Gelsenkirchen. . Die Eheleute Gisela und Helmut Juber schauen auf ein bewegtes gemeinsames Leben zurück. Vor 65 Jahren haben sie in Rotthausen geheiratet
„So viel Aufwand wollte ich erst gar nicht“, schmunzelt Gisela Juber bescheiden. Der Saal mit den opulenten rot-goldenen Brokatvorhängen in Schloss Berge ist am Samstag festlich für 30 Personen hergerichtet, Kristallgläser und Kerzenleuchter schmücken die Tische. Doch eine „Eiserne Hochzeit“ ist nun mal ein mehr als gerechtfertigter Anlass für eine große Feier – 65 Jahre sind Gisela und Helmut Juber ein Ehepaar.
Geheiratet wurde 1951 erst im Standesamt und dann in „Maria Himmelfahrt“ in Rotthausen. „Dort sind wir geboren und leben heute noch da, wir haben den Stadtteil nie verlassen“.
Helmut Juber war in den 1960ern als Kraftwerksingenieur in Ungarn und im Irak tätig, Gisela blieb mit den Töchtern Stephanie und Eleonore zuhause. „Damals konnte man sich das mit einer internationalen Schule im Ausland gar nicht vorstellen“, sagt Eleonore.
Polyglott und weltoffen
Wie es eine Generation später funktionierte, haben die promovierte Geologin und ihr Mann Werner Wnendt gelebt. Die einstigen Abiturienten vom Gaus-Gymnasium und Ricarda-Huch-Gymnasium zogen mit ihren Kindern David, Gerrit, Wiebke, Leonard und Charlotte um die Welt.
Wnendt ist Diplomat, aktuell der deutsche Botschafter in Kanada. Polyglott und weltoffen sind alle fünf Sprösslinge aufgewachsen, der bekannteste unter ihnen der Regisseur David Wnendt. „Die internationalen Freundschaften in der Jugend, ob in Miami oder Brüssel, waren sicherlich prägend.“
Nicht minder prägend für den Filmemacher von „Er ist wieder da“ und „Feuchtgebieten“ der Großvater Helmut, zu dessen Jubeltag er aus Berlin angereist ist. „Als ältestes Kind war ich in den ersten Jahren viel bei den Großeltern, vor allem habe ich die Ferien im Wohnmobil am Harkortsee genossen“. Dort lernte er von Opa das Segeln, das Schätzen des einfachen Lebens.
Filme erinnern an frühere Zeiten
Super-8-Filme aus den frühen 1980er von Segeltörns und Urlauben laufen auf der großen Leinwand im Saal. Die Gäste haben sich viel zu erzählen. „Wisst ihr noch, wie wir früher nach Wattenscheid zum Tanzfest gelaufen sind?“, fragt Giselas Jugendfreundin Elfriede.
Natürlich. An Feiern, das Verliebtsein, aber auch an schwere Zeiten, als die Eltern starben. „So viele Erinnerungen“, seufzt Helmut Juber und drückt Gisela die Hand.
Die beiden 86-jährigen haben eine starke Bindung zueinander. „Wenn man sich im Bombenhagel kennenlernt, Ängste miteinander teilt, dann ist das wohl so“, sagt er mit bestechender Einfachheit. Aufeinander verlassen können sie sich auf jeden Fall bis heute, Gisela läuft nicht mehr so gut, Helmut schiebt den Rollstuhl mit Energie und Schwung.
Ein Ereignis mit Seltenheitswert
Mit dieser Liebe füreinander blicken sie bei ihrer Feier im Jahr 2016 stolz auf zwei Kinder, sechs Enkel, einen Urenkel, Geschwister und Freunde. Keiner hat Mühe gescheut, alle sind angereist, ob von weit her aus Ottawa, Prag und Luxemburg, oder aus der Nachbarschaft, um dieses rare Glück zu feiern. „Früher wurden die Menschen nicht so alt, heute heiraten die Leute nicht mehr so jung“, bemerkt Werner Wnendt. So bleibt eine „Eiserne Hochzeit“ ein Ereignis mit Seltenheitswert.