Gelsenkirchen. Die britische Dirigentin Julia Jones im Gespräch über Karriere, Konzepte und ihre Arbeit am Musiktheater.

Frauen am Pult eines großen Sinfonieorchesters sind noch immer eine Rarität. Die britische Dirigentin Julia Jones aber gibt bereits seit den Achtzigern äußerst erfolgreich den Takt bei renommierten Klangkörpern in aller Welt an. Zurzeit studiert sie mit der Neuen Philharmonie die Oper „A Midsummer Night’s Dream“ ein, die am 3. Oktober im Musiktheater Premiere feiern wird. Zuvor sprach WAZ-Redakteurin Elisabeth Höving mit der 54-Jährigen.

Frau Jones, Sie dirigieren an vielen Häusern. Wie kam der Kontakt nach Gelsenkirchen zustande?

Julia Jones: Über den Intendanten Michael Schulz. Wir haben 2012 an der Semperoper in Dresden gemeinsam Mozarts „Idomeneo“ gemacht. Da entstand schon die Idee, noch einmal zusammen zu arbeiten. Jetzt hat es geklappt.

Haben Sie sofort zugesagt?

Jones: Ja, denn ich mag diese Britten-Oper sehr, zumal es ein Ensemblestück ist. Perfekt! Ich habe den „Sommernachtstraum“ vor langer Zeit das letzte Mal dirigiert, das war 1998 in Straßburg.

Was macht Brittens Musiktheater nach Shakespeares Komödie so reizvoll?

Jones: Die abwechslungsreiche, kontrastreiche Musik. Diese Oper hat wahnsinnig viele Farben und wird von einem Kammerorchester gespielt. Das Stück vermittelt eine für Britten typische, ganz unglaubliche Atmosphäre, sie spielt geschickt mit Effekten. Schon zu Beginn, wenn nur die Kontrabässe erklingen, ist man auf Anhieb in einer anderen Welt, in einer Welt der Magie. Die Musik zieht große, romantische Bögen, jede Figur hat ihren eigenen Klang.

Sie stehen zum ersten Mal am Pult der Neuen Philharmonie.

Jones: Ja, und wir arbeiten sehr gut und zielgerichtet zusammen. Gerade in dieser Britten-Oper hat jeder von ihnen eine solistische Rolle.

Wie war Ihr eigener Weg zur Musik?

Jones: Mein Vater und Großvater spielten als Hobby Klavier, ich habe gern zugehört und wollte das auch lernen. Mit fünf Jahren erhielt ich den ersten Klavierunterricht von der Großmutter meiner besten Freundin. Ich wurde Pianistin, aber das wollte ich irgendwann nicht ausschließlich sein. Ich wollte nicht acht Stunden allein im Zimmer üben, sondern mit anderen zusammen Musik machen.

Und was reizte daran, den Taktstock zu übernehmen?

Jones: Die Farbpalette eines Orchesters war für mich faszinierend und das Gefühl, mit den Musikern eine gemeinsame Sprache zu finden. Das kann man mit einer Fußballmannschaft vergleichen, wo auch jeder Einzelne eine wichtige Rolle spielt. Als Dirigent bin ich wie ein Fußballmanager. Wichtig sind die Musiker, ich schlage im Grunde nur heiße Luft.

Welche Eigenschaften muss ein Dirigent mitbringen?

Jones: Man muss von etwas überzeugt sein, eine klare Linie haben, wissen, was man erreichen und gestalten will und das dann auch kommunizieren. Ich genieße den Austausch mit den Musikern. Es ist ein Miteinander, wobei der Dirigent die Richtung vorgibt.

Im Jahre 1998 wurden Sie Musikdirektorin in Basel und legten 2002 den Taktstock nieder.

Jones: Dort gab es eine Fusion zweier Orchester, eine heikle Sache. Ich ging, als ich merkte, dass ich mich mehr mit Problemen als mit der Musik beschäftigte.

Frauen am Pult sind selten.

Jones: Nein, das stimmt heute so nicht mehr. Als ich vor 30 Jahren anfing, da war das immer noch sehr ungewöhnlich, aber heute gibt es viele junge hochbegabte junge Dirigentinnen, die ihren Weg machen.

Die Britten-Oper „Ein Sommernachtstraum“ feiert am Samstag, 3. Oktober, um 18 Uhr in englischer Sprache Premiere im Musiktheater, Kennedyplatz.

Die Inszenierung liegt in Händen von Intendant Michael Schulz.

Weitere Aufführungen im Oktober: 9., 11., 29, Oktober.

Karten und Infos: Theaterkasse, 0209 4097200 oder auf www.musiktheater-im-revier.de