Gelsenkirchen. Durch den Ergebnisrückgang der Stadtwerke kommen auch die Veranstaltungsorte der emschertainment GmbH auf den Prüfstand.

Es ist das Schicksal einer Mehrzweckhalle. Sie soll alles können, am Ende aber kann sie gar nichts richtig. Mit der Emscher-Lippe-Halle verhält sich das nicht anders. Wer hat sich dort nicht schon mit großem Hallo auf der Bühne seinem Gelsenkirchener Publikum präsentiert: Atze Schröder, Reinhard Mey, Herbert Knebel, Volker Pispers oder Dieter Nuhr gehören zu den Akteuren, die das Haus füllen. Wer allerdings zu Gast ist in dieser in die Jahre gekommenen Halle (eröffnet 1984), der wird mitunter nicht gut bedient. Die Distanz zur Attraktion ist zuweilen mindestens Opernglas-würdig.

Um den Fortbestand der Emscher-Lippe-Halle gibt es eine Diskussion in der Stadt, die noch nicht offen geführt wird. Als Stadtwerke-Chef Ulrich Köllmann vor wenigen Wochen die Bilanz der Gruppe im WAZ-Gespräch veröffentlichte, wurde erneut deutlich, was für ein Verlustbringer der Bereich Sportparadies/Bäder gepaart mit der Zoom Erlebniswelt und der emschertainment GmbH für die Gruppe ist. Für das Jahr 2014 steht ein strukturelles Defizit in Höhe von insgesamt rund 14,3 Millionen Euro zu Buche, das nur durch interne Quersubventionieren ausgeglichen werden kann.

Der Zoo ist trotz der roten Zahlen in Höhe von 6,123 Millionen Euro sakrosant. Diese Unantastbarkeit ist aus der Bedeutung erwachsen, die er sich als Marke für die Stadt und die Region erworben hat. Nur der FC Schalke 04 versprüht an dieser Stelle mehr Strahlkraft für Gelsenkirchen.

Diskussionen um Verlustbringer

Entsprechend ranken sich die Diskussionen um andere Verlustbringer. Für die Bäderlandschaft – das Minus betrug im vergangenen Jahr 7,278 Millionen Euro – entsteht bis zum Herbst ein Gutachten, das zumindest eine mögliche Richtung vorgeben soll.

Die Emscher-Lippe-Halle an der Adenauer-Allee.
Die Emscher-Lippe-Halle an der Adenauer-Allee. © WAZ

Bleibt die emschertainment GmbH. Ihr Defizit für 2014 liegt bei 975.000 Euro deutlich unter den anderen Bereichen, dennoch aber ist sie in den Fokus geraten. Zum einen, weil der Gesamtstandort Sportparadies/Emscher-Lippe-Halle an der Adenauerallee in die Jahre gekommen ist. Zum anderen, weil immer wieder der Fortbestand der Mehrzweckhalle aus eben diesem Grunde als Gedanke formuliert wird.

Mit einer Ausnahme: Dr. Klaus Haertel, SPD-Fraktions- und Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke, versah auf Nachfrage der WAZ die Veranstaltungsorte der emschertainment mit einem Fragezeichen, als er sagte: „Wir müssen uns das Konzept in diesem Bereich ansehen.“ Dabei könne es auch um die Kaue an der Wilhelminenstraße gehen, die angemietet sei.

Die Befangenheit räumt Hasenkox ein

Das treibt Prof. Dr. Helmut Hasenkox, den Geschäftsführer der emschertainment GmbH, sprichwörtlich auf die Palme: „14,3 Millionen Euro müssen die Stadtwerke aufwenden, um das strukturelle Defizit auszugleichen. Der Anteil, den die emschertainment im Veranstaltungsgeschäft inklusive aller Personalkosten, Kaue und Hans-Sachs-Haus davon ausmacht, beträgt weniger als drei Prozent. Der Anteil der Kaue liegt bei unter 0,5 Prozent.“

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Seine Befangenheit an dieser Stelle räumt Hasenkox offen ein: „Ich leite diesen Laden seit fast 25 Jahren und bin sicher, dass die Kaue zu den sympathischen Aushängeschildern dieser Stadt gehört. Natürlich hat sie nicht die Strahlkraft einer Zoom Erlebniswelt, aber mit gut 30.000 Besuchern pro Jahr darf man ihre Außenwirkung auch nicht unterschätzen.“

Bei diesen Worten wird sofort deutlich, wofür das Hasenkox’sche Herz schlägt. Im Gespräch wird aber auch offensichtlich, wofür es nicht pumpt: für die Emscher-Lippe-Halle. Von Mai bis September ist sie eisfrei. Das reicht, so der Veranstalter, für vielleicht zwanzig Events. Dies, sagt er deutlich, könne gar kein zentraler Planungsbaustein für die Agenturarbeit der emschertainment sein, die mittlerweile sogar in Spielstätten außerhalb von Gelsenkirchen ausweichen muss (Marl, Recklinghausen), um die verpflichteten Künstler präsentieren zu können.

Alternativen in der Stadt

Also denkt Hasenkox laut über die Alternativen in der Stadt nach, zumal die Eigenproduktionen im Musiktheater in der Anzahl so gewachsen sind, „dass wir kaum noch reinkommen“. Die Heilig-Kreuz-Kirche, findet er, sei eine echte Option, zumindest nach aktuellem Planungsstand: „Hier kann man die Tür aufstoßen für etwas größere Formate als im Hans-Sachs-Haus möglich sind.“ Das HSH bietet 400 Sitzplätze, die Kirche an der Bochumer Straße in Ückendorf als Spielort immerhin rund 700. Hasenkox: „Wird der Charme der jetzigen Architektur nicht kaputt saniert, ist er für Künstler jeglicher Aisrichtung extrem sexy.“

Audimax als Veranstaltungsort

Eine weitere Alternative könnte im Stadtnorden, in Buer, entstehen. Das abgängige, weil PCB-verseuchte Altgebäude der Westfälischen Hochschule (WH), soll durch einen Neubau ersetzt werden, der öffentlich noch nicht näher definiert ist. Hinter den Türen wird über die Errichtung eines Audimax nachgedacht, eines großen Hörsaals. Platz für 1200 Studierende wären eine Größe, die eine Doppelnutzung in die Diskussion bringt: tagsüber für die Hochschule, abends als Veranstaltungsort für die emschertainment GmbH. Das, rein hypothetisch, könnte sich Prof. Dr. Helmut Hasenkox so richtig gut vorstellen. Und es würde die WH ein gutes Stück näher an die Stadt rücken.