Gelsenkirchen. Umgeknickte Kreuze, geklauter Grabschmuck, Grableuchten auf den Wegen: Unbekannte haben Montagnacht auf einem Freidhof in Gelsenkirchen gewütet.

In der Nacht von Montag auf Dienstag haben Unbekannte auf dem katholischen Altstadt-Friedhof an der Kirchstraße gewütet. Die Täter zerstörten, beschädigten und stahlen Grablampen, Kreuze und sonstigen Grabschmuck aus Metall. Insgesamt wurden 83 Gräber verwüstet.

Die Vandalen warfen den Grabschmuck auf die Wege.
Die Vandalen warfen den Grabschmuck auf die Wege. © Martin Möller

Friedhofsgärtner entdeckte die Tat gegen 7.30 Uhr. „Das Bild, das sich unseren Kollegen vor Ort bot, war schlimm“, sagte ein Sprecher der Polizei. Die Kriminalpolizei ermittelt nun wegen Störung der Totenruhe, Diebstahl und Sachbeschädigung.

Viele Gräber lagen nur wenige Meter hinter der Friedhofsmauer. In diesem Zusammenhang bittet die Polizei Personen, die verdächtige Beobachtungen gemacht haben sich unter den folgenden Rufnummern zu melden: 0209 365-8112 oder 0209 365-8240.

Mitarbeiter der Friedhofsgärtnerei entdeckten die Zerstörungen  

Claudio Roth sitzt in seinem Büro vor dem aufgeklappten Laptop und begutachtet eine Bilderserie in Miniaturansicht. Das ist nicht die Aufgabe, die ein Friedhofsgärtner im Herbst sonst leistet. An diesem trüben Oktobermorgen aber ist es eine traurige Pflicht: 83 Gräber und Grüften hat der 57-Jährige am Dienstag fotografiert, ehe der Akku seiner Kamera keinen Saft mehr hatte. Das ist bis zum Mittag die bekannte Zahl der verwüsteten Anlagen auf dem Katholischen Altstadtfriedhof an der Kirchstraße. Zerstört, beschädigt oder gestohlen wurde alles, was irgendwie einen Metallanteil hatte.

In der Nacht sind die Metalldiebe gekommen. „Bis 20 Uhr waren am Montag noch zwei Jäger auf der Anlage“, schildert Roth. Morgens um 7.35 Uhr dann erreichte ihn der erste Anruf eines Mitarbeiters mit der Ansage: „Chef, es sind ganz viele Gräber verwüstet.“

Polizei kam sofort

Die Polizei, sagt Claudio Roth, sei sofort gekommen. Olaf Brauweiler, Pressesprecher des Präsidiums, informierte die WAZ später mit den Worten: „Was die Kollegen vor Ort gesehen haben, war wirklich schlimm. Sie waren erschüttert.“

Und die Kunden erst, berichtete Roth. Einige, die betroffen sind, hätten am Morgen beim Routinebesuch auf der vier Hektar großen Anlage fassungslos vor dem geschändeten Grab gestanden. „Viele haben ja gerade alles hergerichtet, auch mit Blick auf die Novembertage“, sagt der Gärtner, dessen Familienbetrieb in der dritten Generation, seit 1954, auf der Anlage tätig ist. Roths Empörung kennt keine Grenzen, als er sagt: „Noch nicht einmal vor frischen Gräbern, wo gerade erst jemand beerdigt worden ist, haben diese Leute Halt gemacht.“ Eine Schande sei das.

Steigerung seit dem Sommer

Seit Juli dieses Jahres hat der 57-Jährige eine Steigerung der ungebetenen Besuche festgestellt. „Da habe ich zum ersten Mal Kunden anschreiben müssen.“ Nun wird er es im größeren Umfang machen. Bei rund 6000 Grabstellen und Grüften auf der Anlage weiß Claudio Roth aber nicht immer, ob ein früher in Mitleidenschaft gezogenes Grab überhaupt schon wieder hergerichtet war. Wie auch!? „Früher waren mal die Kaninchen die Schadensverursacher, heute sind es die Metalldiebe. Da ist man froh, wenn mal ein Kaninchen nur ein Loch buddelt.“ Zynismus pur!

Seinen Kunden rät der Friedhofsgärtner bei der Neugestaltung ganz auf Metallelemente bei Vasen, Kerzen oder Kreuzen zu verzichten. „Ich habe die schlechte Erfahrung beim Grab meiner Eltern selbst gemacht. Seit alles aus Stein ist, passiert nichts mehr. Aber das flaue Gefühl im Magen, ob wohl alles noch in Ordnung ist, das geht nicht mehr weg.“ Der emotionale Schaden, findet er, sei ungleich höher als der materielle. Auch wenn Grabstellen nur in Ausnahmefällen versichert seien. „Das geht dann auch schon ans Geld.“

Mit dem Friedhofsträger, der Gemeinde St. Augustinus, will er nun versuchen, alle Adressen für die nötigen Anschreiben herauszufinden. Ob nächtliche Kontrollgänge für Abhilfe sorgen könnten? Claudio Roth weiß es nicht. Er will sich aber auch darüber mit dem Träger unterhalten. Wichtig wäre aus seiner Sicht aber auch dies: „Dass Kunden den Weg zur Polizei gehen, um Anzeige zu erstatten.“