Gelsenkirchen. . Die Neue Philharmonie Westfalen entführte beim Dialogkonzert im Musiktheater in musikalische Traumlandschaften.

Seine „Spielwiese“ nennt Rasmus Baumann die unerschöpflichen Werke des Joseph Haydn, die ihn zu den „Dialogkonzerten“ inspirieren. Am Sonntag können rund 100 Zuhörer dem Generalmusikdirektor und der Kammerformation der Neuen Philharmonie Westfalen „in die Nacht“ folgen. Haydns Sinfonie Nr. 44, die sogenannte Trauer-Sinfonie, gibt den Paten für ein außerordentliches Programm.

„Denn Trauer kommt häufig abends, wenn es dunkel wird und die Seele feinfühliger“. Die „Stille Musik“ des Valentin Silvestrov eröffnet das Konzert im Kleinen Haus, „zerbrechlich wie Frühlingseis“ hat der zeitgenössische Komponist aus der Ukraine seine eigenen Kompositionen genannt. Und wirklich, „Walzer des Augenblicks“ oder „Abendserenade“ schaffen eine traumhafte, fast traumwandlerische Atmosphäre. Alles geschieht in einem unglaublich virtuosem pianissimo, einfach feenhaft.

Solo-Sopransaxophon wandert mit Andy Miles durch die Dunkelheit

Nacht und Traum sind auch die Bilder der „Night Prayers“ von Giya Kancheli, aber die Erfahrungen des 1935 in Tiflis geborenen Komponisten sind intensiver. Die Streicher der NPW begleiten das Solo-Sopransaxophon von Andy Miles bei seiner Wanderung durch die Dunkelheit. Eine weitere Klangwolke kommt vom „Tonband“, heute dem CD-Spieler, mit dröhnenden Schwingungen ähnlich einem australischen Didgeridoo. Wie auf Zehenspitzen setzt sich die Klage des Saxophons darauf.

Nach endlosen Wellenbewegungen der abrupte Aufschrei, wie entfesselt schneiden die Tonsequenzen den Raum. Nach dem kollektiven Aufbäumen strebt die entrückte Präzision einem stillen Ende entgegen. Die Zugabe „Oblivion“ von Astor Piazzola bietet mit der Klarinette weiche Klänge, wie zur notwendigen Beruhigung. Die Sinfonie Nr. 44 des Wiener Klassikers nach der Pause hört sich nach den Klangerfahrungen im ersten Teil nicht nur tröstlich an. Jeder neue Ansatz des Themas im „allegro con brio“ birgt beklemmende Elemente. Baumanns „Dialogkonzert“ war auch diesmal extrem anregend.