Gelsenkirchen. Irina Nikolaeva verließ vor sieben Jahren Riga. Die gelernte Köchin hat nach Sprachkursen und Umschulng im Tierheim ihre Aufgabe gefunden.

Vor sieben Jahren verließ die heute 40-jährige Irina Nikolaeva ihre Heimatstadt Riga in Lettland. Die gelernte Köchin folgte ihrem Ehemann, der schon länger mit seinen Eltern (ehemalige jüdische Flüchtlinge) nach Gelsenkirchen gezogen war. Heute sind sie geschieden, Irina Nikolaeva lebt allein mit ihrem jüngsten Sohn (9), ihr zweiter Sohn (21) aus einer anderen Beziehung lebt auch in Gelsenkirchen. Für die zierliche Frau war es schwer, allein mit den Kindern, ohne Deutschkenntnisse, Fuß zu fassen.

„Ich habe direkt einen Sprachkurs in der Abendschule gemacht, das war aber sehr schwierig, da es keine Gruppe für Anfänger gab. Also musste ich in einen Kurs, der schon fortgeschritten war, das war manchmal zum verzweifeln. Aber ich habe schnell gelernt und gut abgeschlossen“, erinnert sich die Lettin. Bald kam die Scheidung von ihrem Mann und Nikolaeva fiel in ein tiefes Loch.

„Ich hatte mit Depressionen zu kämpfen, fühlte mich so alleine und hilflos.“ Doch an Aufgeben war nicht zu denken, alleine schon wegen ihrer Kinder.

Sie rappelte sich auf und machte einen weiteren Sprachkurs mit Spezialisierung auf einen Beruf. „Ich sollte mir überlegen, was ich gerne machen würde. Habe mich dann im Altenheim ausprobiert, aber das war nichts für mich, das ging mir so nahe, das hätte mich psychisch kaputt gemacht. Also entschied ich mich für ein Praktikum im Tierheim Gelsenkirchen. Tiere habe ich schon immer geliebt. Als Kind habe ich ganz oft Kätzchen von der Straße aufgenommen und sie gepflegt. Meine Mutter war nicht begeistert und hat sie immer weitervermittelt, aber ich kam immer mit neuen Tieren an“, lacht die 40-Jährige. Außerdem sei sie in der Schule immer sehr gut in Biologie gewesen und habe ein paar Semester Chemie studiert, bis ihre Mutter krank wurde und sie arbeiten gehen musste, um Geld für die Familie zu verdienen.

In Gelsenkirchen muss man Schalke-Fan sein

Im Tierheim verhielt sie sich zunächst schüchtern. „Ich konnte ja noch nicht so gut deutsch.“ Trotzdem bekam sie eine Chance und durfte eine zweijährige Umschulung zur Tierpflegerin machen. „Das war genau das Richtige für mich. Viele fragen mich, warum ich das tue. Wenig Geld und harte Arbeit. Aber ich liebe es einfach, ich mache meine Arbeit mit ganzem Herzen.“ Und das nun schon seit insgesamt knapp vier Jahren (inklusive Umschulung). „Sie arbeitet wie ein Teufel und ist im Tierheim für alle nur der Sonnenschein“, sagt ein Freund von Nikolaeva.

„Heute bin ich glücklich. Ich habe eine tolle Chance in Gelsenkirchen bekommen und ich liebe die Arbeit mit den Tieren, meinen Kindern geht es auch gut.“ Auch wenn sie eigentlich kein großer Fußballfan sei, habe sie sich daran gewöhnt, dass „man in Gelsenkirchen eben Schalke-Fan sein muss“ und sich mit S04 Pullover und Kappe ausgestattet. Ihr Herz hängt jedoch weiter an Lettland und sie freut sich noch diesen Monat nach vier Jahren endlich wieder in ihre ehemaligen Heimat zu reisen und dort zwei Wochen Urlaub zu machen. „Aber ich freue mich auch wieder nach Hause, nach Bulmke zu kommen.“