Gelsenkirchen. Das Videokunstzentrum im Nordsternturm zeigt die Ausstellung „Feminismen“ auf fünf Etagen.

Eine Frau blickt direkt in die Kamera wie in einen Spiegel. Langsam malt sie sich schwarze Pfeile ins Gesicht. Markierungen, die wie die Vorbereitung für eine Schönheits-OP aussehen. Die Frau ist die Künstlerin Sanja Ivekovic und sie blickt den Betrachter überlebensgroß von einer Riesenleinwand im Nordsternturm an.

Über 16 Stunden Material

Der Alterungsprozess und der Umgang mit den Zeichen der Zeit ist eines von vielen Themen, mit denen sich die neue Ausstellung „Feminismen“ im Videokunstzentrum zu Füßen des Lüpertz-Kolosses Herkules auseinandersetzt. Über 20 Künstlerinnen zeigen feministische Kunst von den 70ern bis heute. Wie gehen Frauen mit dem natürlichen Alterungsprozess um, ist nur eine von vielen Fragen, die die Künstlerinnen stellen.

Die Werke in dem außergewöhnlichen Museum, das 2012 erstmals seine Pforten öffnete und seitdem wechselnde Ausstellungen präsentiert, stammen vom Neuen Berliner Kunstverein. Der widmet sich seit 1969 der Sammlung zeitgenössischer Videokunst. Einer Kunstform, die trotz ihres viel genutzten Mediums nur selten massentauglich ist. Leider trug auch die Ausstellungseröffnung mit ihren sehr akademischen Vorträgen nicht dazu bei, dem Genre neue Zuschauerschichten zu erschließen. Sei’s drum, ein Besuch der Ausstellung lohnt sich unbedingt, nicht zuletzt wegen des attraktiven Industrieambientes im Nordsternturm.

Info

Das Videokunstzentrum im Nordsternturm, Nordsternplatz 1, zeigt aus der Sammlung der Gruppe „Neuer Berliner Kunstverein“ Videoinstallationen von mehr als 20 Künstlerinnen. Die Ausstellung verteilt sich auf fünf Etagen.

Die bildbewegte Schau wird bis zum 20. Dezember zu sehen sein. Sie ist samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

Karten kosten 4 Euro, 3 Euro ermäßigt. Der Eintritt ins Museum umfasst auch den Zugang zur Besucherterrasse in luftiger Höhe zu Füßen des Kunstkolosses Herkules. Die Kasse schließt eine halbe Stunde vor Ende der Öffnungszeit.

Aber auch wegen der Filme, der Videoinstallationen. Die kommen mal klassisch, mal experimentell, mal schräg und witzig, mal heiter oder melancholisch daher.

Videokunst lässt Frauen autonom und ohne großes Team arbeiten

Auch wenn Künstler wie Nam June Paik oder Wolf Vostell als Väter der Videokunst gelten, waren es doch auch Frauen, die das Medium schon früh für ihre Kunst nutzten. Im Unterschied zum Film konnten Frauen für die Videokunst autonom und ohne großes Team arbeiten. Oft agierten sie sowohl vor als auch hinter der Kamera.

Wie die Zagreber Künstlerin Sanja Ivekovic, die das Video „Instructions No. 2“ als Uraufführung zeigt, ein Remake ihres Videos aus dem Jahre 1976. Von der prominenten Istanbuler Künstlerin Ayse Erkmen ist das 25-minütige Video „Coffee“, ein erzählerischer Streifen über die Kunst des Kaffeelesens zu sehen. Abendfüllendes Format besitzt der Beitrag von Ulrike Ottinger. Im „Bildnis einer Trinkerin“ beobachtet sie zwei passionierte Trinkerinnen bei ihrem Streifzug durch Berlin.

Wollte der Besucher alles sehen, müsste er über 16 Stunden im Museum verbringen. Also: Flanieren, ganze Kurzfilme oder Ausschnitte genießen, mal auf Hockern sitzend, mal im Vorbeigehen!