Gelsenkirchen. . Beim Grubenunglück 1955 konnten in Gelsenkirchen drei Bergleute mit einer Rettungskapsel befreit werden. Ihre Rettung ging in die Geschichte ein.

Die Rettung war eine technische Meisterleistung, das Rettungsgerät wurde zur Legende – untrennbar verbunden mit dem Ort, an dem es erfunden wurde, an dem es half, drei eingeschlossene Kumpel aus über 800 Meter Tiefe unter der Wembkenstraße zu holen. Auf der Zeche Dahlbusch wurde am Donnerstag, 12. Mai 1955, ihre glückliche Rettung gefeiert.

Um 22 Uhr waren die Kumpel befreit. Nach fünf Tagen des Bangens und Hoffens, eingesperrt im Füllort von Flöz Wilhelm. Schwarz-weiß Bilder zeigen die überglücklichen Martin Sander, damals 34, Manfred Arlt, 18, und Heinz Krause, 33, nach der Rettung. Allein Krause fuhr wieder ein. Er ist verstorben, auch Sander ist tot. Arlt zog nach Australien.

60 Jahre nach dem Unglück und der Rettungstat widmet der Heimatbund Gelsenkirchen der Dahlbuschbombe und den Ereignissen damals das vierte, detaillierte und reich bebilderte Heft seiner Reihe zu lokalen Geschichtsthemen. Autor ist mit Karlheinz Rabas ein versierter Kenner der Bergbauszene, historisch aktiv in diversen Arbeitskreisen und natürlich in der Bergbausammlung Rotthausen. Dort gehört ein Nachbau der Dahlbusch-Bombe zu den Exponaten.

Rettung von 69 Bergleuten in Chile

Das Deutsche Museum in München und das Bergbaumuseum in Bochum haben zwei der raren Bomben-Originale. Nummer drei hängt im Treppenhaus der GfW. Die Gesellschaft für Wohnungsbau residiert am Grüner Weg 1 in der Ex-Dahlbusch-Verwaltung. Der – hochbetagte – Geschäftsführer Wilhelm Tax hatte eine besondere Beziehung zur Zeche und der Dahlbusch-Bombe. Als junger Ingenieur war er für die Berechnung der Zielbohrung zuständig. „Gott sei Dank ist das gelungen damals“, sagte er 2010, als die WAZ über den weiterentwickelten Nachfolger der „Bombe“ berichtete. Mit ihr wurden damals 33 Bergleute nach 69 Tagen aus 622 Meter Tiefe befreit. Verschüttet worden waren sie im Kupfererzbergwerk San José in Chile.

Dramatischen Tage vor 60 Jahren

„Weltweit bekannt“ wurde das Rettungsgerät „aber bereits im September 1963 nach der glücklichen Bergung von 14 eingeschlossenen Bergleuten auf der Eisenerzgrube Mathilde“, so Rabas. Die Aktion machte als „Wunder von Lengede“ Geschichte.

Am Samstag, 7. Mai 1955, kam es um 18 Uhr unter Rotthausen zur Katastrophe. Rabas zeichnet die dramatischen Tage vor 60 Jahren nach, als 42 Meter oberhalb der 11. Sohle (900 Meter tief) durch den Abriss einer Druckluftleitung in einem Blindschacht der Ausbaurahmen brach. Gestein stürzte in den Schacht, der Förderkorb wurde eingeklemmt, drei Männer saßen fest.

Eine Sprech- und Druckluftverbindung wurde durch hereinbrechendes Gestein zerstört. Es war klar: Dem Trio würde bald die Luft ausgehen, eine langwierige Rettung über die Schachtzugänge war nicht mehr möglich. Am 9. Mai fiel die Entscheidung: Über ein Bohrloch sollten die Eingeschlossenen Lebensmittel und Luft bekommen. Und auch gerettet werden. Um 17.55 Uhr war die Bohrmaschine vor Ort auf der 11. Sohle, erstmals wurde im Bergbau von unten nach oben gebohrt. 143 mm stark war das erste Bohrloch. Das reichte, um Versorgungskartuschen zu den drei Hauern hochzuschieben. Mit einer weiteren Großbohrmaschine wurde die Verbindung schließlich in zwei Durchgängen nach vier Tagen und 18 Stunden auf 406 mm aufgeweitet. Breit genug, um Menschen zu bergen.

Beispiellose Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit bei der Rettung war beispiellos. Nachbarzechen unterstützten Dahlbusch mit Bohrgerät, Gestänge, Rollen-Meißeln und Maschinen. Geichzeitig wurde das Rettungsgerät konstuiert, mit dem man die Männer aus ihrem Verlies befreien wollte. In der Anlernwerkstatt der Zeche wurde der Transportbehälter schließlich gefertigt: Nur 38 Zentimeter Durchmesser hat die 2,50 Meter lange Rettungsröhre, die Einstigsluke wurde mit einem Brustgurt gesichert.

„Nach insgesamt 124 Stunden Konstruktion, Fertigung und Vorbereitungen konnte mit der Bergung begonnen werden“, so Rabas. Willi Kipp, Oberführer der Grubenwehr, ließ sich schließlich zu den drei Männern hochziehen und half ihnen in den Rettungszylinder. Arlt, der 18-Jährige, trat als erster die kurze Bomben-Fahrt in die Freiheit an. Die Männer überstanden das Unglück ohne Schäden. Sie bekamen bezahlten Sonderurlaub – und Kipp 300 Mark als Prämie von der Bergwerksgesellschaft Dahlbusch für seinen Einsatz.

Heft „Die Dahlbuschbombe aus Gelsenkirchen“ bei Junius

1955 war ein Jahr der schweren Grubenunglücke in Gelsenkirchen: Im Juni starben 14 Bergleute auf Nordstern, im August forderte ein Unglück auf Dahlbusch 42 Opfer. Glücklich endete allein die Rettungsaktion auf Dahlbusch.
Das Heft „Die Dahlbuschbombe aus Gelsenkirchen“ (5 Euro, 42 Seiten) erinnert an die Geschehnisse. Verkauft wir es u. a. in der Buchhandlung Junius.

In der Bergbausammlung Rotthausen an der Belforter Straße 20 wird am Samstag, 16. Mai, mit einer kleinen Feier an die Rettung und den ersten Einsatz der Dahlbuschbombe erinnert. Beginn: 11 Uhr