Gelsenkirchen. Die Kripo hatte bei einem 25-Jährigen 12.100 Euro beschlagnahmt, das er angeblich für eine Freundin aufbewahrte. Das Gericht glaubte ihm nicht.
Es ist ein ungewöhnliches Szenario, das sich im Saal 1 des Verwaltungsgerichts abspielt. Ein Zeuge, in Fußfesseln und Handschellen vorgeführt, trippelt in kleinen Schritten in den Saal. Begleitet wird er von zwei Justizbeamten. Pierre A. (25) soll in einem Rechtsstreit aussagen, in dem es um die Herausgabe von 12.100 Euro geht. Den Betrag hatte die Gelsenkirchener Polizei im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen illegalen Drogenhandels gegen den Mann als vermutetes Dealergeld sichergestellt.
Als Klägerin tritt die Rechtsanwältin Christiane T. auf, die den 25-Jährigen bei seinen vorangegangenen Verfahren prozessual vertreten hatte. Die Forderung auf Rückgabe des Geldes ist an die Rechtsvertreterin abgetreten worden. Das Geld, das die Kripo vor über drei Jahren bei dem Mann gefunden hatte, will dieser nur für seine Freundin aufbewahrt haben. Pierre A. wurde 2012 wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt. Als er ein Jahr später erneut erwischt wurde und damit gegen die Bewährungsauflagen vom ersten Urteil verstieß, bekam er weitere zwölf Monate aufgebrummt. Auf zehn Eintragungen, unter anderem wegen vorsätzlicher Körperverletzung und versuchter räuberischer Erpressung, bringt er es in seinem Strafregister.
Bündel Scheine zur Aufbewahrung überreicht
Auf der Straße, sagt Pierre A. vor Gericht, habe er die gleichaltrige Andrea B. kennengelernt. Wahrscheinlich sei er damals betrunken gewesen. Das Vertrauen war offensichtlich schnell vorhanden. Bereits nach kurzer Zeit habe sie ihm 13.000 Euro in einem Bündel an Scheinen zur Aufbewahrung überreicht. 1000 Euro habe er für sich verwenden dürfen. Er verwahrte es in einem Schrank in seiner damaligen Gelsenkirchener Wohnung.
Das Geld, erklärte er dem Gericht, sei durch die Prostitution zusammengekommen und die Freundin habe nicht gewusst, wo sie es aufbewahren sollte. Die Wohngegend im Essener Norden sei problematisch, es gebe viele Einbrüche dort. Das vertraute Verhältnis endete, als der 25-Jährige zwischenzeitlich eine andere Beziehung einging. Das Geld hat er weiter im Schrank verwahrt, obwohl im gleichen Zeitraum Bareinzahlungen auf seinem Konto ermittelt wurden. Andrea B., die als Beruf Prostituierte angibt, ist vor acht Jahren aus ihrer Heimat Rumänien nach Deutschland gekommen.
Fünf Tage später ein Paar gewesen
Fünf Tage nach der ersten Bekanntschaft im Juni 2012 mit Pierre A. am Berliner Platz in Essen sei man ein Paar gewesen. „Warum haben sie das Geld nicht auf ihr Konto überwiesen?“ wollte der Vorsitzende Richter Wolfgang Thewes wissen. Sie besitze kein eigenes Konto, habe das Geld immer in ihrer Tasche bei sich gehabt und schließlich Pierre A. mit der Bitte um Aufbewahrung übergeben. Andrea B.: „Das Geld war bei mir nicht sicher, ich war abends und nachts nie zu Hause.“ In einer Verhandlungspause wollte Rechtsanwältin Christiane T. Kontakt zur Zeugin aufnehmen. Als Justizbeamte das verhinderten, fühlte sich die Juristin angegriffen, beschwerte sich beim Vorsitzenden.
Die Situation beruhigte sich, die Kammer zog sich zur Beratung zurück. Sie wies die Klage ab, bewertete die Aussagen der Zeugen als unglaubwürdig. Das Geld verwahrt weiter das Land.