Gelsenkirchen. . Migranten, die auf Dauer in NRW leben, dürfen bisher nicht wählen. Der Gelsenkirchener Integrationsrat will das ändern. Die Politik unterstützt ihn.

Die Gelsenkirchener Politik unterstützt mit breiter Mehrheit eine Empfehlung des Integrationsrates, in der es um das kommunale Wahlrecht für alle auf Dauer in NRW lebenden Migranten geht.

Der Rat der Stadt regt in Richtung Verfassungskommission des Landtages an, bei ihren Beratungen das Thema einzubeziehen und dem Landtag einen Vorschlag zur Änderung der Landesverfassung vorzulegen. Der wiederum soll es ermöglichen, bis zur Kommunalwahl 2020 allen dauerhaft in Nordrhein-Westfalen lebenden Menschen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit das aktive und passive Wahlrecht auf kommunaler Ebene einzuräumen.

"Das Leben bei uns ist international"

Für die SPD-Fraktion erscheint dieser Schritt angesichts der Wirklichkeit gangbar zu sein. Die Stadtverordnete Nezahat Kilinc erinnerte daran, dass in Gelsenkirchen Menschen mit über 130 Nationalitäten leben würden. „Das Leben bei uns ist international, bunt und vielfältig. In Gelsenkirchen zu leben, ohne Deutscher zu sein, ist normal“, so Kilinc. Während Bürger aus den anderen EU-Ländern aufgrund der gesetzlichen Situation wählen gehen dürften (das dürfen Deutsche im EU-Ausland auch), bliebe das aber Menschen verwehrt, die hier schon 30 Jahre oder länger lebten, nur weil sie keine deutsche Staatsangehörigkeit annehmen würden.

Das ist genau der Punkt, den die CDU-Ratsfraktion anders sieht. Die Stadtverordnete Christina Totzeck argumentierte für die Union so: „Real bedeutet so ein Schritt keinen Vorteil für die Integration. Das Wahlrecht soll das Resultat einer gelungenen Integration sein und nicht das Mittel dazu.“ Die Union sei dafür, mehr Zuwanderer für die deutsche Staatsangehörigkeit zu begeistern.

Pädagogik für Ausländer

Ingrid Wüllscheidt (Grüne) kanzelte diese Haltung als Pädagogik für Ausländer ab und unterstützte die Empfehlung des Integrationsrates – wie auch Ali-Riza Akyol (WIN). Er erinnerte daran, dass viele Zuwanderer seit Jahrzehnten in NRW leben und zum Wohlstand des Landes beitragen würden. Da sei eine politische Partizipation eine Konsequenz. Der SPD warf Akyol Unehrlichkeit vor: „Sie haben das Thema in den letzten 30 Jahren immer mal wieder rausgeholt, ohne dass etwas passiert wäre.“ Auch in der Großen Koalition hätte sie die Möglichkeit gehabt, das kommunale Wahlrecht für auf Dauer in NRW lebende Migranten durchzusetzen. Der CDU warf der WIN-Fraktionsvorsitzende eine falsche Haltung vor, die mit dem „C“ im Kürzel nichts zu tun habe.

Während Manfred Leichtweis (SPD) in Richtung Union ausführte, dass das Wahlrecht eben ein Recht sei und kein Geschenk und Bettina Peipe (Linke) es als blamabel bezeichnete, „dass wir überhaupt noch darüber reden müssen“, verteidigte Jürgen Hansen (Piraten) die SPD gegenüber Akyol: „Sie müssten Klaus Haertel die Glatze küssen, weil die SPD das Thema auf die Tagesordnung brachte.“ Und zur CDU: „Die Leute leben hier, zahlen Steuern und Sie wollen sie dieses wichtigen Rechtes berauben?“

Die Haltung der AfD formulierte deren Einzelmandatsträger Hartmut Preuß: „Die Menschen sollten die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen, dann erhalten sie das Wahlrecht.“ So laute ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes.