Gelsenkirchen. Dr. Hans-Jürgen Venn hat seinen Dienst am 2. Januar 1991 angetreten – am Tag seines 38. Geburtstags.

Der Vater Polizist, die Schwester Lehrerin, der Bruder Jurist – „und ich wollte eigentlich Internist werden“. Daraus wurde nichts. Umso besser für das Marienhospital in Ückendorf, wo Chefarzt Dr. Hans-Jürgen Venn, inzwischen 63 Jahre alt, seit 25 Jahren die Geschicke der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe leitet. Und großartig für den Mediziner selbst, der nämlich heute lächelnd sagt: „Geburtshilfe leiste ich schon seit insgesamt 37 Jahren. Und ich behaupte immer noch, ich habe den schönsten Job in diesem Haus.“

Wie vielen Kindern er auf die Welt geholfen hat, weiß der Gynäkologe selbst nicht so genau. 5000 können es wohl gewesen sein, schätzt er vorsichtig. Eine Zahl weiß der Chefarzt und Ärztliche Direktor in Personalunion dagegen genau: „2015 haben wir in diesem Haus 1245 Geburten und damit mehr als jemals zuvor gehabt.“ Venn kennt auch den Grund für diese Entwicklung. „Wir haben ideale Voraussetzungen.“ Damit zielt er auf die Umbaumaßnahme seiner Station vor zwei Jahren ab. 3,8 Millionen Euro sind dafür geflossen. „Jetzt haben wir auch das Ambiente“, schmunzelt Venn.

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Ein gutes Stichwort für das Thema Veränderungen in der Geburtshilfe. „Schwangere fordern heute mehr ein und haben ganz konkrete Vorstellungen,“ sagt der Arzt. Ja, auch die Vorstellung von einer Geburt, die nicht unbedingt seiner entspricht: die per Kaiserschnitt, wo sie aus medizinischer Sicht nicht nötig ist. „Meine Idealvorstellung von Geburt ist, dass im Normalfall die Natur Vorrang hat“, sagt der 63-Jährige. Dass „die natürliche Art die beste ist“, davon versucht er immer wieder Frauen zu überzeugen. Wenn etwa die Angst vor Schmerzen der Grund sei, gebe es Alternativen.

Dem Ruhrgebiet den Vorzug gegeben

Gesunkene Bettenzahlen, reduzierte Verweildauer, steigendes Alter der Schwangeren oder die neue sprachliche Herausforderung, zugewanderte Frauen zu entbinden, das alles steht auf Venns Liste der Veränderungen im Verlauf der vergangenen 25 Jahre.

Am 2. Januar 1991, am Tag seines 38. Geburtstags, hat Zwillingsvater Hans-Jürgen Venn im Marienhospital als Chefarzt angefangen. „Ich hätte mich damals auch für Hamm entscheiden können“, erinnert er. Doch der in Oberhausen aufgewachsene Mediziner gab Gelsenkirchen und damit dem Ruhrgebiet den Vorzug.

Der Mann, der inzwischen schon „Enkeldoktor“ ist, weil er jungen Schwangeren von heute einst selbst auf die Welt half, hat das Credo Ehrlichkeit. Er sagt: „Ein Arzt muss mit den Patienten ehrlich sein, ihnen sagen, wie es tatsächlich um sie steht. Es führt kein Weg daran vorbei.“ So schwer das im Einzelfall vielleicht sei, ein Arzt dürfe nicht weglaufen.