Gelsenkirchen. . Adipositas – Fettsucht: Menschen, die darunter leiden, haben einen lange, meist lebenslangen Kampf dagegen auszutragen. Eine Selbsthilfegruppe hilft.

Auf dem Tisch stehen Teller mit Pfirsichen und Äpfeln samt Messern zum Kleinschnitzen. Um den langen Tisch im Konferenzraum der Krankenpflegeschule am Marienhospital sitzen rund 30 Frauen und Männer, zwischen 20 und 70 Jahren. Die meisten sind stark übergewichtig. Deshalb sind sie hier. Doch ausgerechnet die Leiterin dieser Selbsthilfegruppe Adipositas (Fettsucht), Petra Wegener, ist extrem zierlich, ebenso wie der Sprecher der Gruppe, Wilfried Hahn. Sie haben bereits mehrere Operationen hinter sich, einen Schlauchmagen oder einen Bypass bekommen. Wilfried Hahn erinnert sich: „Ich konnte keine 200 Meter mehr laufen ohne Pause“.

Das Abnehmen allerdings ist auch nach der Operation nicht einfach. Im Gegenteil. Es können nur noch sehr kleine Mengen gegessen werden, Essen muss dann geplant werden. Einen ganzen Pfirsich auf einmal – das geht nicht. Aber zu wenig darf man auch nicht essen – das kann zur Unterzuckerung führen. Essen bleibt ein Problem. Immer.

Alle haben einen langen Leidensweg hinter sich

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Die Gruppenleiter haben einen langen Leidensweg hinter sich. Wie alle hier, egal wie viele Kilo sie auf die Waage bringen. Eine Frau kämpft schon seit der Kindheit mit ihrem Gewicht, eine andere seit sie mit dem Leistungssport aufhören musste. Fast alle haben schwere gesundheitliche Probleme: Diabetes, Bluthochdruck, Gelenkprobleme. Bei den einen sind sie die Folge des Übergewichts, bei anderen haben eben diese zum Übergewicht geführt – so bei Thomas vom Felde (49), der starke Rückenprobleme nach einem Unfall hatte und danach immer stärker zunahm. Sein Hausarzt hat ihn auf die Selbsthilfegruppe aufmerksam gemacht.

Alle haben Diäten in allen erdenklichen Spielarten ausprobiert. Mit viel Mühe, Frust und verheerenden Jojo-Effekten. Es ist ein Teufelskreis. Wer zu schwer ist, kann kaum noch Sport treiben. Schwimmen ginge; aber viele trauen sich aus Scham gar nicht mehr ins Schwimmbad. Ohne Sport klappt es aber mit dem Abnehmen nicht. Selbst eine radikale Ernährungsumstellung kann in einem gewissen Stadium nicht viel ändern. Viele ziehen sich zunehmend zurück; zu schmale Sitze im Kino, Theater und anderswo haben sie allzu oft gedemütigt.

Unterstützung auch bei Anträgen

Viele in der Gruppe – aber nicht alle – planen mittelfristig eine Operation, bei der sie einen Schlauchmagen oder einen Bypass bekommen. Dafür müssen sie allerdings mindestens ein halbes Jahr lang die Selbsthilfegruppe besuchen, in der es neben dem Erfahrungsaustausch auch jede Menge Tipps zur Ernährung, Sportmöglichkeiten, zu Anträgen und Unterstützungsmöglichkeiten gibt. Auch Ärzte vom Marienhospital halten hier Vorträge. Denn in der Gruppe sollen nicht nur Einschränkungen beklagt, sondern auch ein Weg aus dem Dilemma gesucht werden. Und immer wieder lehnen Krankenkassen auch Operationen ab. Da braucht man Beistand.