Gelsenkirchen. Von wegen: Regelmäßige Übungen, sagt der Experte, halten gesund.

Der innere Schweinehund bettelt und jault. „Tu es nicht, du hast genug gearbeitet. Gönn’ dir Ruhe.“ Das Mistvieh gibt nicht auf – bis der Entspannungsmodus auf dem Sofa erreicht ist. Prompt predigt das schlechte Gewissen. „Faule Socke, du brauchst Bewegung, du hast den ganzen Tag am Schreibtisch gesessen. Das macht krank.“ Da holt der fiese Schweinehund zum finalen Schlag aus: „Sport ist Mord!“ So! Abend gerettet. Die müden Knochen ruhen, die Muskeln erschlaffen ohne Gegenwehr. „Aber morgen, morgen wird gesportelt“, säuselt das schlechte Gewissen vor dem Einschlafen. „Versprochen!“

Zurück zum inneren Schweinehund: Ist Sport wirklich Mord, wie der alte Zigarrenraucher Winston Churchill einst behauptet haben soll? Dem die laxe Einstellung „no Sports“ hohen Blutdruck, einen Herzinfarkt und nicht weniger als zwei Schlaganfälle bescherte – und der dennoch 91 Jahre alt wurde?

Regelmäßige Übungen fürmehr Lebensqualität im Alter

Dr. med. Thorsten Rarreck (51), Sportmediziner und Facharzt für Orthopädie, dreht den Spieß locker herum und belegt mit Statistik aus seiner Praxis, dass „no Sports“ eher krank macht. Denn: 20 Prozent seiner Patienten hätten in Folge von Sport Schäden erlitten, aber die verbleibenden 80 Prozent versuche er, durch Sport gesund zu machen. Die Relation spricht ganz klar für sich. Nach einem zuweilen langen Überzeugungsprozess platze der Knoten spätestens dann, wenn Menschen die wohltuende Wirkung regelmäßigen Sports spürten, weiß Rarreck. Etwa wenn bei Rücken- oder Gelenkerkrankungen der Schmerz verschwinde, die Muskulatur gestärkt oder der Bluthochdruck gesunken sei.

„Die Dosis macht das Gift“, sagt er. „Überdosierter Sport ist immer schlecht, regelmäßiger Sport dagegen erhält erwiesener Maßen länger die Gesundheit.“ Und: die Lebensqualität in den letzten zwei Lebensjahrzehnten. Rarreck empfiehlt Basic-Sports. Übungen also, die Ausdauer, Kraft, Dehnbarkeit und Koordination des Körpers in gesunde Bahnen bringen. In einer Dosierung, die dem Lebensalter angepasst ist.

Hilfe, die ersten Hürden zu nehmen

„No Sports“ ist eine oft zitierte Antwort, die der ehemalige britische Premierminister Winston Churchill einem Reporter auf dessen Frage gegeben haben soll, wie er als passionierter Zigarrenraucher, der dem Whisky und dem Champagner zugetan sei, sein hohes Alter erreicht habe. In jungen Jahren war Churchill übrigens durchaus sportlich aktiv: als Fechter, Schütze, Reiter und Polospieler.

„Ein Aufzug zur Gesundheit existiert nicht. Es bleibt nichts anderes übrig, als die Treppe zu nehmen. Wir möchten unseren Patienten bei den ersten Stufen helfen.“ Mit diesem Leitspruch begrüßt die Praxis von Dr. Thorsten Rarreck in Gelsenkirchen-Buer Patienten und Interessierte auf der Homepage. Rarreck hat Humanmedizin an der Ruhr-Universität Bochum studiert und sich darauf aufbauend weiter qualifiziert. Der Mediziner war unter anderem Verbandsarzt des Tanzsportverbandes Nordrhein-Westfalen (1998/99) sowie von 1997 und 2007 und März 2011 bis Oktober 2014 Vereinsarzt des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04.

„Der regelmäßige Besuch im Fitness-Studio ist eine gute Investition“, unterstreicht der Sportmediziner. „Dreieinhalb bis vier Stunden Ausdauer-, Kraft- und Dehnungsübungen pro Woche reichen schon aus.“ Die gute Mischung sei wichtig. Wer etwa nur Tennis oder Fußball spiele, betreibe aus medizinischer Sicht einseitigen Sport. Sagt der ehemalige Mannschaftsarzt des FC Schake 04, der indes auch zur Vorsicht rät: Sei der Körper nämlich völlig untrainiert, müsse die Sportdosis langsam gesteigert werden. „Das gilt für alle Sportarten.“ Rarreck empfiehlt Sportanfängern, im Zweifelsfall einen Leistungsdiagnostiker zu Rate zu ziehen, der einen individuellen Trainingsplan aufstellen könne.

Was gar nicht geht, macht der Mediziner an einem konstruierten Beispiel fest: „Wer vom Nichtläufer in drei Monaten zum Marathonläufer wird, hat anschließend entzündete Sehnen.“ Oder er setze sich einer Infarktgefahr aus. Etwa der klassische Manager, der sich – „Ich schaff’ das locker!“ – von null auf hundert sportlich völlig überfordert. Und der vielleicht eine noch nicht erkannte Herzkranzgefäß-Erkrankung hat. Dem könnte es ergehen wie dem Läufer James Fixx, der 1984 im Alter von nur 52 Jahren auf dem Heimweg vom täglichen Lauftraining einen Sekundentod erlitt.

Training ist natürlich, aber unserebewegungsarme Lebensweise nicht

„Der Spruch ,Sport ist Mord’ hört sich sehr provokativ an“, sagt Thorsten Rarreck. „Ich setzte dem entgegen: Fitness- und Krafttraining ist natürlich.“ Unnatürlich sei dagegen unsere heutige, bewegungsarme Lebensweise.

Fazit: Im Kopf muss es klick machen. Ist erst die Erkenntnis gereift, dass Sport Wohlbefinden – und die Gesundheit – fördert, hat der fiese, innere Schweinehund verloren.

Also dann, wir sehen uns ... im Fitness-Studio. Versprochen!