Gelsenkirchen. Die Verbraucherzentrale Gelsenkirchen macht auf Gefahren der Null-Prozent-Finanzierung aufmerksam. Konsumkredite sind für viele Käufer normal geworden.

Für den tollen, großen Fernseher aus dem Prospekt reicht das Geld nicht aus? Kein Problem, dann wird eben eine Finanzierung gemacht. „Wer will, der kriegt“, heißt es in der Werbung eines großen Elektromarktes, der Kunden mit einer sogenannten Null-Prozent-Finanzierung lockt. Das Modell scheint einfach: Statt den großen Betrag auf einen Schlag zu zahlen, wird er über Monate oder Jahre in kleinen Raten abgestottert – und das ohne Zinsen.

„Die Tücke steckt oft im Kleingedruckten“, warnt Astrid Simon, Schuldner- und Insolvenzberaterin der Verbraucherzentrale NRW. So gebe es viele Versicherungen, die dem Kunden bei der Finanzierung angeboten werden. Versicherungen, die oft nicht gebraucht werden, so dass der Verbraucher am Ende wesentlich mehr zahlt, als wenn er sofort die Gesamtsumme für das Gerät auf den Tisch gelegt hätte. „Und für die an der Finanzierung beteiligten Banken geht das Geschäft mit Abschluss des Kreditvertrages erst richtig los“, erläutert Schuldnerberaterin Mirja Thürnau. Ist die Adresse des Kunden erst einmal in der Datenbank, werde dieser mit Angeboten für Kreditkarten und andere Finanzprodukte ins Visier genommen.

Manche finanzieren so ihren Lifestyle

Aber auch so bestehe die Gefahr, sich mit Konsumkrediten zu übernehmen. „Wer viele kleine Raten abzuzahlen hat, verliert leicht den Überblick“, sagt Thürnau. Außerdem führten die Null-Prozent-Finanzierungen zu unüberlegtem Konsum, weil die Hemmschwelle sinke, sich etwas anzuschaffen. Das belegt eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung aus dem Jahr 2014. Demnach hätten 61 Prozent der Verbraucher einen Artikel nicht gekauft, wenn es die Möglichkeit einer Finanzierung nicht gegeben hätte. 2013 waren es noch 53 Prozent.

„Die Kreditfinanzierung für Elektronik oder Möbel ist zur Normalität geworden“, stellt Astrid Simon fest, „einige Menschen finanzieren so ihren Lifestyle.“ Sei es früher üblich gewesen einen Kredit für die Anschaffung eines Autos oder den Kauf eines Hauses aufzunehmen, gehe es heute auch um die neue Couch oder die Videospielkonsole. Früher musste man dafür zur Bank, heute drückt einem der Fachhändler den Vertrag direkt in die Hand. „Wer liest sich schon im Stehen das Kleingedruckte durch?“, fragt Simon und empfiehlt, Verträge mit nach Hause zu nehmen und in Ruhe zu studieren.

Konsumschulden können zu Privatinsolvenzen führen

Mirja Thürnau betont, dass der Konsumentenkredit aber auch positive Aspekte habe. Muss etwa kurzfristig ein defekter Kühlschrank ersetzt werden, könne er über einen finanziellen Engpass hinweghelfen.

Wie gefährlich der unbedachte Umgang mit den Angeboten des Handels sein kann, zeigt ein Blick auf die Statistik: Bei 55 Prozent der Privatinsolvenzen, die die Gelsenkirchener Verbraucherzentrale an der Luitpoldstraße 17 im Jahr 2014 betreut hat, gehörten Konsumschulden zu den Forderungen der Gläubiger. Landesweit sind es 56 Prozent.