Gelsenkirchen. Die junge Frau aus Guinea hat gute Aussichten, beim Pflegedienstanbieter HHK eine Ausbildung zu absolvieren.
Ihr Kind vermisst sie, ihre Mutter auch, die sie immer beschützen wollte, und den deutschen Mann, der ihr geholfen hat, heimlich eine Schule zu besuchen. Der sie schließlich nach Deutschland gebracht hat. Raus aus ihrer Zwangsehe, raus aus der ständig lauernden Gefahr der Beschneidung . . .
Heute ist Nala (Name geändert) aus Guinea 23 Jahre alt, lebt in Gelsenkirchen, besucht das Berufskolleg an der Königstraße und absolviert aktuell ein Praktikum bei der Humanen Häuslichen Krankenpflege (HHK) in Buer. Man ist geneigt zu sagen: ein Paradebeispiel für Integration und berufliche Perspektive. Und wer in Nalas Gesicht mit dem schönen Lächeln schaut, vermag sich nicht vorzustellen, welch schlimme Erfahrungen bereits hinter der 23-Jährigen liegen.
Geboren und aufgewachsen in einer traditionell geprägten muslimischen Familie, suchten die Eltern den Ehemann für Tochter Nala aus. Schon lange vorher war der erste Versuch einer Beschneidung Nalas schief gegangen. Glück im Unglück: Die komplette Verstümmelung der Genitalien blieb ihr erspart. Und das Mädchen blieb im Gegensatz zu seiner Schwester, die in Folge des grausamen Rituals verblutet war, am Leben.
Ein Deutschkurs bei ELNet lieferte die Grundlage
Nala musste also heiraten, wurde schwanger, bekam ein Kind. Das haben ihr die Schwiegereltern wenige Monate nach der Geburt weg genommen. Der Grund: Wegen der nicht vollständig vollzogenen Beschneidung bezichtigten sie Nala der Prostitution. Die junge Frau lebte in ständiger Angst, man könnte sie unter Zwang der furchtbaren Prozedur erneut unterziehen. Und dann war da noch der Ehemann, den sie keinesfalls freiwillig und schon gar nicht aus Liebe geheiratet hatte . . .
Nala hat es geschafft: Im Dezember 2013 landete sie in Deutschland. Aber auch aus Frankfurt musste sie fliehen, weil man sie dort zur Prostitution zwingen wollte. Über Dortmund und Unna kam sie 2014 nach Gelsenkirchen. Beim Sozialamt bekam sie einen Flyer von ELNet, dem Integrationsprojekt in der Emscher-Lippe-Region zur Unterstützung und Betreuung von AsylbewerberInnen und Flüchtlingen, an die Hand. Und so kam Nala dann an eine wichtige Grundlage: Sie absolvierte einen Deutschkurs, ist zur Schule gegangen, wie ihr Retter es ihr einst geraten hatte.
Beim ambulanten Pflegedienstanbieter Humane Häusliche Krankenpflege (HHK) hat Nala heute gute Aussichten, im September eine Ausbildung zu beginnen. Die Arbeit macht ihr Freude. Und sie lächelt, als sie mit Anspielung auf ihre Hautfarbe sagt: „Für viele ältere Patienten bin ich fast schon eine Attraktion.“ Hut ab vor Nala.
Zwölf Arbeitgeber stehen hinter der Offensive „Gute Arbeit - Gute Pflege“
Die Geschichte von Nala ist verknüpft mit der Fachkräfte-Offensive „Gute Arbeit – Gute Pflege“, dem Nachfolgeprojekt von „Wir können Pflege!“ Schwerpunkt der Kampagne ist zu zeigen, dass es gute Arbeitsbedingungen in der Pflege gibt. Das neue Projekt mit einer Laufzeit von zwei Jahren ist im April gestartet.
Zwölf Arbeitgeber aus Gelsenkirchen, Bottrop, Essen, Recklinghausen und Herne – darunter Awo, Diakonie oder APD – sowie die zuständigen Agenturen für Arbeit und Wirtschaftsförderungen stehen hinter dem Projekt. Auch die Humane Häusliche Krankenpflege (HHK) von Ilhan Bükrücü. Tamer Albuz von der Pflegedienstleitung des Familien geführten Unternehmens räumt Nala gute Chancen ein, bei der HHK einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Nicht zuletzt auch, weil man die Menschen, die im Unternehmen arbeiten, als Ganzes annehme.
Für Andrea Lameck von Image Consult, die das Projekt „Gute Arbeit – Gute Pflege“ koordiniert und moderiert, ein Vorzeigebeispiel dafür, dass der Pflegeberuf auch integriert. Sie unterstreicht bei der Gelegenheit, dass sich die zwölf Arbeitgeber nach Ablauf der Kampagne „Wir können Pflege!“ einig gewesen seien: „Wir machen weiter.“ Jetzt gehe es auch darum, die Attraktivität der Arbeitgeber im Pflegebereich aufzuzeigen.