesem sonnigen Vormittag auf den Fitness-Prüfstand stellt.
Das „Küken“ im Team ist Johannes Akcay mit seinen 27 Jahren. Er unterrichtet Englisch und Sport an der Hauptschule Grillostraße, geht in seiner Freizeit zwei- bis viermal je Woche ins Fitnessstudio oder spielt Fußball. Der Deutsche mit aramäischen Wurzeln hält sich für fit, glaubt aber an Defizite bei der Koordination.
Ehemaliger Handballtorwart fürchtet um seine Ausdauer-Qualitäten
Bülent Dogan ist der Zweitjüngste. Der 40-Jährige kommt beruflich überhaupt nicht zum Sporttreiben, sein Geschäft hat dennoch auch mit Energie für Fitness zu tun: Er betreibt den „Nut-Stop“, den Nussladen am Neumarkt. Dogan ist ehemaliger Handballtorwart, spielt heute eigentlich nur noch einmal die Woche Fußball und geht daheim aufs Laufband. Seine Schwäche sei die Ausdauer, seine Stärke die Schnelligkeit, glaubt er im Vorfeld.
Tagsüber sind Schreibtisch und PC-Maus die Haupttrainingsgeräte
Tanja Eigenrauch (45) hat zwar beruflich als stellvertretende Geschäftsführerin bei Gelsensport mit Sport und Bewegung zu tun, sie studierte Diplom-Sport und Reha-Sport. Heute sind beruflich jedoch Schreibtisch und PC-Maus ihre Haupt-Trainingsgeräte. Wann immer ihre Zeit und ihr bisweilen schmerzender Rücken es zulassen, läuft sie. 30 bis 60 Minuten lang, drei bis viermal je Woche. Sport im Studio kommt für sie nicht in Frage, Licht, Luft und Sonne gehören für sie zum Sport.Und weil sie „nur“ läuft, glaubt sie, ein Defizit bei der Kraft zu haben. Mit Ausdauer und Beweglichkeit habe sie kein Problem.
Langjähriger Handballspieler, Langstreckenläufer und Radsportler
Friedhelm Pothoff (52), Redaktionsleiter der WAZ-Redaktion Gelsenkirchen, hat 30 Jahre lang Handball gespielt. Heute hält er sich mit Laufen und Fahrradfahren fit, drei- bis viermal je Woche. Halbmarathons gehören zum Programm. Ausdauer und Kraft sind kein Problem für ihn, weiß er. Bei der Beweglichkeit ist er aktuell nicht ganz so sicher, räumt er ein. Sehr weise, wie sich zeigen wird.
Alle vier Probanden tun also Einiges für ihre Fitness, sind keine Sportmuffel. Inwieweit sie sich und ihre Fähigkeiten richtig einschätzen und wo es Verbesserungspotential gibt, soll ein sehr spezieller, fünfteiliger Test auf dem Schürenkamp zeigen, den Sportfachkraft Fee-Denise Sachse und Maike Brusenius für Gelsensport ausgearbeitet haben. Die fünf Bereiche der Fitness kommen dabei auf den Prüfstand: Kraft, Ausdauer, Koordination, Schnelligkeit und Beweglichkeit.
Mit Medizinball-Weitwurf quälte einst Felix Magath oft sein Team
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Kraft. Nach dem Warmlaufen – zweimal um den großen Sportplatz – geht es zum Medizinball-Weitwurf. Eine Disziplin, mit der Felix Magath seine Schützlinge mit Vorliebe quälte und mit der auch die Feuerwehr sich für härteste Einsätze wappnet. Der Damenball bringt vier Kilogramm, der für Herren fünf Kilo auf die Waage. Tanja Eigenrauch entfährt ein leises Stöhnen, Friedhelm Pothoff scherzt: Ob die Kugel gestoßen oder im Obelix-Stil („. . .bei den Olympischen Spielen“) geworfen werden soll. Das Maßband ist mehr als zehn Meter lang. WAZ-Chef und Sportlehrer haben hier eindeutig die Nase vorn, stoßen mehr als neun Meter weit.
