Gelsenkirchen. Der Hintergrund blieb ungeklärt. Aber für den tödlichen Messerstich in einem Gelsenkirchener Asylbewerberheim muss Mustafa D. neun Jahre in Haft.
Mustafa D. hielt kurz Rücksprache mit seinem Verteidiger Volker Schröder, dann nahm der 34 Jahre alte Asylbewerber aus Gelsenkirchen das Urteil des Essener Schwurgerichtes an: neun Jahre Haft für einen Totschlag. Im Streit hatte der Algerier am 30. Juli seinen 19 Jahre alten Landsmann in der Asylbewerberunterkunft in der Heistraße erstochen.
Weshalb er zustach, weshalb er Streit mit dem 19-Jährigen hatte? All dies blieb nach fünf Prozesstagen völlig unklar. „Den Toten konnten wir nicht befragen“, räumte Richter Andreas Labentz in der Urteilsbegründung die große Lücke in der Beweisaufnahme ein. Aber auch das Geständnis des Angeklagten lieferte zum Motiv eigentlich keine Erklärung, die dem Gericht hätte helfen können.
Üble Beschimpfungen und Todesdrohungen
Mustafa D. ist eine schillernde Person, die es mit den Gesetzen in Europa nicht immer genau nahm. Mehrere Jahre will er in Belgien gelebt haben, außerdem im Jahre 2004 unter falschem Namen auch in Deutschland. Zuletzt will er sieben Monate vor der Tat über die Balkanroute als Asylbewerber wieder nach Deutschland gereist sein, bekam eine Unterkunft in der Heistraße als Wohnung zugewiesen.
Christ will er jetzt sein. Aber das ist möglicherweise als Asylgrund notwendig. Denn tatsächlich feierte er im Sommer vergangenen Jahres den Ramadan, nahm dazu auch sein späteres Opfer für mehrere Wochen in seiner Wohnung auf.
Es muss danach zum Streit gekommen sein. Heftig wurde er geführt. Es gibt Angaben auf Facebook mit üblen Beschimpfungen, auch Todesdrohungen.
50-Euro-Scheine im Magen
So ruhig, wie der Angeklagte am Prozess teilnahm, lässt sich die damalige Erregung kaum nachvollziehen. Richter Labentz: „Am 30. Juli um 21.20 Uhr war er ein anderer als der, den wir hier erlebt haben. Bei uns war er leise, bescheiden und verschlossen.“ Im Laubengang des Asylbewerberheims zeigte er sich anders. Zu Gunsten des Angeklagten nahm das Gericht an, dass der Kontrahent ebenfalls ein Messer hatte und dem Angeklagten damit in den Oberschenkel stach. Viermal stach Mustafa D. als Reaktion auf den 19-Jährigen ein. Ein Stich war tödlich. 21 Zentimeter tief drang die Klinge des Messers in die Brust des Jüngeren ein, durchstach das Herz. Der 19-Jährige hatte keine Chance.
Später fand die Rechtsmedizin im Magen des Getöteten zwei 50-Euro-Scheine. Richter Labentz verlor darüber in der Urteilsverkündung kein Wort, offenbar, weil das Geld nicht zu erklären war. Labentz: „Der Hintergrund des Streits war nicht zu klären. Vielleicht war es ein persönliches Missverhältnis, Eifersüchteleien, oder es ging doch ums Geld.“