Gelsenkirchen. Die Stadt hatte Bürger in die Nicolai-Kirche eingeladen, um sie über den aktuellen Stand zu informieren und Fragen zu beantworten.

„Wir in Gelsenkirchen sind migrationserfahren“, sagte Sozialdezernentin Karin Welge in ihrem Schlusswort. Und skizzierte mit dem Verweis auf die seit Jahrzehnten bunter gewordene Stadtgesellschaft unbewusst den Charakter des Abends: 130 Menschen waren am Dienstag der Einladung zur ersten Anwohner-Info rund ums Thema Flüchtlinge im Süden der Stadt gefolgt. In der Nicolai-Kirche in Ückendorf unweit einer Flüchtlingsunterkunft blieben Vorbehalte weitgehend außen vor.

Welge mahnte, kursierenden Horrorszenarien mit Bedacht zu begegnen. Zehn Millionen Flüchtlinge, die 2016 nach Deutschland kommen? „Ich sehe die zehn Millionen ganz, ganz weit weg.“

Immense logistische Herausforderung

Und so ging man zum Hier und Heute über: 2900 Flüchtlinge bis Jahresende; 1900 sind schon da. Eine Kapazität für bis zu 500 Erstaufnahmen im Auftrag des Landes in der Emscher-Lippe-Halle und in der Mehringschule, intensive Suche nach Wohnraum für geflohene Menschen und der dringende Appell um ehrenamtliche Unterstützung im Alltag. „Wir sind Ihnen ausdrücklich dankbar für jede Form der Hilfe“, sagte Karin Welge, bat aber auch um etwas Zeit, die Fülle an Angeboten im normalen Tagesgeschäft zu koordinieren. „Die logistische Herausforderung ist immens“, fasste sie die Aufgaben, vor denen die Stadt seit Wochen steht, zusammen. Und das begleitet von der Unsicherheit, wann wie viele neue Flüchtlinge in die Stadt kommen.

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Hans-Joachim Olbering, der die Stabsstelle Flüchtlinge leitet, setzte ein Ausrufungszeichen hinter die Hauptaufgabe: Integration. Erste Schritte in die Richtung gehe man bereits in Gemeinschaftsunterkünften. Olbering berichtete, dass sich Flüchtlinge in Unterkünften durchaus selber organisieren, ihren Tagesablauf strukturieren und sich etwa auch um Sauberkeit kümmern würden.

Die sagen schon Mutter und Vater zu uns

Viele Fragen aus dem Plenum trugen den Unterton der Fürsorge. Was, wenn der Winter kommt und die Leute in Containern wie etwa an der Wildenbruchstraße duschen müssen? Warum werden die leer stehenden öffentlichen Gebäude wie Polizeiwache oder Finanzamt nicht genutzt? Wo kommt das Geld für Kitas und Schulen her, die jetzt gebraucht werden und können nicht pensionierte Lehrer bei Lernen der Sprache helfen? Überhaupt: Wo kann man mit den Flüchtlingen zusammenkommen und reden ...?

Wie Integration funktionieren kann, dafür mag die Geschichte einer Hausbesitzerin stehen. Sie erzählte, dass sie und ihr Mann einem jungen Paar vor kurzem eine Wohnung vermietet hätte. „Wir nehmen die beiden seit zwei Wochen an die Hand, gehen zu Ämtern, helfen beim Ausfüllen von Unterlagen. Die sagen schon Mutter und Vater zu uns.“

Ehrenamtlicher Einsatz ist willkommen

Ehrenamtlicher Einsatz war das große Thema des Abends. Karina Wrona von der Ehrenamtsagentur erläuterte die Möglichkeiten, sich zeitlich für bestimmte Aufgaben einzubringen. Jürgen Hansen stellte seine Task-Force vor und für die Initiative AnGEkommen berichtete Sebastian Kolkau, welche Aktivitäten das Spunk für Flüchtlinge anbietet. Ein Phänomen, dem die Ehrenamtsagentur immer häufiger begegnet: „Es kommen immer mehr Flüchtlinge in die Agentur und fragen uns: ,Was können wir denn tun?’ Wir setzen sie ein als Flüchtlingshelfer für Flüchtlinge“, berichtete Karina Wrona. „Gelsenkirchen hilft“ ist das Motto der Stadt, die zu einer weiteren Info-Runde im Süden einlädt. Termin: Dienstag, 24. November, 18.30 Uhr (Einlass 18 Uhr), Kreuzkirche in der Feldmark, Pothmannstraße.

Die städtische Info-Hotline: Rufnummer 169-2700 oder www.gelsenkirchen.de/fluechtlingenhelfen