Den zweiten Durchgang verweigern die Probanden am Hindernis
Schnelligkeit. „Pendelsprint“ heißt die Übung, die das Tempo testen soll. Zwei blaue Prömpel im Boden markieren eine zehn Meter lange Strecke. Gemessen wird, wie häufig der Sportler binnen 30 Sekunden zwischen den beiden Prömpeln hin und her hetzen kann. Sieht harmlos aus, scheint aber ordentlich anstrengend zu sein. Gequälte Blicke, rote Gesichter und verzweifeltes Reiben der geschundenen Oberschenkel schon nach dem ersten Durchgang. Den zweiten Durchgang verweigern alle, mit Ausnahme von Friedhelm Pothoff. Sieger sind trotzdem Johannes Akcay und Bülent Dogan; die Jüngsten . . .
Koordinationsfähigkeit. Hier geht es nicht allein um Koordination, sondern auch um den Teamgeist. Balancieren auf einem Kreisel, einer Scheibe mit Halbkugel als Basis, und dabei einander Bälle zuwerfen. Tanja Eigenrauch balanciert scheinbar mühelos auf einem Bein auf der wackeligen Scheibe, ihr Partner Pothoff bevorzugt den zweibeinigen Stand. Soweit von Stand die Rede sein kann. Gemessen wird die Zeit, in der die beiden einander auf der Wackelkugel die Waage haltend einen Ball zuwerfen. Ein schönes Bild. Aber das Team Dogan/Akcay (oben) hält länger durch, einmal gar 26 Sekunden – und gewinnt damit die Disziplin.
„Drei Bälle in einer Reihe“ als Ausdauer-Test fordert auch das Köpfchen
Ausdauer. Zum Bedauern manches Teilnehmers geht es hier nicht um Langstreckenlauf. Maike Brusenius bittet vielmehr zum Tic-Tac-Toe-Spiel. Das hat nichts mit der Girlie-Band zu tun, es geht um „Drei Bälle in einer Reihe“. Zweier-Teams sprinten im Staffellauf zu neun großen Ringen in der Mitte und platzieren dabei Bälle so, dass die eigene Farbe möglichst zur Dreierreihe wird. Okay, sie versuchen es. Das Team Eigenrauch/Pothoff scheitert letztlich an der eigenen Fairness. Nach einem selbst bemerkten zu frühen Start wartet der WAZ-Chef, bis der Gegner abgelegt – und gewonnen hat. Aber Sport und Fairness gehören zusammen.
In Sachen Beweglichkeit hat Tanja Eigenrauch die Nase klar vorn
Beweglichkeit. Hier gilt es, einen senkrecht aufgestellten Flyer (zum Sportabzeichen) mit dem Mund vom Boden aufzuheben. Die Herren schlucken, die einzige Dame ist sichtlich entspannt. Der erste Versuch klappt bei allen. Lästig ist nur, dass Maike Brusenius nach jedem geglückten Versuch ein Stück vom Flyer abschneidet, der Proband sich also NOCH tiefer bücken muss. Immer breiter werden die Beine gespreizt, der Rumpf gebeugt.
„Meine Sehnen an den Innenseiten sind durch den Fußball so verkürzt, das schaff ich einfach nicht“, stöhnt Johannes Akczay. Und auch Friedhelm Pothoff gibt bald auf.
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Tanja Eigenrauch und Bülent Dogan hingegen liefern sich ein echtes Kopf-an-Boden-Rennen. Siebenmal schnibbelt die Testleiterin am Flyer, bis der nur noch fingerhoch ist. „Beim nächsten Mal lecke ich am Ascheboden“, schmunzelt Tanja Eigenrauch siegesgewiss und tiefenentspannt. Am Ende teilt sie den Beweglichkeits-Triumph mit Bülent Dogan.